Uwe Hück sorgt in der SPD für mächtig Wirbel. (Archivbild) Foto: dpa/Christoph Schmidt

Seine späte Karriere als Politiker verursacht Wirbel in der Südwest-SPD. Uwe Hück wird es zu eng in Pforzheim. Doch der hemdsärmelige Macher hat nicht nur Freunde in der Partei.

Pforzheim - Zurückhaltung ist nicht seine Art. Wenn Uwe Hück sich einmischt, dann richtig. In die Pforzheimer SPD ist der frühere Thaibox-Europameister und Porsche-Betriebsratschef so heftig hineingerauscht, dass der Kreisverband auseinanderzufliegen droht.

Fast zwei Dutzend langjährige Mitglieder wählen nach Monaten der Scharmützel jetzt einen ungewöhnlichen Weg, ihrem Ärger Luft zu machen. Sie veröffentlichen Anfang Juli einen offenen Brief als viertelseitige Anzeige in der „Pforzheimer Zeitung“. Sie werfen Hück vor, eine große Zahl neuer Mitglieder in die Partei gebracht zu haben, in einer geschlossenen Gruppe zu führen und damit einen Zersetzungsprozess in der Partei zu betreiben. Die SPD in Pforzheim werde „als eine völlig zerstrittene, martialisch auftretende Partei wahrgenommen, die von scheinbar progressiven Kräften permanent schlechtgeredet wird und in der parteiinterne verbale Bedrohungen und Beleidigungen hingenommen werden“.

Wie konnte es soweit kommen? Nachdem Hück von seiner einflussreichen Position als Vorsitzender des Porsche-Gesamtbetriebsrats zurückgetreten war, wollte er bei der Kommunalwahl im Mai 2019 mit einer eigenen Liste in Pforzheim antreten. SPD-Landeschef Andreas Stoch fing das langjährige Parteimitglied wieder ein, indem er ihm den roten Teppich ausrollte. Hück konnte anstelle einer ursprünglich vorgesehenen jungen Frau an der Spitze der SPD-Liste kandidieren und triumphierte mit den meisten Stimmen aller Kandidaten.

Wer erwartet hatte, dass es mit dem 58 Jahre alten Hück im Pforzheimer Gemeinderat turbulenter zugehen würde, sieht sich nicht getäuscht. Doch inzwischen ist klar, Hück will mehr. Zuerst erklärte er, für den Bundestag kandidieren zu wollen und sich dazu der Kandidatur gegen die erfahrene Abgeordnete Katja Mast zu stellen. Doch die kämpfte.

Die Vorgänge in ihrem Wahlkreis lassen die Bundestagsabgeordnete nicht kalt. „Es gibt einige politische Spielregeln. Wenn ich eine starke SPD will, sollte ich dafür sorgen, dass die SPD nach außen geschlossen auftritt“, sagt sie. Es wäre gut, gemeinsam an zentralen Themen zu arbeiten. „Da gibt es dann mehr wir und weniger ich.“ Mast selbst will die Debatten innerhalb der Partei austragen. Da gehörten sie hin.

Inzwischen scheint Hück auf den Landtag in Stuttgart zu blicken

Inzwischen scheint Hück eher auf den Landtag in Stuttgart zu blicken, der im nächsten März gewählt wird. „Die Basis entscheidet, in welche Richtung ich gehe. Die ersten Anzeichen sind klar, dass ich im Land bleibe“, sagt der 58-Jährige.

Der seit Jahrzehnten in Pforzheim verwurzelte Hück, der dort unter anderem eine Lernstiftung für Jugendliche betreibt, hat den Eindruck, dass einige in der SPD ihm nicht richtig zugehört haben: „Ich habe Anfang vergangenen Jahres offen und ehrlich gesagt, ich gehe in die Politik, um die Politik zu verändern. Das habe ich so gemeint, und das setze ich eins zu eins um.“

Der offene Brief der SPD-Mitglieder - Hück nennt sie Rentner - ist aus seiner Sicht eine Verzweiflungstat. „Die alte SPD ist eine Unterwerfungs-SPD und eine Angst-SPD.“ Die neuen Mitglieder, fast ein Drittel der gut 300 Sozialdemokraten in Pforzheim, wollten mit dieser alten SPD nichts zu tun haben. Die heutigen Funktionäre hätten sich von der Basis entfernt.

