Die SPD-Politikerin Bärbel Bas ist Präsidentin des Bundestages und damit auch für die Transparenzpflichten der Abgeordneten zuständig (Archivbild). Foto: imago images/Future Image/Christoph Hardt via www.imago-images.de

Seit Juni 2021 gelten für Parlamentarier im Deutschen Bundestag verschärfte Transparenzregeln. Doch die Veröffentlichung ihrer privaten Nebeneinkünfte verzögert sich – was in heiklen Fällen Fragen aufwirft.

Volksvertreter werden vom Volk bezahlt. Aus Steuergeld erhalten sie eine sogenannte Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit im Parlament, gemeinhin „Diät“ genannt. Die liegt für Bundestagsabgeordnete aktuell bei 10 323,29 Euro brutto im Monat. Auf private Nebentätigkeiten und entsprechende Einkünfte müssen Parlamentarier nicht verzichten, diese aber neuerdings auf Euro und Cent genau beziffern. Doch es hapert mit der im Sommer 2021 verschärften Transparenz. Ein Jahr nach der Wahl haben erst zwei von 736 Mitgliedern des Bundestags tatsächlich Nebeneinkünfte deklariert. Weitere 110, darunter 15 aus Baden-Württemberg, haben erklärt, dass sie nebenher nichts verdienen.

Bisher nur kleine Fische

Der Verhaltenskodex für Bundestagsabgeordnete wurde im Juni 2021 neu geregelt. Dies betrifft vor allem diverse Pflichten zur Veröffentlichung privater Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Zuvor mussten Nebentätigkeiten zwar angezeigt, Nebeneinkünfte jedoch nur pauschal bestimmten Kategorien zugeordnet werden. Damit wurden die tatsächlichen Verhältnisse eher verschleiert als wirklich glasklar dargelegt.

Nun müssen die Abgeordneten alle Nebeneinkünfte exakt auflisten, sofern sie über einem Limit von 1000 Euro im Monat oder 3000 Euro im Jahr liegen. Zudem sind die Politiker verpflichtet, Unternehmensbeteiligungen anzuzeigen, sofern ihr Anteil fünf Prozent übersteigt. Früher lag die Schwelle bei 25 Prozent.

Eigentlich wäre die Frist für entsprechende Erklärungen am 26. Januar 2022 abgelaufen. Doch bis vor einer Woche herrschte auf der Internetseite des Deutschen Bundestags, wo die Abgeordneten alphabetisch sortiert ihre Einkommensverhältnisse offenlegen sollten, noch null Transparenz. Inzwischen hat die Parlamentsverwaltung Angaben von 112 Politikern veröffentlicht. Unter ihnen sind aber keine der bekannten Spitzenverdiener. Zu diesen zählten in der Vergangenheit zum Beispiel die Stuttgarter FDP-Frau Judith Skudelny, die in der abgelaufenen Wahlperiode nebenher als Insolvenzverwalterin 830 000 bis 875 000 Euro verdient hat. Ein anderer Topverdiener zuzüglich Diäten aus dem Südwesten ist der Bruchsaler Christdemokrat Olav Gutting. Er hat als Anwalt von 2017 bis 2021 in seiner parlamentarischen Freizeit 800 000 bis eine Million Euro dazuverdient. * Von den 112 Abgeordneten, deren private Einkommensverhältnisse nun offengelegt sind, haben nur zwei Nebeneinkünfte erzielt: der Linke Klaus Ernst (als Mitglied im Beirat des Sparkassenverbands Bayern vergangenes Jahr 1650 Euro brutto) und der Sozialdemokrat Daniel Schneider, der, Kulturmanager von Beruf, an diversen Eventagenturen beteiligt ist. Unter den übrigen 110 Abgeordneten, die keine Nebeneinkünfte gemeldet haben, sind unter anderen der CDU-Mann Thorsten Frei, Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, sowie die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang.

„Sorgfalt vor Schnelligkeit“

Die Herstellung der erwünschten Transparenz wird sich laut Bundestagsverwaltung „in Einzelfällen“ weiter verzögern und komplett frühestens im Januar 2023 gewährleisten lassen. Ein voraussichtlicher Zeitpunkt „kann derzeit noch nicht abgesehen werden“, heißt es in einer Mitteilung aus der Stabsstelle der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD).

Als Gründe für die verzögerte Transparenz werden genannt: Die Bearbeitung der individuellen Erklärungen aller Abgeordneten sei „sehr viel umfangreicher und zeitlich aufwendiger als in der Vergangenheit“. Die Ausführungsbestimmungen seien außerdem erst Mitte Mai in Kraft getreten – vor sechs Monaten also. Aus dem Kleingedruckten der Transparenzregeln hätten sich „zahlreiche Anfragen“ ergeben. Zudem müsse die Datenbank, in der die Erklärungen zu den Nebeneinkünften gespeichert werden, neu programmiert werden. Mit Blick auf die Überprüfung der verschärften Regeln versichert die Bundestagsverwaltung jedenfalls: „Dabei geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.“

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass Herr Olav Gutting im Zeitraum von 2017 bis 2021 als Anwalt mit 37 Mandanten mindestens 800 000 bis 1 Million Euro dazuverdient hat. Richtig ist, dass er im Zeitraum 2017 bis 2021 als Anwalt mindestens 800 000 bis 1 Million Euro dazuverdient hat.