Einen Ausbildungsplatz zu finden ist für viele Jugendliche nicht leicht. Foto: imago/Monkey Business 2

In der Landeshauptstadt hält man den Förderstopp des Landes bei der Berufseinstiegsbegleitung für schwache Schüler für falsch. Stuttgart will das Erfolgsmodell weiterführen und damit landesweit Vorreiter werden.

Das Land ist aus der Berufseinstiegsbegleitung ausgestiegen, aber Stuttgart will an dieser ganz speziellen, individuellen Unterstützung für schwache Werkreal- und Gemeinschaftsschüler festhalten. Dieses Signal kam jetzt fraktions- und trägerübergreifend aus dem Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats. Auch Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) positionierte sich klar: „Wir halten die Berufseinstiegsbegleitung für unerlässlich. Die Erfahrungen, die wir damit gemacht haben, waren gut – aus dem Programm auszusteigen ist das falsche Signal.“ Denn, so Fezer: „Wir haben Fachkräftemangel an allen Ecken und Enden.“ Da sei man froh um jeden Jugendlichen, der nicht verloren gehe.

Ausstieg hat Schulen „wie ein Erdbeben“ getroffen

Zuvor hatte der städtische Jugendhilfeplaner Oliver Herweg berichtet, welche Wellen der Ausstieg des Landes bei den Stuttgarter Schulen hervorgerufen habe – „wie ein Erdbeben“. Denn das Alleinstellungsmerkmal dieses Programms sei, dass es die Schüler – ursprünglich auch schon Achtklässler – bis hinein in den Beruf begleite. Und dass es in Stuttgart durch die Trägerschaft von Evangelischer Gesellschaft, Caritas und Jugendhaus Gesellschaft einen „geschmeidigen Übergang zur Schulsozialarbeit“ gebe. Aktuell würden noch 210 Schüler aus 15 Schulen gefördert, allerdings nur noch bis maximal Anfang 2024. Vor einer Neuausschreibung schlug Herweg vor, das Programm noch mal neu zu sortieren und auf den Bedarf abzustimmen – gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, die das Programm bisher zu 50 Prozent finanziert hat sowie mit Schulsozialarbeit und Schulen; die andere Hälfte teilten sich das Land und die Stadt Stuttgart.

Der Vorschlag fand auch beim Jugendhilfeausschuss Anklang. Auch bei Vittorio Lazaridis (Grüne), der zwar als Stadtrat dort sitzt, aber hauptberuflich als Abteilungsleiter im Kultusministerium arbeitet – „bei mir ist das Telefon nicht stillgestanden“. Die Behörde sei ausgestiegen, weil die Berufseinstiegsbegleitung im Land kein Erfolgsmodell sei. Und zwar „weil die meisten Kommunen es gar nicht gemacht haben“, so Lazaridis. Aber: „Wir sind auf dem richtigen Weg in Stuttgart.“ Jetzt gehe es darum, gemeinsam mit den Trägern ein auf Stuttgart zugeschnittenes Programm zu entwickeln. Man müsse „aus dieser Krise eine Chance kreieren“. Die Begleitung der jungen Menschen in Stuttgart müsse auch weiterhin gewährleistet sein, dann eben mit den neuen Rahmenbedingungen.

Jetzt soll die Stadt Stuttgart eine „kreative Lösung“ finden

So sehen es auch die anderen Fraktionen. „Es ist nicht egal, ob wir in Hintertupfingen sind oder in Stuttgart“, sagte Iris Ripsam (CDU) und verwies auf die Sonderstellung Stuttgarts im Land. Jasmin Meergans (SPD), die sich mit ihrer Fraktion bereits zuvor für den Erhalt des Programms starkgemacht hatte, ebenso wie die Landtagsabgeordnete Katrin Steinhülb-Joos, kritisierte Kultusministerin Theresa Schopper: „Das Land springt rein, macht die Förderbedingungen kaputt und geht wieder raus – und jetzt stehen die jungen Menschen ohne Begleitung da“. Meergans bat um eine „kreative Lösung“ seitens der Stadtverwaltung. Fezer versprach: „Wir gucken mal, wie wir kurzfristig was hinbekommen können.“ Denn Tilman Betz von der Berufsberatung der Agentur für Arbeit hatte erklärt, seine Behörde könne wegen des langen Vorlaufs bei Finanzierung und Vergaberichtlinien „an dieser Schraube nicht drehen“.

Auch Klaus Käpplinger von der Eva drückte aufs Tempo: Bis zum nächsten Doppelhaushalt müsse eine Lösung her. „Das Dilemma ist: es gehen uns zu viele Jugendliche zum Ende der Schulzeit verloren.“ Die Schulen könnten diese Art der Förderung nicht leisten. Auch Ingo-Felix Meier von der Jugendhaus Gesellschaft verwies auf den großen Bedarf – seitens der Schüler, aber auch des Arbeitsmarkts. Fezer appellierte an die Arbeitsagentur, doch weiter an Bord zu bleiben, und ans Land: Es habe nun die Chance, aus dem Stuttgarter Beispiel zu lernen.