Geschafft! Die Wochen andauernde Jagd nach dem Rekord ist vorbei: NBA-Profi LeBron James steht allein an der Spitze Foto: dpa/Mark J. Terrill

Basketball-Superstar LeBron James bricht mit nun 38 390 Punkten den Allzeitrekord in der NBA und verkörpert alles, was an der modernen Sportwelt fasziniert. Ist er nun der GOAT? Noch vor Michael Jordan?

Im Moment des Abwurfes kann man für den Bruchteil einer Sekunde eine Stecknadel in der Arena fallen hören. Umso dröhnender ist der Lärm, als der Ball von LeBron James im Korb landet – und der für Jahrzehnte unantastbar scheinende Rekord von Basketball-Legende Karem Abdul-Jabbar gebrochen ist. In Los Angeles, unter den Hollywood Hills, schreibt LeBron James Sportgeschichte, im beinahe schon biblischen Basketball-Alter von 38 Jahren.

38 388 Punkte (am Ende der Partie sind es dann 38 390, so viele wie kein NBA-Profi vor ihm) hat der Superstar der Los Angeles Lakers nun. Logisch, in der Stadt der Engel und der Traumfabrik der Filmwelt wird dafür das Basketballspiel gegen die Oklahoma City Thunder am Dienstagabend (Ortszeit) unterbrochen. Der übertrumpfte Abdul-Jabbar, NBA-Chef Adam Silver, Mitspieler, James’ Familie und dazu noch gefühlt jede Hollywoodgröße, die in etwa weiß, worum es im Basketball geht – alle sind auf dem Feld und huldigen „King James“, wie sich der Basketballer selbst schon lange ganz unbescheiden nennt.

Werbeikone, Geschäftsmann, Filmemacher, Wohltäter und Basketballprofi

Es ist allerdings auch ein Titel, den sich der Jahrhundertsportler auf und abseits des Spielfeldes über mehr als 20 Jahre hart erarbeitet hat. Der Lakers-Profi ist Werbeikone, Geschäftsmann, Filmemacher, Wohltäter und Basketballprofi in einem. Manche sagen gar, der viermalige NBA-Champion sei der größte Spieler der Geschichte – das ist wohl Ansichtssache, er ist jedenfalls nachweislich der erste, dem es noch in seiner aktiven Karriere gelingt, in die Riege der Milliardäre aufzusteigen, so errechnet vom Wirtschaftsmagazin „Forbes“ im Frühjahr 2021.

James’ NBA-Gehalt von rund 41 Millionen Euro im Jahr spielt da nur eine Nebenrolle. Viel mehr Geld verdient er unter anderem mit einem lebenslangen Werbedeal beim Sportartikelhersteller Nike, Investmentbeteiligungen wie beispielsweise am FC Liverpool sowie als Produzent zahlreicher Hollywood- und Netflix-Produktionen. Als Mittelpunkt einer perfekt geölten Marketingmaschinerie hat sich James ein eigenes Wirtschaftsimperium erschaffen, das nirgends mehr Strahlkraft entwickeln könnte als unter den grellen Scheinwerferlichtern Hollywoods.

#striveforgreatness – das Streben nach Großartigkeit schreibt James seit Jahren unter seine Social-Media-Posts. Kaum ein Athlet geht so offen mit dem Selbstverständnis um, der Beste der Geschichte sein zu wollen. „Das ist sicherlich der coolste Rekord der Sportwelt, neben dem Homerun-Rekord im Baseball“, sagt James über die nun von ihm selbst aufgestellte Punktebestmarke in der NBA. Und auf die Frage, ob er denn der größte Basketballer sei, den die NBA je gesehen habe, antwortet er nach dem historischen Spiel: „Jeder hat seinen Favoriten, jeder entscheidet das für sich selbst. Ich weiß, was ich gebracht habe, und ich habe das Gefühl, dass ich der Beste bin, der dieses Spiel je gespielt hat.“

„Ich habe das Gefühl, dass ich der Beste bin, der dieses Spiel je gespielt hat.“

Es ist eben alles eine Frage der Perspektive. Mit 27,2 Punkten im Schnitt pro Partie rangiert er knapp drei Punkte hinter Michael Jordan (30,1). Aber zehn Finalteilnahmen in 20 Profijahren, 1410 Saisonspiele und dabei 38 390 erzielte Punkte: Mit diesen Statistiken verschiebt James Grenzen, die über Dekaden in Stein gemeißelt waren – sie machen zumindest für ihn die sechs Finalniederlagen vergessen, die er im Laufe seiner Karriere hinnehmen musste.

Im 20. Profijahr immer noch einer der besten Spieler der Welt

Es sind seine Beständigkeit und der Fakt, auch im 20. Profijahr mit 38 Jahren zu den besten Spielern der Welt zu gehören, die James von seinen Vorgängern unterscheiden. Und wo der vielleicht sportlich noch größere Michael Jordan sich bis heute schwertut, klare Kante gegen Rassismus zu zeigen, engagiert sich James für die Armen und Schwachen in den USA. Er baute in seinem Heimatstaat Ohio gar eine eigene Schule für benachteiligte Kinder („I promise School“) und streitet auch auf offener Bühne mit dem US-Präsidenten über das heikle Thema Polizeigewalt. All das läuft unter dem selbst entworfenen Marketingslogan „More than an athlete“, King James versteht sich als „mehr als ein Sportler“.

Das starke soziale Engagement mit seiner Stiftung und der Meistertitel 2016 nach seiner zwischenzeitlichen Rückkehr zu den Cleveland Cavaliers sichern ihm zumindest in Ohio den Titel des GOAT („greatest of all time“), des Größten aller Zeiten. Und sie lassen seinen unrühmlich inszenierten Abgang Richtung Miami aus dem Jahr 2010 vergessen. Selbstverständlich ist LeBron James, der seit 2018 für die Los Angeles Lakers Körbe erzielt, mittlerweile auch auf der Leinwand zu sehen: Wie schon sein Jugendidol Michael Jordan vor 25 Jahren spielt er sich selbst im Remake des Jordan-Filmklassikers „Space Jam“ an der Seite von Bugs Bunny. Wer der bessere Schauspieler ist, muss der Zuschauer für sich entscheiden.

„Unglaublich“, twitterte die deutsche Basketball-Ikone Dirk Nowitzki, übrigens auf Platz sechs bei den NBA-Karrierepunkten, nach dem Rekordspiel von King James – darin dürfte sich die Sportwelt einig sein.