Bleibt umstritten: Der Expressbus am Wilhelmsplatz Foto: Uli Nagel - Uli Nagel

Obwohl die Stuttgarter Straßenbahnen steigende Fahrgastzahlen präsentierten, plädiert eine Mehrheit des Bezirksbeirats Bad Cannstatt für die Einstellung der Schnellbuslinie.

Bad CannstattEs bleibt dabei. Die Mehrheit des Bezirksbeirats Bad Cannstatt plädiert – wie schon vor zwei Wochen – dafür, den Expressbus so schnell wie möglich einzustellen. Die Plädoyers von Roland Krause, bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) als Stabsbereichsleiter für die Planung verantwortlich, und seinem Kollegen Joachim Keller, Fachbereichsleiter betriebliche Strategie, führten am Mittwoch zu keinem Meinungsumschwung bei den Kritikern. Und für die CDU, SPD und die Freien Wähler ist die Schnellbuslinie, die seit Oktober 2018 im 5-Minuten-Takt zwischen Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt pendelt, gescheitert.

Der Grund für den Zwischenbericht der beiden SSB-Mitarbeiter war der Antrag der Cannstatter CDU, die angesichts der schlechten Auslastung und teilweise chaotischen Zustände am Verkehrsknoten Wilhelmsplatz den Abbruch forderten und der bereits vor zwei Wochen auf der Tagesordnung des Bezirksbeirats stand (wir berichteten). Damals waren Roland Krause und Joachim Keller verhindert, doch auch ohne die neuesten Fakten und Zahlen stimmte damals das Bürgergremium mehrheitlich dafür, dass Projekt, das jährliche Betriebskosten von 2,7 Millionen Euro verursacht, zu stoppen.

Täglich rund 2600 Fahrgäste

Dass die Auslastung mittlerweile besser als noch zu Beginn ist, wollte Cannstatts CDU-Chef Roland Schmid auch nicht in Abrede stellen. „Dennoch überzeugen ihre aktuellen Zahlen uns nicht“, so Schmid. Auch Inge Utzt (SPD) registriert immer noch mehr leere als gut besetzte Busse und ist mit ihren Fraktionskollegen der Meinung, dass die Auslastung nach wie vor sehr schlecht ist. „Und insgesamt hat sich durch die zusätzliche Buslinie die Verkehrssituation am Wilhelmsplatz verschlechtert.“

Laut SSB sollen mittlerweile rund 2600 Fahrgäste täglich mit dem X-1-Bus unterwegs sein, rund 150 mehr als noch im Dezember. „Die Zahlen belegen, dass Dieselfahrverbote, Tarifreform sowie das neue Linienangebot mit der U 16 langsam greifen“, sagte Roland Krause. Allein am Wilhelmsplatz steigen täglich gut 1300 Menschen in den „Gepard“, im Januar seien es nur 1100 gewesen. Mit ein Grund für den Fahrgastzuwachs sei sicher auch der Tatsache geschuldet, dass im Bereich der Badstraße eine zweite Einstiegsmöglichkeit für potenzielle Umsteiger aus den Linien U 13/U 16 angeboten wird. Gut 600 Fahrgästen nützen täglich dieses Angebot. „Die Haltestelle soll demnächst entsprechend ausgerüstet werden“, so Joachim Keller, der betonte, dass neue Stadtbahn- oder Buslinien oft zwei bis drei Jahre benötigen, bis sie vom Bürger angenommen werden würden.

Auch Grünen-Sprecher Peter Mielert sieht in den steigenden Zahlen eine wachsende Akzeptanz in der Bevölkerung, allerdings erkennt er auch ein großes Problem der Schnellbuslinie. Denn die Fahrzeuge stehen im Bereich des Eisenbahntunnels – vor allem abends stadtauswärts im Berufsverkehr – viel zu oft im Stau. „Wir brauchen dort eine eigene Busspur“, wiederholte Mielert einmal mehr eine Forderung seiner Fraktion, die schon vor der Inbetriebnahme der Linie gestellt wurde.

Ob die Idee von SÖS/Linke/PluS, den „X 1“ bis Fellbach auf einer eigenen Spur fahren zu lassen, realistisch und sinnvoll ist, wurde dagegen angezweifelt. Immerhin wurden von den SSB zum Jahresende hin mit der U 16 eine neue Stadtbahnlinie für viel Geld auf die Schiene gebracht.

Harte Kritik der Freien Wähler

Wie vor zwei Wochen ging auch am Mittwoch Gerhard Veyhl von den Freien Wählern sehr hart ins Gericht mit den SSB-Verantwortlichen. Nicht nur, dass er angesichts der schlechten Auslastung für ein Aus der Expressbuslinie plädierte, er erinnerte auch an das 34 Millionen Euro hohe SSB-Defizit. „Angesichts solcher Zahlen können wir uns einen solchen Versuch betriebswirtschaftlich nicht länger leisten“, so Gerhard Veyhl. Zudem bezweifelte er die Planungsfähigkeit der SSB. „Der Ausbau der Hochbahnsteige für 80-Meter-Züge dauert viel zu lang.“ Bekanntermaßen muss die städtische Tochter insgesamt 13 Bahnsteige zwischen Heslach und Fellbach umrüsten, allein fünf liegen in Cannstatt.

„Wir können nicht alle Haltestellen in einem Schwung umbauen“, wehrte sich Roland Krause gegen den Vorwurf, dass die SSB nicht mit Weitsicht planen könne. Maximal drei Bahnsteige seien angesichts der komplexen Aufgabe – am Augsburger Platz muss die Haltestelle sogar verlegt werden – realistisch. Zudem müsse bei laufendem Betrieb gearbeitet werden, weshalb bei einem Baubeginn 2021 frühestens 2025 das Projekt abgeschlossen werden könne. Ob so lange der Expressbus, der bekanntlich auch die überlastete U 1 unterstützen soll, pendelt? Der Gemeinderat hat jedenfalls den Probebetrieb nur für zwei Jahre beschlossen.