Unter den neuen Mitgliedern seien Unternehmer, Handwerker und Studenten. Viele seien bereits im Kommunalwahlkampf dabei gewesen. Die Autoren des offenen Briefes verkörpern nach Hücks Überzeugung die Vergangenheit. „Ich will die Zukunft gestalten mit den Menschen.“

Der Landesvorsitzende und Landtagsfraktionschef Andreas Stoch sagt, SPD-Landtagsmitglieder müssten sich in die Fraktion einfügen. Und mit Blick auf Hück: „Auch da hätte ich diese Erwartung und würde alles dafür tun, dass das so funktioniert“.

Stoch lobt Hücks Einsatz für junge Menschen. Aber: „Uwe Hück hat auch seine Ecken und Kanten.“ Die Ursache für Konflikte in der Gemeinderatsfraktion, im Orts- und Kreisverband könne er als Landesvorsitzender von außen nicht im Detail nachvollziehen. „In der Gemengelage bin ich schon ein bisschen ratlos über das, was da in den letzten Wochen und Monaten passiert ist, nämlich dass man so einen Konflikt dann auch in der Öffentlichkeit austrägt.“

Ist Hück mehr Chance oder Gefahr für die Pforzheimer SPD?

Stoch ruft alle Beteiligten zur Mäßigung auf: „Bitte löst eure Konflikte so schnell es geht und vor allem löst sie nicht auf dem Rücken der Partei.“ Generalsekretär Sascha Binder habe ein Schlichtungsgespräch angeboten. „Ich hoffe, dass wir den Konflikt in den Griff kriegen“, sagt Stoch. In jeder Organisation könne es mal krachen. Aber es gebe demokratische Spielregeln. „Darum geht es, dass sich alle an die Regeln halten.“

Der Pforzheimer Kreisvorsitzende Christoph Mährlein, der nur noch kommissarisch im Amt ist, hat sogar Verständnis, dass der Konflikt öffentlich und per Zeitungsanzeige ausgetragen wird. „Das ist zulässig.“

Ein Teil des Streits im Kreisvorstand rührt seiner Überzeugung nach daher, dass man sich nicht einig ist, wie die neuen Mitglieder integriert werden können. Natürlich würden Mehrheitsverhältnisse in der Kreispartei verschoben. „Ich kann die Bedenken sehr gut nachvollziehen.“ Er glaube aber nicht, dass der Prozess der SPD auf Dauer schade. „Es geht darum: Sind wir eine Partei, die in der Lage ist, sich von innen heraus zu erneuern?“ Hück sei der Katalysator für einen Generationenkonflikt.

Ist Hück mehr Chance oder Gefahr für die Pforzheimer SPD? „Wir sind zur Zeit auf einem Niveau, wo man nach unten so viel nicht mehr verlieren kann“, konstatiert Mährlein. Es komme darauf an, die anstehenden Nominierungen ohne unnötige Verletzungen hinzubekommen. „Es macht Sinn, dass wir als SPD versuchen, mit Uwe Hück als Zugpferd Wahlen zu gewinnen.“ Hück sei zwar nicht steuerbar. „Aber er ist berechenbar und verlässlich“, ist Mährlein überzeugt.

Bei Hans-Ulrich Rülke, der im Landtag die FDP-Fraktion und im Pforzheimer Gemeinderat eine Fraktionsgemeinschaft unter anderem aus FDP und Freien Wählern führt, kommt Hücks Art jedenfalls gut an. „Bei ihm ist erkennbar, dass er die rückwärtsgewandte Politik, die die Pforzheimer SPD so erfolglos gemacht hat, aufbrechen will.“ Er wolle eine ganz andere, eine neue SPD. „Ich wünsche ihm dabei Erfolg. Es kann nur besser werden.“