Wolfgang Thie und seine Frau Susanne auf der MS Wilhelma. Sein letztes Foto: Sebastian Steegmüller - Sebastian Steegmüller

Der 63-jährige Wolfgang Thie wird weiterhin als Berater und Schiffsexperte dabei, aber nicht mehr selbst an Bord sein. Auch das Risiko, erneut rote Zahlen zu schreiben, ist er los. Neuer Geschäftsführer der Firma, die den alten Namen Neckar-Personenschifffahrt Berta Epple annimmt, wird Michael Conz, der langjährige und ausgeschiedene Stadtrat der FDP.

Bad CannstattDie Frau des Cannstatter Kies- und Tiefbauunternehmers Karl Epple, der von 1893 bis 1961 gelebt hat, hieß Berta Epple. Ihr Name ist bis heute am Neckar präsent und weckt Kindheitserinnerungen. Eines der berühmtesten Ausflugsschiffe ist auf Berta Epple getauft worden - und auch die Musiker der ehemaligen Formation Tango Five nennen sich heute so. Dem Ehepaar Epple ist es zu verdanken, dass Rundfahrten auf dem Neckar überhaupt möglich wurden.

Als Stuttgart Ende der 1950er dank Wangen zur Hafenstadt werden sollte, machten die Epples so lange Druck, bis sich ihr Traum erfüllte, den Neckar für Ausflüge zu nutzen. Bis dahin fuhren nur Frachtschiffe auf dem Fluss. Zwischen Stuttgart und Heilbronn wurden - mithilfe etlicher Gemeinden - 15 Anlegestellen eingerichtet. 1956 ist die Firma Neckar-Personenschifffahrt Berta Epple gegründet worden. Am 7. März 1957 taufte Yvonne Klett, die Ehefrau des Stuttgarter OB Arnulf Klett, die beiden ersten Schwesterschiffe auf Dorothea Epple und Stuttgart. Am 31. März 1958 hat Bundespräsident Theodor Heuss den Hafen eröffnet.

Schon in den 1950ern hieß es, die Stadt mache zu wenig aus ihrem Gewässer. 2015 hat OB Fritz Kuhn (Grüne) einen Masterplan für die Entwicklung des Neckars angekündigt. Der Fluss sollte an Aufenthaltsqualität gewinnen. Es blieb aber bei schönen Versprechungen. Stuttgart mit seinem Neckar zu versöhnen und die Stadt näher an ihn zu rücken - davon ist noch wenig zu spüren. Ganz im Gegenteil.

Im April dieses Jahres hatte Wolfgang Thie, der langjährige Chef des Neckar-Käpt’n, Alarm geschlagen und damit gedroht, seinen Betriebssitz nach Marbach zu verlegen. Denn die Stadt lasse ihn im Stich. Die schlechte Baustellensituation am Neckarufer in Bad Cannstatt und die aus seiner Sicht zähe Zusammenarbeit mit der Rathausverwaltung hatten den gebürtigen Hanseaten, der 1997 mit seiner Frau die Flotte übernommen hatte, verärgert.

Sein Verlust, sagte er damals, hätte zuletzt bei 50 000 bis 70 000 Euro pro Jahr gelegen. Jetzt kann Thie aufatmen. Er hat sein Unternehmen verkauft und glaubt, dass es künftig in guten Händen ist. „Die Zukunft ist gesichert“, sagt er. Die Macher des Maultaschenproduzenten Herr Kächele sind nun die Eigentümer. Anfang 2020 soll’s offiziell unter neuer Regie losgehen.

Der 63-jährige Wolfgang Thie wird weiterhin als Berater und Schiffsexperte dabei, aber nicht mehr selbst an Bord sein. Auch das Risiko, erneut rote Zahlen zu schreiben, ist er los. Neuer Geschäftsführer der Firma, die den alten Namen Neckar-Personenschifffahrt Berta Epple annimmt, wird Michael Conz, der langjährige und ausgeschiedene Stadtrat der FDP. Jens Caspar, der Chef von Herr Kächele, sagt, ein Kindheitstraum von ihm erfülle sich nun. Als Cannstatter sei er oft mit seiner Großmutter auf dem Neckar gefahren. Das Marketing will er erneuern und verstärken, die Schiffe im Retrostil der 1960er mit moderner Medien- und Küchentechnik umbauen, mit einem neuen Stromgenerator den Ausstoß der Schadstoffe deutlich verringern. Motto: Stuttgart feiert auf dem Neckar. „Künftig wird wieder die Marke Berta Epple verwendet - statt wie die letzten 21 Jahre Neckar-Käpt’n“, sagt er unserer Zeitung.

