Zehntausende Schüler können auch in den Sommerferien Nachhilfe in der Schule bekommen. Foto: dpa/Monika Skolimowska

Hurra, endlich Ferien? Nicht so schnell! Die Corona-Krise hat Spuren hinterlassen bei vielen Kindern. Deshalb soll so mancher Nachzügler nun auf einen Teil seiner Freizeit im Sommer verzichten.

Stuttgart - Zehntausende Schüler sollen in den Sommerferien Wissenslücken schließen, die in der Corona-Pandemie entstanden sind. Das Kultusministerium hat am Freitag Details eines freiwilligen Nachhilfeprogramms vorgestellt.

Warum sollen die Schüler in den Ferien pauken?

Weil sie bedingt durch die Schulschließungen so manches verpasst haben an Stoff. Das hat nach Angaben des Kultusministeriums vor allem bei leistungsschwächeren Schülern zu Lernlücken geführt. Auch der Fernunterricht daheim konnte das nicht wettmachen. Das Ministerium bietet deshalb kostenlose Nachhilfe in den Ferien an und spricht dabei von „Lernbrücken“. Gemeint sind dabei Lern- und Förderkurse in den letzten beiden Wochen der Sommerferien. Das soll schwächeren Schülern ermöglichen, den Stoff aufzuholen und gut vorbereitet ins nächste Schuljahr zu starten.

An welche Schulen richtet sich das Angebot?

Es geht schwerpunktmäßig um Schüler an Grundschulen, in der Sekundarstufe I der weiterführenden Schulen, an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), Berufsfachschulen, Berufskollegs sowie beruflichen Gymnasien, die durch das Fernlernen schlecht oder nicht erreicht werden konnten.

Müssen alle Schüler in die Ferien-Nachhilfe?

Nein. Die Klassenlehrer entscheiden gemeinsam mit den Fachlehrern, welche Schüler Förderunterricht nötig haben. Es geht vor allem um Schüler, die in Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen aufholen müssen. Zu den Auswahlkriterien zählen schlechte Noten schon vor der Pandemie, schlechte Erreichbarkeit während der Schulschließung, Defizite im Fernlern- und Präsenzunterricht sowie eine erkennbare Gefahr des Wiederholens im nächsten Schuljahr.

Ist der Förderunterricht verpflichtend?

Nein. Es handelt sich um eine Empfehlung von der Schule, die der Klassenlehrer dem jeweiligen Schüler persönlich mitteilen wird. Das Kultusministerium betrachtet die Teilnahme an der Nachhilfe dann aber als „pädagogisch erforderlich und verbindlich eingeplant“. „Wir sind zuversichtlich, dass viele Eltern die pädagogische Empfehlung ernst nehmen“, sagt Ministerin Susanne Eisenmann (CDU). Das Ministerium rechnet damit, dass bis zu 150 000 Schüler die „Lernbrücken“ wahrnehmen könnten.

Wie wird die Nachhilfe konkret aussehen?

Die Kurse finden in der letzten und in der vorletzten Ferienwoche statt, also in den ersten beiden Septemberwochen. Drei Stunden pro Tag soll vormittags intensiv gebüffelt werden. Grundkompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathe stehen dabei im Fokus - an weiterführenden und beruflichen Schulen sind auch weitere Kernfächer möglich. Die Lerngruppen an den allgemeinbildenden Schulen sollen maximal 16 Schüler umfassen, an den beruflichen Schulen maximal 20. Je nach Teilnehmerzahl können auch jahrgangsübergreifende Lerngruppen gebildet werden. Die Förderkurse sollen in der Regel in den Räumen der sogenannten Stammschule stattfinden.

Und wer steht an der Tafel?

Vorzugsweise die Lehrer, die die jeweiligen Schüler bereits kennen oder im nächsten Schuljahr unterrichten werden. Allerdings werden auch die Pädagogen in den Sommerferien nicht zur Nachhilfe in die Klassenzimmer gezwungen. Der Einsatz soll freiwillig sein. Das Ministerium lockt allerdings mit 40 Euro „Aufwandsentschädigung“ pro Stunde - zusätzlich zum Gehalt. „Als kleines Honorar oben drauf“, sagt eine Sprecherin. Dabei gehe es um einen Anreiz und auch darum, das außerordentliche Engagement der Lehrer in den vergangenen Monaten zu honorieren.

Lehramtsbewerber, die bereits ein Einstellungsangebot zum kommenden Schuljahr in der Tasche haben, können für ihren Nachhilfe-Einsatz zudem schon früher in den Schuldienst des Landes eintreten. Auch Pädagogische Assistenten können die „Lernbrücken“ unterstützen. Der Aufruf an die Pädagogen, sich in solchen Kursen zu engagieren, laufe gerade an, heißt es aus dem Ministerium.

Was halten Gewerkschafter von dem Konzept?

Nicht viel - zumindest nicht Doro Moritz, die Landeschefin der GEW. Zum Teil hätten die Familien bereits ihre Sommerferien verplant, sagt sie. Die Ungleichheit unter den Schülern habe sich in der Corona-Zeit zwar massiv verschärft. Sie zweifle aber daran, dass das mit zwei Wochen Nachhilfe in Deutsch und Mathe aufgeholt werden könne. Moritz fordert hingegen ein verpflichtendes Förderkonzept für das nächste Schuljahr. Für das brauche es mehr Personal - etwa zusätzliche Pädagogische Assistenten und Lehramtsstudenten.

Und wie viel kostet das Ganze?

Für das Förderangebot nimmt das Kultusministerium nach eigenen Angaben rund 13 Millionen Euro in die Hand.