Der norwegische Autor Karl Ove Knausgard schaut hinter die Mauer, die die Toten von den Lebenden trennt. Foto: imago//Beatrice Lundborg

Karl Ove Knausgards neuer Roman „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ erkundet das Mysterium des Lebens. Das klingt beunruhigend – ist aber spannender als jeder Krimi.

Wer würde heute noch wagen, die großen Sinnfragen anzugehen? Das Woher und Wohin des Lebens, der Tod und seine Überwindung – das ganz große metaphysische Besteck. „Warum stirbt alles Lebendige?“, fragt der kleine hochbegabte Bruder von Syvert Loyning während des Mittagessens. Gerade haben sie noch über die Zubereitung von Kakao geredet, über Stimmbruch und sprießende Schambehaarung, und plötzlich öffnet sich in der Küche des Hauses irgendwo im Süden Norwegens für einen Augenblick der Abgrund der letzten Dinge, bevor die Gegenstände des Alltags wieder übernehmen, Fußballtraining, Arbeitslosigkeit, Eier, Speck und Frikadellen. Damit dürfte die eingangs aufgeworfene Frage bereits beantwortet sein: der Schriftsteller Karl Ove Knausgard – er wagt es, mitten aus dem Herzen der Gewöhnlichkeit das Ganze in den Blick zu nehmen, die faszinierend ereignisarmen Flachlandschaften der Alltäglichkeit wie die fortgeschrittenen Herausforderungen intellektueller Hochgebirgskletterei.