Der Menschenaffe Congo trat einst in einem Zirkus auf. Jetzt lebt er in der Wilhelma. Foto: Wilhelma Stuttgart/Lisa-Marie Grimmer

Vom Zirkus in den Zoo: der Bonobo-Mann Congo ist lange Jahre in der Manege aufgetreten. Jetzt darf er erstmals seine Art kennenlernen, er lebt nun in der Gruppe in der Stuttgarter Wilhelma.

Seit etwa vier Wochen lebt das ungefähr 45 Jahre alte Affenmännchen Congo in der Wilhelma – anfangs hinter den Kulissen, um sich an die neue Umgebung und die Pfleger gewöhnen zu können, aber mit Sicht- und Hörkontakt zu seinen Artgenossen. „Wir sind zuversichtlich, dass er sich gut einfügen wird“, sagt Kerstin Ludmann, Zoologin und Kuratorin für die Menschenaffen. Sie hat festgestellt, dass die freudige, lautstarke Geräuschkulisse bei den Bonobos darauf hindeute, dass die erste Kontaktaufnahme von Congo mit dem Weibchen Chimba und ihrem Sohn Kaju gut verlaufe. In der letzten Woche durfte Congo zunächst allein das Bonobogehege erkunden, nun wird er zeitweise mit einzelnen Tieren zusammengeführt, bis er schließlich in eine der beiden Bonobo-Gruppen einziehen darf. Jetzt ist Congo öfter im Schaugehege zu entdecken – zu erkennen an seinem grauen Bart.

Congo war lange Jahre ein Zirkustier

Der Neuzugang ist in den 1980-er und 1990-er Jahren einst als Zirkustier in der Manage aufgetreten. Dort hatte er nach Angaben der Wilhelma nur Kontakt zu einer Gruppe von Schimpansen, die allerdings anderes Sozialverhalten zeigen. Danach lebte der Bonobo im Haus des Zirkusdirektors. „Für den Besitzer war er ein Familienmitglied“, erklärte Ludmann. Im Sommer vergangenen Jahres gab er das Tier an einen Zoo an der französischen Atlantikküste ab. Doch dort gab es keine weiteren Bonobos. Deshalb sei Congo jetzt nach Stuttgart gekommen. „Bei uns sind die genetisch wichtigsten Weibchen und wir haben Erfahrung in schwierigen Gruppenzusammenführungen“, erläutert die Affenexpertin Ludmann.

Bonobos sind eine stark gefährdete Affenart

Bonobos stehen auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN). Die Menschenaffenart ist in der Demokratischen Republik Kongo in Afrika zu Hause und stark gefährdet. Für Bonobos gibt es ein Erhaltungszuchtprogramm des Europäischen Zooverbands (EAZA). Ziel dieser Programme ist es, eine genetisch stabile Reservepopulation in Zoologischen Gärten aufzubauen. Derzeit gibt es 153 Tiere in elf europäischen Zoos. Die Wilhelma hält mit ihren 22 Tieren die größte Gruppe Bonobos in Deutschland.

„Dadurch, dass Congo nie in einem Zoo war, sind seine Gene im Programm noch nicht vertreten. Er könnte sich theoretisch mit jedem unserer Weibchen verpaaren“, sagt Ludmann. Viel wichtiger sei jedoch, dass Congo nun in seinem fortgeschrittenen Alter das Zusammenleben in einer Bonobo-Gruppe erleben darf.

Auch Auswilderungsprogramme erfolgreich

Bonobos können in menschlicher Obhut übrigens über 70 Jahre alt werden. Das älteste Tier im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart ist die 55-jährige Matriarchin Kombote. Mit ihr muss sich Congo übrigens gut stellen: Sie ist die Chefin im Gehege, denn bei den Bonobos haben die Weibchen das Sagen. Während es 2019 und 2020 in der Wilhelma bei den Bonobos Nachwuchs gab, verzeichnete der Zoo auch Erfolge beim Artenschutzprogramm in Afrika. Wie kürzlich berichtet, war im Kongo eine Auswilderung von Bonobos erfolgreich. In der Auffangstation „Lola ya Bonobo“ wurden Jungtiere, die aus den Fängen von Wildtierhändlern gerettet worden waren, wieder aufgepäppelt und der menschlichen Obhut entwöhnt. So konnten vor einem Jahr nach jahrelanger Vorbereitung 14 Bonobos in ein Wildtierreservat entlassen werden.