Rymden (von links): Dan Berglund, Bugge Wesseltoft, Magnus Öström Foto: Peculiar/Per Kristiansen

Alben von Rymden, Derek Sherinian und Terje Rypdal machen Lust auf Jazz mit Fusion-Touch und ohne Grenzen.

Stuttgart - Jazz ist schon lange ein weites Feld – nun sind drei Alben erschienen, die alle auf ihre Art Berührungspunkte zum Fusion-Jazz der 70er haben.

Rymden: „Space Sailors“

Vergleiche führen gern in die Irre. Die schwedische Rhythmusgruppe des Trios Rymden, Dan Berglund am Kontrabass und Magnus Öström am Schlagzeug, war früher Teil des Trios E. S. T., und das hört man – aber die Musik insgesamt unterscheidet sich stark. Acht Jahre nach dem zu frühen Tod des Pianovirtuosen Esbjörn Svensson haben Berglund und Öström wieder zusammengefunden mit dem norwegischen Tastenkünstler Bugge Wesseltoft, der gerne Synthesizer spielt und Sinn für Filmmusik hat.

Das zweite Rymden-Album „Space Sailors“ bestätigt: Es gibt ein Leben nach dem Tod – aber eben ein anderes. Ein chromatisches Synthesizer-Thema über einem knackig verschachtelten Groove navigiert „The Space Sailor“ durch Raum und Zeit. Das Thema von „Terminal One“ könnte zu einer gleichnamigen TV-Serie gehören, im melancholischen „Final Goodbye“ lebt Berglund seine Leidenschaft fürs Metallische aus. Hypnotisch pulsiert der Rhythmus von „Arriving at Ramajay“ zu flirrenden Synthesizer-Arpeggios – und „My Life in a Mirror“ ist eine mit Emotionen prall aufgeladene Pianoballade.

Derek Sherinian: „The Phoenix“

Wie eine heftig übersteuerte elektrische Gitarre lässt der US-Amerikaner Derek Sherinian seine Synthesizer gerne jubilieren, singen und schreien im Titelsong seines aktuellen Soloalbums „The Phoenix“. Er kommt aus dem progressiven Metal, war Ende der 90er Mitglied bei Dream Theater, und zeigt hier ein breiteres Spektrum von Fusion bis Souljazz. Als kongenialen Partner konnte Sherinian den Drummer Simon Phillips gewinnen, der zuvor im Trio der japanischen Jazzpianistin Hiromi Uehara gezeigt hat, wie intuitives Zusammenspiel funktioniert und was für eine Offenbarung ein perfekt abgestimmtes Schlagzeug sein kann.

Er fühlt sich auch offensichtlich zuhause in „Dragonfly“, Sherinians einzigem Ausflug in die Welt des virtuosen Jazzpianospiels. Ein ähnlicher Solitär ist das Soul-getränkte Buddy-Miles-Cover „Them Changes“, bei dem der Gitarrist und Sänger Joe Bonamassa für Hendrix-Clapton-Page-Feeling sorgt. Sherinian duelliert sich mit ihm mit einem herrlich protzenden Orgelsound, von dem er mehrere Varianten parat hat.

Ansonsten fährt er eine ganze Batterie an klassischen Synthesizern und deren prägnante Klänge auf, passend zu bombastischen, rhythmisch vertrackten und mysteriös gestimmten Fusion-Nummern wie „Empyrean Sky“ oder „Temple of Helios“. Weitere illustre Gäste sind unter anderen der Gitarrist Ron Thal und der Bassist Billy Sheehan, mit denen Sherinian bei der Supergroup Sons of Apollo spielt, der Brasilianer Kiko Loureiro, der auch ein bisschen Flamenco beisteuert, sowie der Gitarrenzauberer Steve Vai, der beim getragenen Progrock von „Clouds of Ganymede“ die Saiten sprechen lässt.

Terje Rypdal: „Conspiracy“

Auf seine ganz eigene Weise tut das der Norweger Terje Rypdal, der in den 70ern als Pionier übersteuerte Rocksounds in den Jazz einbrachte. Nach zehn Jahren kehrt er mit 72 zurück und zeigt sich noch einmal auf der Höhe seiner Kunst: Er lässt Töne, Echos, Saitenquietschen und Rückkopplungen tanzen und modelliert sie zu atmosphärischen Klanggebilden. Rypdal geht es um Atmosphäre, seine Stücke sind überwiegend getragene, dunkel gestimmte Traumreisen mit kompetenten Begleitern.

Der Keyboarder Ståle Storløkken erweist sich zum wiederholten Mal als idealer Partner für musikalisches Pingpong, die Rhythmusgruppe verziert oft nur. Eine Ausnahme bildet der Titelsong „Conspiracy“, dessen Namen die Band auf eindrucksvolle Weise musikalisch bebildert: Aufmüpfig bäumt er sich auf und verwabert das Denken wie eine besonders anziehende Verschwörungstheorie.