Die Stuttgarter Choreografin Katja Erdmann-Rajski probt für ihre neue Body-Opera „Via Traviata“ im Treffpunkt Rotebühlplatz. Foto: Hagen Betzwieser/ker

Von einer Frau, die vom Weg abkommt, erzählt „La Traviata“. Die Choreografin Katja Erdmann-Rajski nimmt sich der Abwegigen an und widmet Verdi ihre zweite Body-Opera.

Stuttgart - Von einer Frau, die vom Weg abkommt, erzählt Verdis Oper „La Traviata“. Die Choreografin Katja Erdmann-Rajski nimmt sich der Abwegigen an und widmet Verdi ihre zweite Body-Opera. „Via Traviata“ hat an diesem Freitag im Treffpunkt Rotebühlplatz Premiere.

Frau Erdmann-Rajski, Ihre Auseinandersetzung mit großen Opernstoffen geht in die zweite Runde. Was reizt Sie als Choreografin am Musiktheater?

Ich bin seit meiner Jugend eine begeisterte Operngängerin. Es hatte mich schon immer fasziniert, wie diese so ätherische Musik sich plötzlich im Bühnenbild verräumlicht und in den Darstellerinnen und Darstellern verkörperlicht. Andererseits schweiften meine Gedanken dann schnell vom Bühnengeschehen ab, und in mir entstanden ganz andere, eben tänzerische Bilder. Und die wollte ich in meiner neuen Projektreihe unbedingt einmal für mich, aber eben auch für mein Publikum sinnlich erlebbar machen.

Nach „Don Giovanni“ nun „La Traviata“: Bei der Uraufführung 1853 war eine an Tuberkulose erkrankte Kurtisane auf der Opernbühne ein Aufreger. Wie scheint in Ihrer Version die Geschichte der „Kameliendame“ durch?

Die Handlung der Oper wollte ich bewusst nicht nacherzählen. Eher erkunden, was die Musik vermittelt. Und da dringt man schnell tief in die Psyche einer Frau ein – und merkt, wie sich ihr Leiden und Aufbegehren, ihre Träume und Illusionen im Körper selbst einnisten und ausdrücken. Im Probenprozess war schön zu beobachten, wie mit der Zeit der Körper selbst zum handelnden Subjekt wurde, sich tanzend von der Handlung der Oper emanzipierte, um seine eigene Geschichte zu erzählen. Seine Body-Opera.

„Via Traviata“ heißt Ihr Weg, auf dem Tanz und Gesang sich begegnen. In die Quere kommen sie sich nicht? Opernarien können ja ganz schön dominant sein . . .

Da haben Sie allerdings recht. Aber genau das reizte mich schon immer – Tanz nicht einfach als Illustration von Musik zu verstehen, sondern als gleichberechtigter und damit eben auch als widerständiger Partner. Und dann kann es schon vorkommen, dass sich eine Arie aufwühlend gebärdet und die Tänzerin die Dramatik ungerührt unterläuft – quasi einfach durch sie hindurchgeht.

Sind wieder Profis und Amateure beteiligt?

Drei der Darstellerinnen – darunter die beiden Solistinnen – sind professionelle Tänzerinnen. Die restlichen sechs Mitglieder der Tanzgruppe sind Tanzinteressierte. Beteiligt am Stück war natürlich auch das Publikum, das sich in den offenen Proben aktiv eingebracht hatte.

„Via Traviata“ feiert an diesem Freitag um 20 Uhr im Treffpunkt Rotebühlplatz Premiere.

Body-Opera und ihre Choreografin

Premiere
Die erste Show von „Via Traviata“ an diesem Freitag um 20 Uhr im Robert-Bosch-Saal des Treffpunkts Rotebühlplatz ist ausverkauft. Weitere Vorstellungen am Samstag, 20 Uhr, und am Sonntag, 17 Uhr, sowie vom 5. bis 7. November und im April 2022. Beim Festival FTTS@Theaterhaus ist die Body-Opera am 21. September um 20.30 Uhr zu sehen.

Person
In Aschaffenburg geboren, studierte Katja Erdmann-Rajski in Stuttgart Musikerziehung. Sie promovierte 1999 und arbeitet als Dozentin, Choreografin und Tänzerin.

Stream
Der Treffpunkt Rotebühlplatz zeigt die Vorstellungen zeitgleich per Videostream: https://vhs-stuttgart.de