Anhänger von John Fetterman feiern den Erfolg in Pennsylvania. Foto: AFP/ANGELA WEISS

Viele Umfragen haben für die Demokraten bei den „Midterms“ schwere Verluste vorausgesagt. Erwartet wurde eine sogenannte rote Welle für die Republikaner. Doch die dürften sich zu früh gefreut haben - es läuft nicht so gut wie gedacht.

Bei den wichtigen Zwischenwahlen haben sich die Demokraten von US-Präsident Joe Biden deutlich besser geschlagen als erwartet. Ein vorhergesagter überwältigender Sieg der Republikaner zeichnete sich bei der Auszählung der Stimmen in der Nacht zu Mittwoch (Ortszeit) zunächst nicht ab. Die Demokraten konnten wichtige Erfolge erzielen - und etwa im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania den Republikanern einen Senatssitz abnehmen. Welche Partei die Mehrheit in den beiden Kammern des US-Kongresses übernimmt, war aber noch offen. Allerdings deutete sich im Repräsentantenhaus ein knapper Vorsprung für die Republikaner an.

„Es ist klar, dass wir das Haus zurückerobern werden“

Bei den „Midterms“ in der Mitte der vierjährigen Amtszeit von Präsident Joe Biden standen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl und 35 der 100 Sitze im Senat, der zweiten Kammer des US-Parlaments. Die Republikaner müssten netto einen Sitz im Senat und fünf Sitze im Abgeordnetenhaus hinzugewinnen, um in beiden Kammern eine Mehrheit zu erlangen. Auch über zahlreiche Gouverneursposten und andere wichtige Ämter in den Bundesstaaten wurde bei den Wahlen abgestimmt.

Im Repräsentantenhaus rechnen die Republikaner weiter damit, genügend Sitze für eine Mehrheit zu gewinnen. Allerdings könnte das Ergebnis deutlich knapper ausfallen als erwartet. „Es ist klar, dass wir das Haus zurückerobern werden“, sagte der Fraktionsführer der Republikaner, Kevin McCarthy, in der Wahlnacht. Er will die Demokratin Nancy Pelosi von ihrem wichtigen Posten als Vorsitzende des Repräsentantenhauses ablösen. Wer den Vorsitz innehat, ist Nummer drei der staatlichen Rangfolge nach dem US-Präsidenten und dessen Vize. Für McCarthy bedeutet ein knappes Ergebnis, dass es besonders schwer für ihn sein wird, die zersplitterte Partei hinter sich zu vereinen.

TV-Arzt Mehmet Oz verliert

Im Senat hingegen standen in der Nacht noch die Ergebnisse wichtiger Rennen aus - darunter in Nevada oder Georgia. Die Demokraten feierten daher den Sieg ihres Kandidaten John Fetterman in Pennsylvania umso mehr. Der progressive Fetterman setzte sich dort gegen den TV-Arzt Mehmet Oz durch, der von Ex-Präsident Donald Trump unterstützt wurde. Die Demokraten müssen im Senat die zur Wahl stehenden Sitze verteidigen oder den Republikanern Mandate abknöpfen, um ihre hauchdünne Mehrheit nicht zu verlieren. Dass sie den Republikanern einen der 100 Sitze abgenommen haben, ist ein großer Erfolg für die Partei.

Rückenwind für Joe Biden?

Bei den Zwischenwahlen bekommt die Partei des Präsidenten üblicherweise einen Denkzettel verpasst. Sollte Bidens Partei nun wirklich viel besser abschneiden als zuvor erwartet, würde das dem 79 Jahre alten Präsidenten, der mit schlechten Beliebtheitswerten kämpft, Rückenwind geben. Ein Erfolg für die Partei war auch der Sieg der Demokratin Gretchen Whitmer im Bundesstaat Michigan. Sie setzte sich gegen eine Trump-Anhängerin durch und wurde erneut zur Gouverneurin gewählt. Whitmer war vor der Wahl 2020 in der engeren Auswahl Joe Bidens als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft. Für viele Republikanerinnen und Republikaner ist sie ein Feindbild.

Doch auch die Republikaner haben Erfolge zu vermelden. Für die Partei ist der bisherige Sieger der Wahlnacht Ron DeSantis. Er wurde als Gouverneur von Florida klar wiedergewählt. Der 44-Jährige gilt innerparteilich als größter Rivale von Trump. Der Ex-Präsident hatte DeSantis am Dienstag noch gedroht, falls dieser 2024 ins Rennen ums Weiße Haus einsteigen sollte. Er könne über DeSantis „Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind“, sagte er.

DeSantis will offenbar kandidieren

Trump will vermutlich am 15. November seine schon seit langem angedeutete Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 ankündigen. DeSantis wird nachgesagt, ebenfalls für die Republikaner als Kandidat antreten zu wollen. Der klare Sieg in Florida dürfte seine Position innerhalb der Partei deutlich stärken. Florida gilt als ein sogenannter Swing State, in dem die Wählerinnen und Wähler mal die Republikaner und mal die Demokraten bevorzugen.

Viele wichtige Abstimmungen waren am Mittwochmorgen mitteleuropäischer Zeit noch offen. Dass sich die Auszählung länger hinziehen dürfte, war erwartet worden. So war bei der spannenden Gouverneurswahl in Arizona noch nicht klar, welche Kandidatin gewinnen wird. Die von Trump unterstützte Wahlleugnerin Kari Lake tritt dort gegen die Demokratin Katie Hobbs an. Lake gilt als Shootingstar der Republikaner und weigerte sich vor der Wahl zu sagen, dass sie eine Niederlage anerkennen würde.

Sollten die Republikaner die Kontrolle im Kongress übernehmen, dürfte die zweite Hälfte von Bidens Amtszeit von Blockaden und parteipolitischen Kämpfen geprägt sein. Sollten die Republikaner eine oder beide Kongresskammern erobern, könnte Biden ab Januar wohl keine größeren Gesetzesinitiativen mehr durchsetzen. Außerdem könnten ihm und seiner Regierung in dem Fall parlamentarische Untersuchungen bis hin zu Amtsenthebungsverfahren drohen.