Zwei Kommunen im Kreis Ludwigsburg bauen Container ab, in denen Geflüchtete wohnen. Was steckt dahinter?
Das Wohnen zu zweit oder dritt in einem 13 Quadratmeter engen Baucontainer hat mit Tiny-House-Romantik wenig zu tun. Oft leben Geflüchtete und deren Familien in solchen Behausungen mit geringen Rückzugsmöglichkeiten bei Wind und Wetter zusammen. In Steinheim und in Murr werden diese Container nun abgebaut. Es ist in beiden Kommunen ein Schritt, der nicht nur etwas mit Menschenliebe zu tun hat.
Der Container-Rückbau bringt der Gemeinde Murr einiges an Geld. „Wir zahlen aktuell 6000 Euro Miete im Monat“, sagt der Bürgermeister Torsten Bartzsch, der mit seinem Gemeinderat am Dienstag den Beschluss zum Abbau fasste. Insgesamt 32 Container hatte die Gemeinde im Herbst 2023 für etwa 60 bis 70 Geflüchtete aufstellen lassen. Die Erschließungskosten lagen bei 185.000 Euro, die Jahresmiete bei 150.000 Euro. Die obere Reihe mit 16 Containern sei Ende 2024 entfernt worden – der Rückbau der unteren ist nun bis 31. Oktober beschlossene Sache.
Bis dahin werde die Gemeinde Murr es geschafft haben, die Geflüchteten in feste Unterkünfte umzusiedeln. Laut Bartzsch reichten die Kapazitäten für aktuell 56 Personen in den gemeindeeigenen Immobilien aus. „Wir müssen keine neuen Wohnungen erwerben oder anmieten.“ Generell seien die Ausgaben für die Anschlussunterbringung hoch. „Wir hatten in den letzten drei Jahren Kosten von 700.000 Euro, weil wir in den Jahren 2023/24 teilweise 180 Flüchtlinge gleichzeitig unterbringen mussten.“
Rund um die Container in Murr blieb alles ruhig
Die Befürchtungen von etwa 70 Anwohnern, die vor zwei Jahren eine Unterschriftenliste gegen die Container an der Ecke Heerstraße/Mühlwengert in Gang setzten und wegen eines Anstiegs der Kriminalität in Sorge waren, haben sich laut Bartzsch nicht bestätigt. „Es ist alles ruhig geblieben.“ Andere Erfahrungen sammelte die Stadt Kornwestheim mit einer problematischen Unterkunft, in der neun Asylbewerber, zehn Obdachlose und ein ukrainischer Geflüchteter wohnten.
Es kommen weniger Ukrainer als 2023 an
War der Druck durch den Ukraine-Krieg im Jahr 2023 noch hoch, sinken die Zahlen offenbar jetzt. „Bei uns kommen weniger Geflüchtete an“, sagt Thomas Winterhalter, Bürgermeister von Steinheim. Die Zahl der Asylbewerber nahm von 60 im Jahr 2023 auf 26 in diesem Jahr ab. Rückläufig ist laut Winterhalter auch die Zahl der Ukrainer von 29 im Jahr 2023 auf nunmehr 17 in diesem Jahr.
Folglich lässt Thomas Winterhalter die Container bei der Melchior-Jäger-Halle in Höpfigheim abbauen. Sie könnten maximal 30 Bewohnern als Unterkunft dienen, wären aber nun unbewohnt. „Wir können es uns nicht leisten, sie leer stehen zu lassen“, sagt Winterhalter, der die Fundamente für alle Fälle bestehen lässt und ausdrücklich seine Mitarbeiter lobt: „Sie sind sehr engagiert, dass eingewiesene Personen schnellst möglich private Wohnungen finden und somit unsere Räumlichkeiten wieder frei werden.“
Die Nachfrage von Kommunen nach Mietcontainern ist gesunken
Die Nachfrage nach Mietcontainern für Geflüchtete durch Kommunen sei in diesem Jahr stark zurückgegangen, erklärt Michael Förster, der bei der Stuttgarter Firma Mietpark Engelhardt die Vermietung leitet und auch die Container in Murr und Steinheim angeliefert hatte. „Es gibt praktisch keine Anfragen für das Jahr 2026.“
Gleichwohl könne man nicht pauschal sagen, dass es in jeder Kommune jetzt keine zahlenmäßigen Probleme bei der Unterbringung gebe, sagt Förster. So liefere man demnächst Mietcontainer nach Obersulm. In Steinheim und Murr seien offenbar auf der Basis des Verteilschlüssels genügend Menschen aufgenommen worden, und es gebe genügend Wohnraum. Jede Kommune habe ihr eigenes Szenario.
Ein frisch gebautes Flüchtlingsheim in Marbach steht leer
Das trifft auch auf die Stadt Marbach zu. Sie hatte für 3,2 Millionen Euro ein Flüchtlingheim an der Wildermuthstraße bauen lassen. Es steht leer – nun überlegt die Verwaltung, das Gebäude anderweitig zu nutzen. Sie muss aber im Blick behalten, dass die Unterkunft des Landkreises für Geflüchtete im ehemaligen Krankenhaus endlich ist. „Das Areal soll zeitnah von den Kliniken veräußert werden“, sagt der Marbacher Bürgermeister Jan Trost – und kündigt an, bis zum Jahresende eine Entscheidung über das Flüchtlingsheim in der Wildermuthstraße treffen zu wollen.
In Ludwigsburg hatte zuletzt der Beschluss eines Ratsausschuss den geplanten Bau eines Flüchtlingsheims in Modulbauweise in Hoheneck gekippt. Die Barockstadt hinkte zurück und brauchte Kapazitäten. Das Heim hätte rund 100 Plätze gebracht. Doch der Druck von Seiten der Anwohner auf die Lokalpolitik war offenbar zu groß. Die Stadt hatte im Jahr 2024 Abstand davon genommen, an fünf Standorten Container-Unterkünfte einzurichten, da man feste, dezentrale Einrichtungen bevorzuge.
Die Großwetterlage in der Flüchtlingspolitik hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Weniger Menschen kämen in den Landkreis Ludwigsburg, teilt das Landratsamt Ludwigsburg mit: „Die Flüchtlingszahlen sind im Vergleich zum Jahr 2023 deutlich zurückgegangen und haben sich zwischenzeitlich auf einem niedrigen Niveau stabilisiert.“ Mögliche Gründe seien schärfere Grenzkontrollen und die Bezahlkarte für das Bürgergeld – darüber lägen aber keine belastbaren Informationen vor.
Wie viele Geflüchtete kommen an?
Aktuell
Dem Landkreis Ludwigsburg werden aktuell wöchentlich rund 20 Geflüchtete in die vorläufige Unterbringung zugewiesen, davon 14 aus der Ukraine, teilt das Landratsamt mit. Im laufenden Jahr 2025 sind 517 Personen angekommen, davon 325 ukrainische.
Früher
Noch im Jahr 2023 kamen 4162 Geflüchtete in die Unterbringung des Landkreises. Davon waren 1860 ukrainisch. Im selben Jahr wechselten 3801 Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung der Kommunen – von ihnen waren ebenfalls 1860 ukrainisch. Die Zahlen für beide Arten der Unterbringung sanken im Jahr 2024 auf ein Niveau von jeweils rund 2500 Geflüchteten, von denen jeweils 1140 ukrainisch waren.