Greenpeace ist bekannt für spektakuläre Aktionen. Die Chefin der Organisation lässt das hinter sich und wird Sonderbeauftragte der Bundesregierung. Das sei „eine andere Art von spektakulär“, sagt sie. Kritik an der Personalie folgt prompt. Foto: dpa/John Macdougall

Annalena Baerbock stellt Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan als Klimabeauftragte vor. Aus den Reihen der Union und FDP kommen kritische Stimmen. Doch die Außenministerin bekommt auch Zuspruch.

Berlin - Kritik vom Koalitionspartner FDP und aus der Opposition, grünes Licht von den Anti-Korruptionsorganisationen LobbyControl und Transparency International: Die Berufung von Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan zur Beauftragten für Internationalen Klimaschutz im Auswärtigen Amt durch Ministerin Annalena Baerbock stößt auf ein geteiltes Echo. „Um es klar zu sagen: Die grüne Heuchelei in Sachen Lobbyismus hat große Chancen auf das Guinessbook of Records“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am Mittwoch der „Welt“. Die Greenpeace-Aktivistin zur Staatssekretärin zu machen, passe nicht zu Vorgaben des Parlaments, den Einfluss von Interessenvertretern deutlicher zu kennzeichnen. Auch aus der FDP kommt Kritik. Er habe Verständnis dafür, „dass der Wechsel einer Lobbyistin, die in der Vergangenheit mit durchaus radikalen Ansichten in Erscheinung getreten ist, in der Öffentlichkeit auf eine gewisse Verwunderung stößt“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler dem „Handelsblatt“.

Transparency hält Wechsel für weitgehend unproblematisch

Kein Problem mit Morgans Wechsel ins Außenministerium haben dagegen Anti-Korruptionsorganisationen. „Als LobbyControl haben wir auch in der Vergangenheit betont, dass es möglich sein muss, Fachleute von außen in die Ministerien zu holen“, sagte der Experte für Lobbyregulierung, Timo Lange, der Nachrichtenagentur Reuters. „Klar ist aber auch, dass Morgan künftig die Positionen der Bundesregierung vertreten muss und nicht die von Greenpeace.“ Das Auswärtige Amt müsse auch sicherstellen, dass Greenpeace nun keine besonderen Vorteile gegenüber anderen Akteuren in Klimaverhandlungen zugestanden würden.

Auch Transparency hält den Wechsel für weitgehend unproblematisch. „Morgan muss in ihrer künftigen Rolle natürlich eine umfassende, ausgeglichene Interessenabwägung sicherstellen, das werden wir beobachten“, sagte Geschäftsführerin Anna-Maija Mertens zu Reuters. Entscheidend sei, dass Morgan einen sauberen Schnitt gegenüber ihrer aktuellen Tätigkeit mache und mit möglichen Interessenkonflikten in einzelnen Situationen transparent und offen umgehe. „Wichtig wäre auch, dass sie als Staatssekretärin verbeamtet und nicht nur im Angestelltenverhältnis tätig wird, damit sie im Anschluss an ihre Tätigkeit den Karenzzeitregeln für Beamte unterliegt“, sagte Mertens.

Die 55-jährige Morgan soll ab 1. März im Auswärtigen Amt den Posten der Beauftragten für Internationalen Klimaschutz übernehmen. Die US-Amerikanerin arbeitet seit Jahrzehnten bei Nichtregierungsorganisationen und ist seit 2016 Chefin von Greenpeace.

Baerbock lobt scheidende Greenpeace-Chefin

Baerbock lobte die scheidende Greenpeace-Chefin als Traumbesetzung für den Posten. „Ich kenne weltweit keine zweite Persönlichkeit mit ihrer Expertise, Vernetzung und Glaubwürdigkeit in der internationalen Klimapolitik“, sagte die Grünen-Politikerin bei der Vorstellung von Morgan in Berlin. Sie werde als Steuerfrau die deutsche Klima-Außenpolitik lenken. Morgan sagte, die deutsche Energiewende weg von Atom und Kohle sei der richtige Weg. „Deutschland hat Vorbildcharakter weltweit.“

Morgan lebt in Berlin und will sich nun einbürgern lassen. Da die internationale Klimapolitik vom Umweltministerium ins Auswärtige Amt verlegt wurde, soll Morgan auch die jährlichen Weltklimakonferenzen vorbereiten. Dort ist sie für verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen seit Jahrzehnten regelmäßig präsent gewesen.