Der Nummer-eins-Hit „Send Me an Angel“, promotet vom Winnender Hans Derer vor 40 Jahren, wird für den guten Zweck neu aufgelegt. Ein Teil der Erlöse kommt den Friseuren von Barber Angels zugute.
Im August 1984 eroberte das australische Quartett Real Life mit „Send Me an Angel“ die Herzen und Emotionen der Musikfans: Sechs Wochen war das Lied Nummer eins in den deutschen Charts, holte Gold-Status mit über 500 000 verkauften Singles und war einer der meistgespielten Radiosongs der Achtziger. 40 Jahre später veröffentlicht die Stuttgarter Synthi-Pop-Gruppe The Second Sight ihre akustische Hommage an den Soundklassiker und will damit auf „echte Engel“ aufmerksam machen: auf die Barber Angels Brotherhood, eine internationale Vereinigung von Friseuren, die Obdachlosen und Bedürftigen kostenlos Haare schneidet.
„Das ist unser Sound, ‚Send Me an Angel’ passt einfach perfekt zu uns“, sagt Claus Niedermeier, der Gründer und Präsident der Barber Angels. Dierk Budde, Mastermind bei Second Sight, arrangierte einen rockigeren Mix, bat eine Abordnung der Friseure ins Studio. Das Ergebnis: „Send Me an Angel (Heavenly Mix’24)“ – und die neue Version hat es bei Amazon auf Platz eins geschafft.
Organisation Barber Angels profitiert
Ein Teil der Erlöse des Heavenly Mix’ 24 sowie fünf Euro einer gleichnamigen Benefiz-CD kommen den Barber Angels zugute. Veröffentlicht wird auf 7music, dem Winnender Label von Hans Derer, der vor 40 Jahren, damals als Pressechef des in Stuttgart Sillenbuch ansässigen früheren Labels Intercord, einen „entscheidenden Anteil an dem Erfolg des Songs hatte“, sagt Real-Life Songwriter und Sänger David Sterry. „Ich freue mich riesig, dass er wieder reaktiviert wird, vor allem zugunsten einer fantastischen Organisation wie den Barber Angels.“
Gegründet wurde der Verein „Barber Angels Brotherhood“ am 27. November 2016 und sie zählen mittlerweile weltweit mehr als 800 Mitglieder. Seitdem haben die Friseur-Engel bei mehr als 600 Einsätzen in ganz Deutschland, Österreich, Schweiz, Spanien, Norwegen, Niederlande, Chile, Kolumbien und in Brasilien über 55 000 obdachlosen und bedürftigen Menschen kostenlos Haare und Bärte geschnitten – und das in ihrer Freizeit, also meist an Sonntagen oder Montagen. Sie zahlen zudem einen Vereinsbeitrag und erhalten dafür unter anderem einen Barber Angels Broterhood-Namen und die unverwechselbare Uniform, die „Barber Angels Brotherhood“-Kutte im Bikerstil. Gründer Claus Niedermaier, der nach seiner Friseurlehre in London, Paris, Mailand und Los Angeles gearbeitet hat, betreibt seit 1992 in Biberach an der Riß in Oberschwaben seinen Salon „Figaro Claus“.
Eine Friseurin, war es auch, die vor 40 Jahren aktiv am Erfolg des Songs mitwirkte: Als Gewinnerin einer groß angelegten „Meet your Star“-Aktion war sie der offizielle Glücksengel der Band Real Life. „Ilona was our ‚Angel of Fortune’“, sagt Sänger und Songwriter David Sterry (70) aus Melbourne. Denn die Gewinnerin besuchte – initiiert von Derer – die Band bereits vor ihrem Erfolg in den USA, was die Band in die großen Teenie-Press-Magazine brachte. Das sei damals so essenziell für einen Chart-Erfolg gewesen wie heute TikTok, sagt Hans Derer. Für ihn war es indes nicht nur ein geschäftlicher Coup: Friseurin Ilona wurde seine spätere Frau, und die gemeinsame Tochter Kim Jana absolviert derzeit ihren Bachelor of Science der Psychologie in Frankfurt.
„Send Me an Angel“ war der Hit des Sommers 1984 und Real Life die Pop-Sensation. Als die vier zur Promotour nach Deutschland eingeflogen wurden, führte einer ihrer ersten Wege zum Friseur: Ilona, damals Gesellin in einem Stuttgarter Salon, verpasste den Bandmitgliedern vor ihren Auftritten bei „Formel Eins“ und Fotosessions für Magazine wie „Bravo“ die richtigen Frisuren. Heute besitzt Ilona Derer einen Friseursalon in Winnenden und freut sich, dass „ihr“ Song nun den Barber Angels und den Ärmsten in unserer Gesellschaft hilft.
Nicht nur mit der Schere im Einsatz
Dafür sind die Barber Angels nicht nur mit der Schere im Einsatz. Sie sangen mit Roland Kaiser, wurden in Sendungen wie „Hallo Deutschland“ im ZDF oder der SWR-Landeschau vorgestellt. Und ihr nächste großer Auftritt ist beim legendären Wacken Festival, das am 31. Juli beginnt. Rund 35 Friseure bieten dort neben einem Haarschnitt auch ihre erste eigene Benefiz-CD an. Außer „Send Me an Angel“, wo sie als stimmgewaltiger Chor zu hören sind, sind weitere 20 rockige Songs zu hören – von Musizierenden des Winnender Labels 7hard, die selbstredend auf ihre Einnahmen verzichtet haben, damit die Angels von den Erlösen des Albums Hygieneartikel, Reisekosten und noch viel mehr finanzieren können.