Obwohl der französische Präsident Macron die umstrittene Wahlreform vorerst auf Eis gelegt hat, nimmt die Gewalt in Neukaledonien nicht ab. Die Zahl der Toten auf der Insel im Südpazifik steigt.
Bei den schweren Unruhen im französischen Überseegebiet Neukaledonien ist ein weiterer Mensch gestorben. Ein 48-Jähriger sei von einem Polizisten getötet worden, teilte die Staatsanwaltschaft von Nouméa laut den Sendern Franceinfo und BFMTV am Freitag mit. Der Beamte und sein Kollege seien in der Stadt Dumbéa von einer Gruppe von etwa 15 Personen angegriffen worden. Er habe daraufhin einen Schuss abgefeuert, um sich zu verteidigen. Die genauen Umstände würden noch geprüft.
Es handelt sich um das siebte Todesopfer seit Beginn der Proteste von Unabhängigkeitsbefürwortern vor knapp zehn Tagen. Ausgelöst wurden diese durch eine von Paris geplante Verfassungsänderung, die Tausenden französischstämmigen Bewohnern der Inselgruppe im Südpazifik das Wahlrecht einräumen sollte. Sie würden somit mehr politischen Einfluss bekommen.
Vor allem die indigene Volksgruppe der Kanaken hofft schon lange auf einen eigenen Staat und befürchtet nun eine Benachteiligung. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bei seinem Besuch am Donnerstag in Neukaledonien erklärt, die Reform vorerst zurückhalten zu wollen, bis sich die Lage beruhigt habe und politische Gespräche wieder aufgenommen werden könnten.
Krawalle seit über einer Woche
Bei den Krawallen, die vor mehr als einer Woche begannen, wurden zahlreiche Geschäfte zerstört und geplündert. Der Flughafen von Nouméa ist weiterhin für alle kommerziellen Flüge geschlossen. Frankreich entsandte zusätzliche Sicherheitskräfte auf die Inselgruppe.
Die Inselgruppe 1500 Kilometer östlich von Australien genießt weitgehende Autonomie. Bei drei Volksabstimmungen 2018, 2020 und 2021 stimmten die Bewohner der ehemaligen französischen Kolonie für einen Verbleib bei Frankreich. Seit dem letzten, von den Separatisten boykottierten Votum stocken jedoch die Gespräche über einen neuen Status. Eigentlich sollte dieser bereits bis zum vergangenen Juni gefunden sein. Für Frankreich ist Neukaledonien vor allem militärisch und geopolitisch sowie wegen großer Nickelvorkommen von Bedeutung.