Die MS Wilhelma (für 300 Personen) soll einen gestrafften Fahrplan nach Marbach erhalten und eine „grandiose Eventlocation“ werden, „bestens für Feiern und Seminare geeignet“. Das bisherige Partyfloß wird zum „Neckarbesen, zu einer fahrenden Weinlaube. Die neuen Besitzer wollen die MS Bad Cannstatt nicht mehr bewegen, sondern umbauen und danach darauf acht Appartements tageweise vermieten.

Die Tickets für die weiterhin fahrende MS Wilhelma und den künftigen Neckarbesen werden online erhältlich sein, sie müssen nicht mehr an der Anlegestelle gekauft werden. Die Werbemittel und den Auftritt werde man im Stil der 1960er gestalten. „Es wird Restaurantabende, Comedyvorstellungen, Events geben“, sagt der Chef von Herr Kächele, „das Catering wird traditionell schwäbisch sein, hochwertig, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, ohne Chemie.“

Die neuen Besitzer sind gerade dabei, Partner zu finden, waren etwa beim VfB Stuttgart und bei in.Stuttgart. „Überall stoßen wir auf Zustimmung“, sagt der Inhaber der schwäbischen Imbisskette, „oft hören wir, dass die Stadt den Neckar nicht länger vernachlässigen darf.“

Bisher hatte Susanne Thie, die Ehefrau des Chefs, die Gastronomie auf den Schiffen betrieben. 2020 wird sie die Bewirtung an Herr Kächele übergeben. Noch etwa zwei Jahre will ihr Mann als Berater des Schifffahrtsunternehmens zur Verfügung stehen, sich dann aber endgültig zurückziehen.

Waren das Zeiten, als sich pro Saison rund 200 000 Menschen von Linienschiffen schippern ließen! Die Spitzenbilanz der 1970er ebbte immer weiter ab. Das Freizeitverhalten veränderte sich. Vor Weihnachten hat Neckar-Käpt’n Thie noch freie Plätze auf seinem Schiff. Seine Nachfolger setzen dank eines modernen Marketings, neuen Fahrplänen und Event-Ideen auf Expansion. Sie wollen ein weiteres Schiff einsetzen. Aus dem Plan, die Berta Epple von der Seine zurückzuholen, ist nichts geworden.

Das Schiff war vor einem Jahr innerhalb von Paris an neue Rundfahrtanbieter verkauft worden, die sich nicht von ihm trennen wollen. Die neuen Chefs in Stuttgart geben trotzdem nicht auf. Vielleicht wäre die 1965 verstorbene Berta Epple stolz, bis in die Stadt der Liebe aufgestiegen zu sein. Da ihre Erben in der Schifffahrtsfirma ihren Namen groß herausbringen wollen, wird die berühmte Berta Epple auch in der Heimat geehrt. Ein guter Name war schon immer was wert.

Der Neckar-Käpt’n

Historie Die ersten beiden Schiffe, die unweit von Stuttgart nicht für die Fracht, sondern für Rundfahrten genutzt wurden, sind in Oberkassel gebaut worden. Im März 1957 fiel der Startschuss für die Personenschifffahrt in Bad Cannstatt. Ein Jahr später ist der Hafen eröffnet worden.

Namensgeberin Das Ehepaar Berta und

Karl Epple aus Bad Cannstatt hatte einen

wesentlichen Anteil daran, dass Ausflüge auf dem Neckar möglich sind. Nach Berta ist eines der Neckarschiffe benannt worden, das nach dem Verkauf heute Touristen in

Paris auf der Seine befördert.

Verkauf 1997 haben Susanne und Wolfgang Thie die Schiffsflotte übernommen und zum Neckar-Käpt’n gemacht. Jetzt haben sie ihre Firma an die Macher von Frau Kächele verkauft, die unter dem alten Namen Berta Epple mit neuen Ideen.