Baden-Württembergs neue Kultusministerin Theresa Schopper (Archivbild) Foto: dpa/Marijan Murat

Sie will Lobby sein für die Jüngsten, die in der Corona-Pandemie viel ertragen mussten. Auch beim Haushalt müssten jetzt Kinder und Jugendliche „Vorfahrt“ haben. Doch da wird die Neue kämpfen müssen.

Stuttgart - Nach der quälend langen Zeit im Corona-Lockdown müssen Schülerinnen und Schüler nach Meinung von Baden-Württembergs neuer Kultusministerin Theresa Schopper nun politisch Vorrang haben. „Die Kinder und Jugendlichen haben das mit Bravour gemeistert. Sie waren sehr solidarisch mit ihren Eltern und Großeltern“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Aber jetzt haben Kinder und Jugendliche Vorfahrt. Wo immer man Solidarität für Kinder und Jugendliche einfordern kann, sollte man das tun. Das gilt auch für den Haushalt.“ Ihre Aufgabe sei nun, „Lobby für Kinder und Jugendliche zu sein“, sagte Schopper. An diesem Montag kehren Hunderttausende Schülerinnen und Schüler nach Monaten Fernunterricht wieder in ihre Klassen zurück.

Doch Schoppers Ansinnen, mehr Geld für die Schulen herauszuschlagen, dürfte in Zeiten knapper Kassen ein schwieriges Unterfangen werden. Zwar soll es ein Sofortprogramm zur Bewältigung der Corona-Folgen in Schulen geben, aber ansonsten stehen alle Maßnahmen der Schulpolitik im grün-schwarzen Koalitionsvertrag unter Haushaltsvorbehalt. Die 60-jährige Grüne hat schon erklärt, dass sie zunächst nicht mit weiteren Lehrerstellen rechnet. Spannend wird zum Beispiel die Frage, ob es der Kultusministerin gelingt, die 1165 Stellen für die Sprachförderung von Kindern mit ausländischen Wurzeln zu retten, die eigentlich gestrichen werden sollen.

Normalität durch bekannte Struktur

Die Grüne setzt darauf, dass der Großteil der Schülerinnen und Schüler den Lockdown gut verkraftet hat. „Kinder sind oft robuster und resilienter als man das zunächst denkt“, sagte die Kultusministerin. „Ich hoffe, dass die meisten flott in die Normalität zurückfinden. Wenn sie ihre normale Struktur wiederhaben, um 08.00 Uhr in der Schule neben ihren Kumpeln im Klassenzimmer sitzen.“

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Dennoch müsse man sich auch der Probleme der Kinder und Jugendlichen annehmen. „Die Folgen der Pandemie, die Lernrückstände, das kann man nicht wegwischen, das will ich auf keinen Fall“, beteuerte Schopper. „Natürlich wird es Kinder geben, die aus der Kurve nicht ohne Hilfe rauskommen.“ Hier seien vor allem Eltern und Lehrkräfte zunächst gefragt zu schauen, wo das jeweilige Kind Probleme hat. „Sie kennen das Kind am besten. Dann muss eventuell Unterstützung organisiert werden, über die Schulsozialarbeit oder Psychologen.“

SPD-Bildungsexperte übt Kritik an Plänen

Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei stellte zu Schoppers Plänen die Frage, wie die Corona-Folgen ohne neue Lehrkräfte abgebaut werden sollen. „Erst Recht angesichts des sowieso schon herrschenden Lehrkräftemangels an den Schulen im Land.“ Das Argument der angespannten Haushaltslage ziehe nicht mehr. „Vorfahrt für Kinder sieht anders aus“, teilte Fulst-Blei mit. Die mögliche Streichung der Stellen für Sprachförderung nannte der SPD-Politiker einen „Skandal“. Wenn sie jetzt abgeschafft würden, verschärfe die Landesregierung die Situation bei einer der vulnerabelsten Gruppen in der Schülerschaft.

Schopper sagte weiter, Corona sei für die Jüngeren ein harter Einschnitt gewesen, „das wird schon im Hinterkopf bleiben“. Sie ist aber optimistisch: „Jetzt hoffen wir mal und arbeiten mit unseren Programmen daran, dass das größtenteils im Anekdotischen bleibt und keine gravierenden Schäden hinterlässt.“ Kinder und Jugendliche hätten sich mit Bravour an neue Umstände gewöhnt. „Ich würde nicht sagen, dass wir da generell eine pathologische Generation haben. Man muss die Kinder im Einzelnen betrachten.“ Was die Wiedereingewöhnung der Schülerinnen und Schüler angeht, habe man den Lehrkräften nochmal signalisiert: „Schulen sind keine Lernfabriken. Es geht natürlich ums Lernen, aber Schulen sind auch Lebensraum.“

Ministerin verweist auf Verantwortung der Eltern

Bei der Frage von Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche trat die Ministerin auf die Bremse. „Es ist in der Verantwortung der Eltern, mit den Jugendlichen zu überlegen, ob diese zum Impfen gehen sollen“, sagte die Grüne. „Ich würde das niemandem vorschreiben wollen.“

Sie geht davon aus, dass viele Eltern registriert haben, dass die Ständige Impfkommission den ab 12 Jahren zugelassenen Biontech-Impfstoff für Kinder und Jugendliche bisher nicht empfehle. „Ich glaube, dass die Eltern vorsichtig sein werden“, sagte sie. Vor drei Wochen hatte die neue Ministerin noch zur Eile gedrängt und vorgeschlagen, sogar an den Schulen zu impfen.

Allerdings hält es Schopper für möglich, dass sich bis zu den Sommerferien Ende Juli noch etwas tut. „Ich glaube aber, dass es da noch eine Entwicklung geben wird, wenn mehr Impfstoff da ist und der Sommerurlaub ansteht.“ Zudem gebe es dann womöglich noch mehr Daten für das Impfen bei Kindern.

Schopper sieht aber keinen Grund, die Öffnung von Schulen und den vollen Präsenzunterricht nach den Sommerferien mit den Impfungen der Kinder zu verknüpfen. Die Voraussetzungen für Unterricht seien dann ganz andere als in den vergangenen Monaten, auch weil die Lehrkräfte größtenteils durchgeimpft seien. „Ich bin optimistisch, aber auch weiter vorsichtig. Hoffentlich kriegen wir keine Mutante, die alles auf den Kopf stellt.“ Auch nach den großen Ferien werde Corona noch eine Rolle spielen: „Stand heute gehe ich nicht davon aus, dass wir die Maskenpflicht nach den Sommerferien aufheben werden.“