OB Frank Nopper und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (beide CDU) mit dem Haushaltsentwurf. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Im Doppelhaushalt 2022/2023 will OB Frank Nopper die Bugwellen früherer Jahre abarbeiten. Für Sicherheit und Ordnung und die Digitalisierung will er Akzente setzen.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt soll in den nächsten beiden Jahren längst beschlossene und finanzierte Investitionen der Vorjahre abarbeiten und digitaler werden. „Es mangelt an der Umsetzung bereits beschlossener und finanzierter Maßnahmen“, sagte Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) am Dienstagabend bei der Vorlage des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2022/2023.

Nopper arbeitet Kuhn ab? Könnte man den Doppelhaushalt auf diese kurze Formel bringen? Nicht ganz. Für die Digitalisierung der Stadtverwaltung soll es 120 zusätzliche Stellen geben, so viele wie noch nie, für diese laut Nopper „fundamentale Erneuerung“ würden insgesamt 174 Millionen Euro bereitgestellt. Wichtig sind ihm außerdem die Straßeninfrastruktur, Wege, Plätze, Brunnen, für die in den nächsten beiden Jahren 14,4 Millionen Euro zusätzlich zum üblichen Unterhaltungsbudget fließen sollen.

Reaktion auf Krawallnächte

Auch bei der Sicherheit will Nopper nach den Krawallnächten, mit denen Stuttgart bundesweit Negativschlagzeilen machte, aufrüsten. Der städtische Vollzugsdienst soll nach seiner Vorstellung zu den bisher vorhanden 70 Stellen weitere 33,5 und eine Million Euro an Sachmitteln erhalten, Mit dem Geld solle „die Belebung von Hotspots und die Schaffung von Freiräumen“ ermöglicht werde, so der OB. Für Inklusion, also Hilfen für behinderte Menschen, sind 18,5 neue Stellen und 6,4 Millionen Euro vorgesehen. In den Bezirken soll dem Service in den Rathäusern mit fünf neuen Stellen aufgeholfen werden. Insgesamt würden sich im Doppelhaushalt rund 700 „stellenwirksame Vorgänge“ finden. Damit sind nicht nur ganz neue Arbeitsplätze gemeint, sondern auch die Fortführung von Stellen, die nach bisheriger Planung in den nächsten zwei Jahren eigentlich abgebaut werden sollten. 460 Stellen sollen neu geschaffen werden.

Den Umsetzungsmangel beschreit Nopper mit einer eindrucksvollen Zahl: 640 Millionen Euro hat der Gemeinderat in den letzten Jahren an Investitionen beschlossen, die bisher nicht umgesetzt werden konnten. Allein für Schulsanierungen und Neubauten haben sich 215 Millionen Euro angesammelt, deshalb soll hier aus Sicht des Verwaltungschefs nicht mehr draufgesattelt werden. Bereits bei den Beratungen 2019 hatte der Gemeinderat erkannt, dass weniger als 40 Millionen Euro an Sanierungsmitteln verbaut werden können, und er hatte gekürzt. „Das tut uns weh“, kommentierte Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU), aber man komme „bei der Abarbeitung der Projekte nicht hinterher“.

Das Geld liegt auf der Bank

Aus dem 200 Millionen Euro schweren Klimaschutzprogramm, das Noppers Vorgänger Fritz Kuhn (Grüne) auf den Weg gebracht hatte, waren Ende 2020 erst 9,5 Millionen Euro abgeflossen. Die Stadtverwaltung hat zwar den Ausbau der Solarenergie auf eigenen Dächern als „essenziell“ erkannt, 2020 aber nur 16 neue Anlagen installiert, insgesamt waren es damit Ende 2020 nur 68. Aus dem Solarprogramm für Privathaushalte, für das 15,9 Millionen Euro eingestellt wurden, sind innerhalb eines Jahres 208 000 Euro abgerufen worden, aus dem mit 75 Millionen Euro dotierten Energiesparprogramm waren es 5,5 Millionen. Die Zahlen werden am Freitag dem Klimaausschuss des Gemeinderates vorgestellt und erläutert.

Trotz der Coronapandemie gebe es „Anlass zu vorsichtigem Optimismus“, so Frank Nopper, daher habe man die Gewerbesteuereinnahmen auf 600 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Man liege damit 100 Millionen unter dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. In seiner Investitionsliste hat der Verwaltungschef im Doppeletat Projekt für 320 Millionen Euro zusammengetragen. Dazu zählen wieder viele neue Kindertagesstätten, die beim Jugendamt ressortieren und sich auf 87 Millionen Euro summieren, aber auch das Haus für Film und Medien an der Esslinger Straße (insgesamt 44,5 Millionen, davon bis 2023 fünf Millionen) oder eine neue Sporthalle für die Bezirke Plieningen/Birkach mit 16,9 Millionen. Der Gemeinderat wird sein Königsrecht wahrnehmen und diese Investitionsliste ergänzen oder fleddern. Welche Farben die Haushaltskoalition dazu trägt, ist noch nicht sicher.

Regierungspräsidium macht Vorgaben

Stuttgart hat Stand heute keine Bankschulden im Kernhaushalt, sondern zahle in diesem Jahr 300 000 bis 500 000 Euro Verwahrgebühr für Geldanlagen, so Jürgen Vaas, der Chef der Stadtkämmerei. Die Summe werde steigen. Finanzbürgermeister Fuhrmann rechnet dennoch mit Kreditermächtigungen, die bis Ende 2023 rund 587 Millionen Euro erreichen würden. So weit wird es aber voraussichtlich nicht kommen. Das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde drängt die Stadt dazu, Rücklagen aus guten Jahren aufzulösen. Bevor man zu den Banken gehe, werde man das tun, so Vaas.