Um möglichst gute Noten erzielen zu können, sollten Schüler auch zuhause in Ruhe lernen können. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Caritas Stuttgart sucht für die kleine Familie dringend eine neue Wohnung.

Bad Cannstatt - Alex ist ein fröhliches Kind (Name von der Redaktion geändert). Der Zwölfjährige lebt mit seinen 57 und 59 Jahre alten Großeltern im Gebiet Veielbrunnen. „Also inmitten unserer Nachbarschaft“, sagt Petra Schilde, die bei der Caritas Stuttgart in Bad Cannstatt im Bereich Jugend- und Familienhilfe tätig ist. Sorgen bereitet der Sozialpädagogin jedoch, in welchem Wohnumfeld der Junge aufwächst.

Laut Mietvertrag lebt die kleine Familie in einem „Arbeiterwohnheim“ – insgesamt stehen ihnen 18 Quadratmeter zur Verfügung. Neben einem fensterlosen Küchen- und Eingangsbereich mit 7,8 Quadratmetern, der gleichzeitig als Aufenthaltsraum dient, gibt es noch ein „Schlafzimmer“. Platz zum Entspannen bietet sich nur kaum. Neben drei Betten stehen dort mehrere volle Regale, in denen das ganze Hab und Gut der Familie untergebracht ist. In dem Raum, der mit einem Heizstrahler warm gehalten wird, trocknet die Familie ihre Wäsche, an zwischen den Betten gespannten Leinen. Ein eigenes Badezimmer haben die drei nicht.

Kein eigenes Badezimmer

„Außerhalb der Wohnung steht ein Waschraum, der von der gesamten Etage genutzt wird, zur Verfügung. Mit Waschtisch und Duschecke, die gelegentlich von Ratten aufgesucht wird“, sagt Schilde. Doch es kommt noch schlimmer: Auch eine Toilette suche man in den Wohnräumen vergeblich, sie ist ebenfalls nur über den Flur zu erreichen, befindet sich direkt am Treppenhaus. Gerade an kalten Abenden ist der Gang aufs Klo kein angenehmer, denn meistens steht die Haustür – Klingeln gibt es nicht – sperrangelweit offen.

Aus Sicht von Petra Schilde sind es Verhältnisse, in denen kein Kind in Stuttgart aufwachsen sollte. „Der Zustand des Hauses, in dem mehrere Parteien leben, ist dem Sozialamt und dem Amtsgericht bekannt.“ Caritas-Mitarbeiter seien regelmäßig fassungslos, wenn sie die Räume betreten. „Man kann es kaum glauben, dass es solche Mietverhältnisse mitten in Stuttgart gibt“, sagt die Sozialpädagogin. Das Beachtliche: Trotz der widrigen Umstände meistert die kleine Familie den Alltag irgendwie. Während der Großvater krankheitsbedingt – zurzeit befindet er sich sogar in einer Klinik – sehr eingeschränkt ist, und sich die meiste Zeit in der Küche aufhält, arbeitet die Großmutter im Schichtdienst in einer Wäscherei. „Sie sorgt für den Haushalt. Ihr Enkel Alex versucht sich täglich darin, seine Hausaufgaben auf seinem Bett zu machen.“

Kontakt zur Mutter

Optimale Lernbedingungen sehen sicherlich anders aus und dennoch sei der Junge gut in der Schule und besuche sie auch gerne, so die Sozialpädagogin. Derzeit ist er in einer sogenannten „Vorbereitungsklasse“ an der Grundschule, soll aber nach diesem Schuljahr in die sechste Klasse einer Gemeinschaftsschule wechseln. Außerdem sei Alex regelmäßig im Haus für Kinder der Caritas in der Heinrich-Ebner-Straße zu Gast. „Dort fühlt er sich sehr wohl.“

Alex, der seit Herbst 2019 in Bad Cannstatt wohnt, ist in Bulgarien aufgewachsen. Dort lebt seine Mutter, die sich jedoch nicht mehr um ihn kümmern kann. „Der Kontakt besteht, das Sorgerecht haben aber die Großeltern, die ihren Enkel herzlich bei sich aufgenommen haben. Bei ihnen fühlt sich Alex wohl, er möchte auf jeden Fall hierbleiben.“

Keine innere Sicherheit

Seine Großeltern stammen ebenfalls aus Bulgarien, leben aber bereits seit rund zweieinhalb Jahren in Deutschland, mitten in Bad Cannstatt. „Beide versprachen sich eine bessere Arbeit und ein besseres Leben“, sagt Schilde, die auf Unterstützung aus dem Rathaus oder der Stadtgesellschaft hofft. „Uns als Caritas-Team in der Jugend- und Familienhilfe, ist es ein dringendes Anliegen und eine Herzensangelegenheit, auf diese doch sehr besonderen Wohn- und Lebenslage mitten im Veielbrunnen aufmerksam zu machen.“ Die Familie habe aktuell keine innere Sicherheit, keine Ruhe. „Die Bedürfnisse der zwei Generationen werden nicht im Entferntesten beachtet oder umgesetzt“.

700 Euro Miete möglich

Die Sozialpädagogin will alle Hebel in Bewegung setzen, um für die kleine Familie eine neue Wohnung zu finden. Die Zustimmung des Jobcenters für einen Umzug sei schon vorhanden. „Die Familie ist eine Bedarfsgemeinschaft, das Gehalt der Oma und die entsprechend aufstockenden Sozialleistungen ergeben den möglichen Betrag für eine Mietobergrenze. Nach aktuellem Stand rund 700 Euro für einen Drei-Personen-Haushalt“, sagt Schilde. „Die Familie möchte sehr gerne in Bad Cannstatt bleiben. Alex ist hier mittlerweile verwurzelt, hat Freunde gefunden und ist in der Schule gut angekommen. Das Gefühl von Heimat sollen für ihn und seine Großeltern soweit als möglich bewahrt werden.“ Ideal wäre eine kleine Wohnung mit Minibalkon oder Terrasse. „Aufgrund des körperlichen Gesundheitszustands des Großvaters ist eine Wohnung im Erdgeschoss oder ersten Stock realistisch, sollte das Haus über keinen Aufzug verfügen.“

Wer eine passende Wohnung hat, kann sich bei Petra Schilde vom Caritasverband für Stuttgart unter der Telefonnummer 933498-32, Handynummer 0176/1810 7208 oder per E-Mail an p.schilde@caritas-stuttgart.de melden.