Die Stadt Ludwigsburg spendiert Bürgern eine Beratung bei einem Architekten, das Ziel: Aus den Einfamilienhäusern der Stadt mehr Wohnraum gewinnen. Egal ob Keller, Dach oder Anbau – da ist Vieles möglich, es gibt aber auch Stolperfallen.
Laut dem Statistischen Bundesamt gibt es in Deutschland rund 16,3 Millionen Einfamilienhäuser. Wenn in jedem durchschnittlich vier Personen wohnen würden, hätten allein in diesen Einfamilienhäusern 77 Prozent aller Bundesbürger Platz. Die Realität ist jedoch eine andere, in Deutschland leben viele Menschen auf zu viel Raum – mit fatalen Auswirkungen für den Wohnungsmarkt.
Die Stadt Ludwigsburg steuert dagegen und animiert Eigentümer dazu, ihre Immobile aufzuteilen und diese Teile zu vermieten. Wohnraumaufteilung kann gelingen, sagen zwei Ludwigsburger Architekten – auf dem Weg lauern aber viele Hürden.
Wie funktioniert die Beratung?
Die sogenannte Beratungsprämie ist Teil der Wohnraumoffensive der Landesregierung Baden-Württemberg. Die Stadt Ludwigsburg spendiert mit dieser Landesprämie Bürgern eine Erstberatung bei einem Architekten im Wert von 320 Euro. Bei diesem Termin soll der Architekt dem Hauseigentümer aufzeigen, ob und wie seine Immobilie so umgebaut werden kann, dass darin weitere Wohneinheiten entstehen.
Wie wird das Angebot bisher angenommen?
Die Beratungsprämie der Stadt Ludwigsburg wurde Anfang des Jahres gestartet und vor kurzem um zwei weitere Jahre verlängert. Bisher erreichten die Stadt Ludwigsburg 19 Anfragen, aus denen sich schließlich elf Beratungen mit Architekten ergaben. Angesichts der rund 7000 Einfamilienhäusern auf Ludwigsburger Gemarkung eine schwache Nachfrage.
Erschwerend kommt hinzu, dass nur bei rund der Hälfte der Beratungen eine Lösung für die Wohnraumerweiterung herauskommt. Bei der anderen Hälfte gibt es keine Möglichkeiten zu Erweiterung – oder die Maßnahmen sind so aufwendig und teuer, dass diese nicht infrage kommen.
Warum ist das Angebot wichtig?
Trotz der geringen Nachfrage sei die Beratungsprämie wichtig, sagt die Ludwigsburger Architektin Claudia Bauer. Ungenutzte Flächen seien ein entscheidender Grund für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt. Mit Projekten wie der Beratungsprämie schaffe man Bewusstsein bei Eigentümern, den Wohnraum effizienter zu nutzen. Bauer begrüßt zudem die Verlängerung der Prämie um weitere zwei Jahre: „Die Wirkung wird sich erst auf lange Sicht zeigen.“
So sinnvoll ist neuer Wohnraum im Untergeschoss?
Eine häufige Maßnahme, um mehr Wohnraum in einer Immobilie zu schaffen, ist der Ausbau des Untergeschosses. Gerade, wenn dieses nicht komplett unter der Erde liegt. Bereits vorhandene Kellerfenster können ausgeschachtet und vergrößert werden, sagt der Ludwigsburger Architekt Walter Henger. An ein, zwei Stellen wird dann so tief in die Erde gebuddelt, dass bodenhohe Fenster und eine Untergeschoss-Terrasse gebaut werden können.
Eine ausreichende Belichtung sei eine der großen Herausforderungen, sagt Henger. Zudem haben Untergeschoss-Wohnungen meistens eine kleine Fläche und niedrige Decken. Vorteile sind jedoch der überschaubare Aufwand und dass ein separater Eingang unkompliziert angebaut werden kann, so dass sich Eigentümer und Mieter nicht ständig begegnen.
So sinnvoll ist ein Dachausbau?
Walter Henger sieht das größtes Potenzial in ungenutzten Dachgeschossen, denn in vielen Wohnhäusern des vergangenen Jahrhunderts wird der Wohnraum derzeit noch nicht bis unter den Giebel genutzt. Der Ausbau dieser Flächen ist grundsätzlich machbar und bezahlbar – es gibt aber viele Hürden. Zum einen komme häufig die fehlende Haustechnik in die Quere, wichtige Strom- und Wasserleitungen müssen dann aufwendig verlängert werden. Auch der Brand- und Schallschutz werde in Dachausbauten gerne mal zum Hindernis, sagt Henger.
Claudia Bauer mahnt zudem, dass neue Dachgeschosswohnungen häufig am Treppenhaus scheitern. Das muss so gelegen sein, dass die Dachwohnung für Mieter, die eigenen Kinder oder Enkel separat erreichbar ist. Eine Lösung für das Problem seien neue Treppenhäuser entlang der Hausfassade – die seien jedoch aufwendig und teuer.
Wie lässt sich Wohnraum sinnvoll teilen?
Die Maßnahmen zur Wohnraumaufteilung lassen sich nicht in Schubladen packen, manchmal ergeben sich auch simple und offensichtliche Lösungen. „Wir hatten ein Projekt, bei dem wir ein großes Einfamilienhaus einfach in zwei Haushälften teilen konnten“, berichtet Claudia Bauer. Walter Henger kombinierte mehrere Maßnahmen, um aus einem Besigheimer Zweifamilienhaus eines für fünf Parteien zu machen. Das Untergeschoss sei dank einer Hanglage schnell ausgebaut gewesen, es entstand ein kleiner Anbau, zudem wurde das Dachgeschoss zu einer Maisonettewohnung ausgebaut.
Wenn die Treppe direkt am Eingang liegt, es in jedem Stockwerk Zugang zu Wasser, Strom und Gas gibt und Platz um das Haus vorhanden ist, lassen sich Lösungen finden, sagen die beiden Architekten. Beliebt sei beispielsweise ein Konzept, bei dem sich Rentner verkleinern, sich auf die Fläche im Erdgeschoss beschränken und dieses mit einem Anbau erweitern. Die nachfolgende Generation zieht derweil in den zweiten Stock, baut diesen zu einer Maisonettewohnung bis unters Dach aus und richtet sich auf der Oberfläche des neuen Erdgeschossanbaus eine Dachterrasse ein.
Wie viel kostet das alles?
Durchschnittliche Kosten für eine Wohnraumerweiterung könne sie nicht nennen, sagt Claudia Bauer. Das komme immer auf die Maßnahme, auf die Bausubstanz und die Extrawünsche der Eigentümer an. Auch Walter Henger betont, dass die Kosten stark variieren, mit mindestens 50 000 Euro müsste man aber auf jeden Fall rechnen. Der Vorteil: Nach einer ersten Untersuchung der Immobilie würden sich die Kosten recht gut abschätzen lassen. Eigentümer wissen also, worauf sie sich einlassen.