Lisa Federle im Einsatz gegen das Coronavirus – die Tübinger Ärztin war nun bei Maybritt Illner zu Gast. Foto: imago images/ULMER Pressebildagentur/ULMER via www.imago-images.de

Um die Bereitschaft zum Impfen zu erhöhen, braucht es eine Kultfigur. Angelina Jolie vielleicht? Bei Maybritt Illner wird darüber diskutiert. Auch die Tübinger Ärztin Lisa Federle kommt zu Wort – und lässt durchblicken, dass Boris Palmer nicht ganz der Alleinverantwortliche für den Tübinger Weg ist.

Stuttgart - Ein wenig lebt die allabendliche Talkgemeinde ja schon darauf hin, dass sich die Gäste nicht so ganz einig sind, mit spitzen Formulierungen duellieren, oder aber auch mal ganz derbe in die Haare bekommen. Doch es war für die Informationsgewinnung gewiss kein Schaden, dass es bei Maybritt Illners letzter Sendung in diesem Jahr am Donnerstag vor allem zu Beginn eher eine wortmächtige Einigkeit gab. Da ging es um das Impfen gegen das Coronavirus.

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Nun war die Mischung der Studiogäste mit zwei Wissenschaftlern, einem seriösen Politiker und Karl Lauterbach, der ja sowohl das eine als auch das andere Metier bedient, nicht unbedingt dazu angetan, impftechnische Totalopposition zu erwarten. Die große Einigkeit kann aber auch daher rühren, dass der Impfstoff vielleicht doch deutlich mehr Vertrauen verdient, als die Bevölkerung ihm derzeit in Umfragen entgegenbringt. Lauterbach würde ihn nutzen („ich halte ihn für sicher“). Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit ebenso („ein ganz wichtiger Baustein“) und auch der Saarländische Ministerpräsident Tobias Hans („Impfen ist eine solidarische Leistung“).

Angelina Jolie als Vorbild

Die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, Christiane Woopen, steht da nicht abseits – weist aber darauf hin, dass von den Anwesenden keiner zu denen zählt, die in der ersten Gruppe der Berechtigten den Pieks erhalten sollen. Und: um die Bereitschaft zum Impfen zu erhöhen brauche es wohl noch eine Kultfigur wie Angelina Jolie, sagt Woopen. Jahrelang hätten sich Ärzte den Mund fusselig geredet, um Frauen von den Vorteilen einer Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs zu überzeugen, mit wenig Erfolg. Der amerikanische Superstar habe es mit wenigen Sätzen geschafft. „Sie hat die Menschen emotional gepackt“, sagt Woopen, so etwas brauche es wieder.

Der Lockdown wird länger anhalten als derzeit gesagt

Was es sonst noch braucht? Auf jeden Fall einen längeren Lockdown. Dass am 10. Januar das Leben wieder seinen gewohnten Gang geht, das glaubt ohnehin niemand. Wie lange das Land im Winterschlaf bleiben soll, darüber herrscht Uneinigkeit. Immerhin ist es mit Tobias Hans ein leibhaftiger Ministerpräsident, der Klartext spricht: „Ich sehe keine Chance, dass am 10. Januar der Lockdown beendet wird. Das wird länger dauern“. Bis ein Inzidenzwert von 50, besser 35 erreicht ist, empfiehlt Hans. Karl Lauterbach ist strenger: Zielmarke solle die Inzidenz von 25 sein. Das bedeutet 25 Infektionsfälle pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen. Am Freitag früh lag dieser Wert bundesweit bei 184,8.

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Christiane Woopen sagt, was im Lockdown zu geschehen habe: Ein vom Parlament beschlossenes Triage-Gesetz und Massentests, um die dritte Welle zu verhindern. Antigentests gebe es genug, um das Land bis Ende Januar weitgehend durchzutesten. Hans und Lauterbach widersprechen. Was an Testkapazität da sei, das müsse nun an den Alten- und Pflegeheimen her.

Der Tübinger Weg und Boris Palmer

Aus Baden-Baden wird die Tübinger Ärztin Lisa Federle ins Studio zugeschaltet. Seit dem dem Frühjahr testet sie gegen das Virus an. Ihr ist es maßgeblich zu verdanken ist, dass der Tübinger Weg inzwischen international Beachtung findet. Sie erzählt von ihrem Kampf mit Sozialminister Manfred Lucha, von Briefen verzweifelter Heimbewohner und von einem OB Boris Palmer, der sie sehr unterstützt – auch wenn nicht zu überhören ist, dass es wohl nicht der Grünenpolitiker war, der die Initialzündung zu den Aktionen in der Stadt gegeben hatte.

Als absolut konsensfähig erweist sich hernach die Ansicht, dass Personal und Bewohner der Altenheime am besten zwei Mal pro Woche getestet werden, Besucher sowieso. Zumindest weitgehend Einigkeit besteht darin, dass Schulen und Betriebe härter an die Schließ-Kandarre genommen werden müssen. Und dass die besten Regeln nichts nutzen, wenn sie von der Bevölkerung nicht angenommen werden. Deutschland kann sich also schon einmal auf die Suche nach einem Pendant zu Angelina Jolie machen.