Im CBD-Shop „Hanf im Glück“ in Stuttgart fand am 9. November eine Razzia statt. (Archivbild) Foto: Hanf im Glück

Nach der Razzia im CBD-Shop „Hanf im Glück“ erheben die Betreiber des Geschäfts schwere Vorwürfe gegen die Stuttgarter Polizei, von massiven Einschüchterungsversuchen ist die Rede. Dabei seien die beschlagnahmten Produkte absolut legal.

Stuttgart - Nach einer Razzia beim Hanfladen „Hanf im Glück“ im Stuttgarter Stadtzentrum erheben die Shop-Betreiber erhebliche Vorwürfe gegen die Polizei. Der Einsatz am 9. November, bei dem der Geschäftsführer Christopher Spross festgenommen, Räume durchsucht und Produkte beschlagnahmt worden waren, sei nicht nur ein Angriff auf den Laden und dessen Mitarbeiter, sondern „auf die gesamte CBD-Branche und all unsere Kunden.“

Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Monate hatten die Ermittler auf Antrag der Stuttgarter Staatsanwaltschaft den Laden durchsucht und Beweismaterial gesichert. Stein des Anstoßes waren – wie schon bei den Razzien zuvor – Produkte, die von der Polizei als „CBD-Marihuana“ sowie „CBD-Haschisch“ bezeichnet werden. Diese Produkte wurden im Zuge der Razzia beschlagnahmt, weil es sich dabei um illegale Rauschmittel handeln soll. Dies sehen die Betreiber des Shops allerdings vollkommen anders.

Gesetzeslage zum Thema Nutzhanf

Ein Grund für diese konträren Sichtweisen ist wohl, dass die Gesetzeslage zum Thema Nutzhanf in Deutschland nicht gerade eindeutig ist. Cannabis-Pflanzen sind laut Betäubungsmittelgesetz (BtmG) von eben diesem ausgenommen und damit legal, wenn „sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Sorten stammen, die […] im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind, oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol [THC, psychoaktiver Bestandteil von Cannabis, Anm. d. Red.] 0,2 Prozent nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen“.

Bei den Produkten, die im „Hanf im Glück“-Shop vertrieben werden, handelt es sich laut Betreiber um derartige Ausnahmen. „Wir haben nur EU-zertifiziertes Saatgut, das so gezüchtet wurde, dass ein Missbrauch zu Rauschzwecken schon im Vorfeld ausgeschlossen ist“, erklärt Spross. Dadurch werde einem möglichen Missbrauch ein zusätzlicher Riegel vorgeschoben. Der Argumentation der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, dass die Kundschaft des Shops sich mit solchen Produkten berauschen könne, widerspricht der Geschäftsführer vehement: „Generell wäre es interessant zu erfahren, wie genau man sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft mit solchen Produkten berauschen können soll“. Die Menge an CBD-Blüten, die man bräuchte, um genug THC für einen Rausch zu extrahieren, würde nicht nur die Vorräte im Shop übersteigen, sondern wäre im Einkauf und der Herstellung selbst auch so teuer, dass sich das niemand leisten könnte, so der „Hanf im Glück“-Chef.

Vor diesem Hintergrund seien auch die Bezeichnungen „CBD-Marihuana“ und „CBD-Haschisch“ falsch, denn in regulärem Marihuana und Haschisch befindet sich so viel THC, dass diese unter das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) fallen. Die richtigen Begriffe für die im Shop vertriebenen Produkte seien folglich „CBD-Hanf“ beziehungsweise „CBD-Pollinat“. Laut Shop-Betreiber hat sich die Polizei besonders an dem Pollinat gestört, da den Beamten offenbar nicht bewusst gewesen sei, dass in CBD-Pollinaten im Gegensatz zu regulärem Haschisch kein THC-haltiges Harz vorkomme.

Mitarbeiter müssen nach Razzia um ihre Jobs bangen

Die Beschlagnahme besagter Produkte ist das eine, die Art und Weise, wie die Polizei eine solche Razzia durchführt, das andere – im Fall der Dursuchung des Hanfshops am 9. November erhebt das Team von „Hanf im Glück“ nun schwere Vorwürfe gegen die Stuttgarter Polizei. Während der Razzia sollen die Beamten demnach einem Mitarbeiter, der seit vielen Jahren legal in Deutschland lebe und arbeite, mit der Ausländerbehörde gedroht haben, um dessen Abschiebung zu erreichen. Auch der 29-jährige Geschäftsführer, den ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das BtmG erwartet, sei massiv unter Druck gesetzt worden. „Mir wurde angedroht, man würde meine kleine Schwester, die völlig unbeteiligt am Geschäft ist und sich nur zufällig bei mir zuhause aufgehalten hat, ebenfalls verhaften, wenn ich nicht kooperieren würde“, berichtet Christopher Spross.

Beim Haftprüfungstermin sei der 29-Jährige mit einer mehrmonatigen Untersuchungshaft bedroht worden, wenn er keine Verzichtserklärung unterschreibe, die besagt, dass er keine Blüten und Pollinate mehr verkauft. „Für die Stuttgarter Polizei geht es hier offensichtlich nicht mehr um Recht oder Unrecht, sondern einfach nur noch darum, das Thema CBD aus dem Weg zu schaffen - und das mit Mitteln, die jeden vernünftigen Menschen an den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zweifeln lassen“, heißt es außerdem in einem Instagram-Post des Geschäfts.

Polizei: „Anschuldigungen sind komplett haltlos“

Konfrontiert mit diesen Vorwürfen, widerspricht die Stuttgarter Polizei den Darstellungen. „Diese Anschuldigungen sind komplett haltlos und entbehren jeglicher Grundlage“, erklärt Polizeisprecher Stephan Widmann nach Rücksprache mit den bei der Razzia eingesetzten Beamten. Während der Razzia sei es zu keiner Zeit zu solchen Einschüchterungsversuchen gekommen.

Während damit also Aussage gegen Aussage steht, müssen die „Hanf im Glück“-Mitarbeiter in der gegenwärtigen Situation auch um ihre Jobs bangen, nicht zuletzt weil der Shop zurzeit nur einen Bruchteil seiner Produkte im Angebot hat, nachdem die beschlagnahmte Ware vorerst aus dem Sortiment gestrichen wurde. „Wie jedes andere Unternehmen haben wir Mitarbeiter, laufende Kosten und zahlen ganz regulär unsere Steuern und Sozialversicherungsbeiträge – dennoch wird die Zerstörung unserer wirtschaftlichen Existenz inmitten der Coronakrise mutwillig in Kauf genommen, während das gesamte Team wie Kriminelle behandelt wird“, sagt Spross – und ergänzt: „Was aus unserer Sicht sehr schade ist, ist die Tatsache, dass wir mehrfach angeboten haben, die Thematik in einem offenen Dialog zu klären anstatt auf eine solche Weise“.

Wie gehen die Betroffenen mit dieser Situation nun um? „Wir werden das gezwungenermaßen vor Gericht austragen müssen. Mitstreiter haben wir sehr viele: andere Shops, der Deutsche Hanfverband, einige Medien, Anwälte, Vertreter aus der Politik und natürlich unsere Kunden, deren Support für uns beziehungsweise deren Fassungslosigkeit über diese Maßnahmen, uns wirklich mehr als überrascht haben“, gibt der Geschäftsführer zu verstehen.