Elon Musk: Milliardär, Visionär oder einfach nur ein pöbelnder Rechtskonservativer. Foto: AFP/Frederic J. Brown

Irgendwas ist immer. Auch diese Menschen haben das Jahr geprägt. Aber vermutlich anders, als sie sich das ursprünglich gewünscht hätten.

Egal was man anpackt, im Normalfall lautet der Plan, dass das gut oder vielleicht sogar spitze wird – na, oder zumindest nicht in einer Katastrophe endet. So alt wie der Plan ist allerdings auch die Erkenntnis, dass der Teufel ein Eichhörnchen und Scheitern immer eine Option ist.

Hier kommen unsere Nervensägen des Jahres, die vermutlich alle eint, dass alles anders gelaufen ist als das ursprünglich geplant.

Elon Musk: Rüstiger „Reichsbürger“

Beim Kurznachrichtendienst Twitter ist derzeit in Echtzeit nachzulesen, wie Elon Musk sich selbst entzaubert: Mal macht der Tesla-Boss Werbung für die QAnon-Gruppe, die Verschwörungstheorien mit rechtsextremem Hintergrund verbreitet. Mal hetzt er gegen den Coronaberater der US-Regierung, Anthony Fauci, und die queere Community. Letzteres ist besonders traurig, weil er selbst eine Transgender-Tochter hat.

Seit Musk sein Hobby zum Beruf gemacht und Twitter gekauft hat, rätselt die Öffentlichkeit: Ist der Milliardär übergeschnappt, oder war er schon immer so daneben? Gibt er als Nächstes seine Präsidentschaftskandidatur bekannt, weil er kaum mehr von Donald Trump zu unterscheiden ist? Und wieso behandelt er Angestellte so schlecht?

Musks Radikalisierung zum rüstigen „Reichsbürger“ hat auch Auswirkungen auf seine anderen Geschäftsbereiche: Viele linke Tesla-Fans haben keine Lust mehr auf die überteuerten E-Autos.

Zuletzt berichtete der „Berliner Kurier“ über totales Chaos im mit viel Bohei eröffneten Tesla-Werk in Brandenburg: Scheinbar hat der ehemals reichste Mann der Welt Probleme, Personal zu finden. Wer seine Angestellten so schlecht behandelt, muss sich nicht wundern, wenn keiner mehr für ihn arbeiten will. (IVO)

Christian Lindner: Lieber falsch regieren

Es mag biedersinnig sein, sich über eine pompöse Hochzeit zu ärgern. Der deutsche Finanzminister, der Liberale Christian Lindner, kann heiraten, wie es ihm gefällt. Aber wenn er außer diesem Fest auf Sylt das ganze Jahr lang nichts Glanzvolles vollbringt, sondern nur rekordverdächtige Schulden macht, zweifelhafte Subventionen erfindet und Wahlschlappen einfährt, das meiste davon dann noch als alternativlos schönmerkelt, dann darf man im Nachhinein doch wohl auch das Hochzeitgedöns nervtötend finden. Von Lindner selbst stammt die Erkenntnis: Lieber gar nicht regieren als falsch regieren. Die liegt aber leider schon fünf Jahre zurück. (PGT)

Liz Truss: Schöner scheitern

Nach Boris Johnson dachten viele Briten, es könnte nicht schlimmer kommen. Ein Irrtum. Kaum 45 Tage im Amt, kündigte seine Nachfolgerin Liz Truss schon wieder ihren Rücktritt an. Kein Premierminister scheiterte schneller und spektakulärer.

Zum Verhängnis wird ihr eine Steuerreform, von der nur Topverdiener profitiert hätten – wovon, so die seit Jahren widerlegte Annahme, letztlich auch die Armen etwas hätten. Lustigerweise erweist sich die zweite neoliberale Mär, wonach die Märkte alles regeln, ausnahmsweise als zutreffend: Der Markt kollabiert fast und bringt so Truss und ihren Plan zur Strecke.

Schon ihre rhetorischen Unzulänglichkeiten hätten eine Warnung sein müssen. Doch auf der Insel sind Wahnsinn und Dummheit inzwischen notwendige Bedingungen, um als Politiker überhaupt einen Posten zu bekommen, wie der Schriftsteller Nick Hornby boshaft kommentierte.

