Nach mehr als 58 Jahren im Gefängnis, kommt ein 84-Jähriger frei (Archivbild). Foto: dpa/Uwe Anspach

Fast sein ganzes Leben verbrachte ein 84 Jahre alter Mann im Gefängnis. Seine Anwälte hatten sich lange um seine Entlassung bemüht. Nach fast 60 Jahren ist es so weit.

Karlsruhe - Ein Doppelmord brachte ihn als jungen Menschen ins Gefängnis - nun kommt ein 84-Jähriger nach fast 60 Jahren Haft frei. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ordnete nach Angaben vom Dienstag seine Entlassung aus der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal bei Karlsruhe an. Dort saß der Mann viele Jahre ein, nachdem er zuvor in Berlin im Gefängnis war - insgesamt über 58 Jahre. Er ist zumindest in Baden-Württemberg der am längsten einsitzende Häftling, wie eine Sprecherin des Justizministeriums in Stuttgart sagte.

„Ich gehe davon aus, dass er sich freut und die Zeit, die ihm bleibt, zu nutzen weiß“, sagte seine Karlsruher Anwältin Angela Maeß der Deutschen Presse-Agentur. Die zuständigen Gerichte hatten in den Jahren zuvor mehrmals Anträge auf Aussetzung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt. Zuletzt wies das Landgericht Karlsruhe im Mai vergangenen Jahres das Ansinnen des Mannes ab. Dagegen hatte Maeß Beschwerde eingelegt - diesmal mit Erfolg. Das OLG gab dem Antrag mit Beschluss vom 17. März statt.

Urteil fiel am 30. Mai 1963

Der Mann war nach OLG-Angaben am 30. Mai 1963 vom Landgericht Berlin wegen zweifachen Mordes verurteilt worden. Er hatte ein Paar in dessen Auto überfallen und später erschossen. Damals kam er in Berlin ins Gefängnis. Erst 25 Jahre alt war er da. Später saß er in Bruchsal ein. Dort hatte er sich zuletzt auch in therapeutische Behandlung begeben. „Das hat ihm sehr gut getan“, wie Maeß weiter sagte.

Wann genau er entlassen wird, wurde aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt. Gesetzlich vorgeschriebene Fristen dafür gebe es nicht, sagte ein OLG-Sprecher. Bis zur Entlassung werde der 84-Jährige nun in den Genuss sogenannter vollzugsöffnender Maßnahmen kommen - sprich Ausführungen in Freiheit oder auch unbegleitete Ausgänge, sagte der Sprecher weiter. „Nach dieser langen Haft braucht er eine gewisse Vorbereitungszeit, um sich an ein Leben in Freiheit zu gewöhnen“, betonte auch seine Anwältin. „Mein Mandant wäre sonst aufgeschmissen.“ Er habe aber Ziele und Pläne und auch Kontakte nach draußen.

Für seine Entscheidung hatte sich das OLG auf ein Sachverständigengutachten bezogen, das auch dem Landgericht vorgelegen hatte. Allerdings sei man zu einer anderen Einschätzung gekommen als die Vorinstanz. „Es ist immer das Interesse abzuwägen, wieder in Freiheit zu kommen, gegen die Gefährlichkeitsprognose“, sagte der OLG-Sprecher.

Lebenslang bedeutet, dass die Strafe nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden und der Verurteilte in die Freiheit entlassen werden kann. Gute Führung ist die Basis; die Bedingung für die Freiheit ist aber vor allem eine günstige Sozialprognose. Gutachter überprüfen dann, ob der Antragsteller noch gefährlich ist oder nicht. Wird der Antrag auf Entlassung abgelehnt, kann der Häftling alle zwei Jahre einen neuen stellen. Wurde bereits bei der Verurteilung die besondere Schwere der Schuld festgestellt, gelten andere Regeln.