Die Übung nennt sich „Hase und Jäger“. Foto: AFP/THANASSIS STAVRAKIS

Bei der Fußball-EM spielt eine spezielle Trainingsform eine Rolle. Der Belgier Thorgan Hazard konnte bereits sichtlich davon profitieren.

Sevilla - Es gab am Sonntagabend Menschen, die fühlten sich an Roberto Carlos erinnert. Der heute 48-Jährige war einst Fußball-Nationalspieler Brasiliens – und wurde berühmt mit einem Schuss, der die Gesetze der Physik ad absurdum führte. Die Flugkurve des Balles jedenfalls war für die Wissenschaft kaum zu erklären. Am Sonntag nun erzielte der Belgier Thorgan Hazard das 1:0 im EM-Achtelfinale gegen Portugal – und sein Schuss war ein ähnlich krummes Ding. Es gab danach aber auch Menschen, die sich an Felix Neureuther erinnert fühlten.

Ein lustiger Dialog – mit ernstem Hintergrund

An Neureuther? Den Skifahrer? Genau! Nach seinem Treffer zeigte Hazard nämlich eine Geste, die auch Neureuther ziemlich geläufig ist. Er setzt darauf bei seinem Engagement für Kinder („Beweg dich schlau“) – und forderte damit auch schon Thomas Müller heraus. Der Ex-Skirennläufer und der Star des FC Bayern haben im vergangenen Jahr ein Video aufgenommen, das dieses Zusammenspiel aus Fingerfertigkeit und kognitiver Leistung schult. „Jetzt schau’n mer, wie mer unsere Finger bewegen und gleichzeitig was fürs Hirnkastl tun können“, sagt Felix Neureuther. „Der Wedler, der spinnt a bisserl“, entgegnet Thomas Müller. Ein lustiger Dialog – mit ernstem Hintergrund.

Seit einigen Jahren hat die Neuroathletik ihren Platz im Trainingsprogramm zahlreicher Spitzensportler. Durch koordinativ anspruchsvolle Aufgabenstellungen wird das Gehirn trainiert – das schnelle Erfassen komplexer Situationen soll im Wettkampf dann leichter fallen. Die Entscheidungen für diese oder jene nächste Körperbewegung unter Zeitdruck werden klarer. Im aktuellen Fall nennt sich die Übung „Hase und Jäger“. Die Finger der einen Hand stellen Hasenohren dar, die der anderen eine Pistole. Dann wird abgewechselt und weiter erschwert.

Hazard wirkt bei dieser EM gereift

Thorgan Hazard setzt augenscheinlich auf diesen Baustein. Mit Erfolg. Er wirkt bei dieser EM gereift. Fußballerisch – und beim Torjubel. Vor zwei Jahren, kurz nach seinem Wechsel von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund, hatte er mit einer Pistolero-Geste noch die Gladbacher Fans verärgert. Mit dem Hasen und dem Jäger kann nun vermutlich jeder leben. Vermutlich auch Roberto Carlos.