Ihre für Dezember angekündigte Biografie, ursprünglicher Titel: „Aus heiterem Himmel. Die Geschichte von Liz Truss und ihrem erstaunlichen Aufstieg zur Macht“, dürfte allenfalls noch Satiriker interessieren. (SMR)

Karl Lauterbach: Der Krankmelder

Was er sagt, ist nicht das Problem. Wie er es sagt, hingegen schon. Karl Lauterbach, 59 Jahre alt, Arzt, Professor, SPD-Politiker, brilliert in der Rolle des Mahners. Deswegen sitzt der Ex-Fliegenträger mit dem panischen Blick auch so oft in TV-Talkshows. Der Mann gehört bei vielen zum Wohnzimmerinventar wie das Sofa oder die Schale mit den Nüsschen.

Seine unheilvollen Prophezeiungen, die leider zu oft eingetroffen sind, verbreiten einen angenehmen Grusel, nach einer Lauterbachschen Suada fühlt man sich sofort krankenhausreif.

Doch seit Lauterbach Bundesminister für Krankheit, Pardon: Gesundheit ist, trifft er nur selten den Ton. Man fühlt, was er klug gedacht, lieber gesagt, besser aber nicht getwittert hätte. Was hilft’s? Ein Minister muss Macher sein, nicht Mahner. Am Ende ist man entweder heillos politikverdrossen oder einmal zu oft geimpft. (PAV)

Patricia Schlesinger: Die Sonnenkönigin

Missmanagement, Korruption, Ruhmsucht, Sonnenköniginnentum, Gebührengelder-aus-dem-Fenster-Schmeißerei – ob Patricia Schlesinger als Intendantin des ARD-Senders Radio Berlin-Brandenburg wirklich all die schlimmen Dinge getan hat, welche ihr vorgeworfen werden, das müssen Gerichte abschließend klären.

Den Titel „Nervensäge“ hat sich Frau Schlesinger auf jeden Fall schon jetzt verdient – denn wie fern von einem realistischen Selbstbild und vom Hier und Jetzt muss man eigentlich sein, wenn man in früheren Berufsjahren als öffentlich-rechtliche Vorzeigejournalistin in Enthüllungsmagazinen wie „Panorama“ die Missstände dieses Landes angeprangert und die Schluriane dieses Alls gejagt hat, um dann, wenn es nach erfolgreichem Karrieresprung in der eigenen Chefinnenhütte brennt, schmolllippig die gedemütigte Leberwurst zu spielen, die „Hexenjagd“ wittert, wo es doch einfach nur um nötige Aufklärung geht?

Wenn die Idee von ARD und ZDF in Deutschland untergeht, dann sind Figuren wie Patricia Schlesinger maßgeblich mit daran schuld. (SCHL)

Gianni Infantino: Seine Gefühle

Gianni Infantino kann knallharter Funktionär sein – oder ganz gefühlig. Glauben Sie nicht? Dann haben sie seine Pressekonferenz vor Beginn der WM in Katar nicht erlebt. Der Präsident des Weltverbands Fifa gab an, sich an jenem Tag zugleich als Katarer, Araber und Afrikaner zu fühlen. Außerdem als homosexuell, behindert und Arbeitsmigrant. Viele Menschen, die das Schauspiel erlebten, fühlten derweil – ihr eigenes Kopfschütteln.

Infantino hatte ja schon Monate vor der WM erklärt, sie werde die beste aller Zeiten. Die Kritik an Menschenrechtsverletzungen, dem Umgang mit Homosexuellen, der Ausbeutung konterte er mit dem Vorwurf der Doppelmoral.

Doppelt ist bei Infantino übrigens der Wohnsitz. Er lebt einerseits im schweizerischen Zug, zudem hat er ein Apartment in – genau: Katar. Seit 2016 ist der 52-Jährige Fifa-Präsident. Manche dachten, nach Sepp Blatter würde der Verband glaubwürdiger und besser beleumundet. Ist das eingetroffen? Wir haben da so ein Gefühl . . . (DIP)