Nikolas Löbel trat am Montag aus der CDU aus. Foto: imago images/Christian Spicker

Nikolas Löbel zieht sich komplett aus der Politik zurück. Aber die Maskenaffäre bleibt eine schwere Hypothek für den Wahlkampf der Südwest-CDU. Dabei ist die Lage schon schwierig genug.

Mannheim/Stuttgart - Am Ende war der Druck für Nikolas Löbel dann doch zu groß. Aus allen Richtungen forderten Parteikollegen seinen sofortigen Rückzug - auch aus dem Südwesten. Denn die Affäre um fragwürdige Geschäfte mit Corona-Masken kommt für die Union so kurz vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg zur absoluten Unzeit. Am Montagmittag dann gab der Mannheimer Politiker Löbel nach, erklärte, sofort sein Bundestagsmandat niederzulegen. Unmittelbar darauf wurde bekannt, dass er auch aus der CDU ausgetreten ist. Löbel kappt alle Verbindungen in die Politik - aber die Südwest-CDU dürfte es nun noch deutlich schwerer haben im Wahlkampf als zuvor schon.

DIE VORWÜRFE

Löbel und der Abgeordnete Georg Nüßlein (CSU) sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Masken-Geschäften kassiert haben. Löbel hatte Fehler eingeräumt. Seine Firma hat demnach Provisionen von rund 250 000 Euro kassiert, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Gegen den CSU-Politiker Nüßlein wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken ermittelt.

DIE REAKTIONEN

Zunächst hatte sich Löbel nur aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen. Am Sonntag gab er dann bekannt, sich sofort aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurückzuziehen. Sein Bundestagsmandat wollte er aber zunächst erst Ende August zurückgeben. Geht gar nicht, fanden auch die Parteikollegen im Südwesten. Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann und CDU-Generalsekretär Manuel Hagel forderten den sofortigen Rücktritt von allen politischen Ämtern. „Ich bin fassungslos und stinksauer. Wer in solch einer Situation sich selbst die Taschen voll macht, der vertritt nicht das Volk, sondern ganz niederste persönliche Interessen“, sagte Hagel dem Radioprogramm „SWR Aktuell“. „Wer so etwas tut, der tritt die Werte unserer Christdemokratie mit Füßen.“

DER RÜCKZUG

Löbel gab dem geballten Druck aus Bund und Land schließlich nach. Er war am Montag zwar nicht persönlich erreichbar, sein Büro verschickte aber um die Mittagszeit eine Mail. Löbel begründete darin seinen sofortigen Rückzug aus dem Bundestag mit dem Satz: „Um weiteren Schaden von meiner Partei abzuwenden, lege ich mein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung nieder.“ Also Sache erledigt, alles in Butter?

DIE FOLGEN

Trotz der Niederlegung von Löbels Mandat bleibe etwas hängen für die Wahlkämpfer der Südwest-CDU, sagte der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider. „Die Glaubwürdigkeit der CDU leidet trotz aller Distanzierung.“ Zwar hätten viele Wähler schon per Briefwahl abgestimmt. Aber durch die Affäre könne die CDU positive Themen nicht mehr transportieren. Der Wahlforscher Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen rechnet mit einem schlechteren Abschneiden der CDU in Mannheim bei der Landtagswahl. Er sieht in der Maskenaffäre „ein verheerendes Signal“ an die Wähler, sagte Jung dem „Mannheimer Morgen“ (Montag). Die Partei habe in den Umfragen seines Forschungsinstituts aber schon vor dem Skandal zur Maskenbeschaffung schlecht abgeschnitten.

DIE LAGE DER CDU

Die Chancen auf einen Wahlsieg der CDU sind gering. In Umfragen war die Union in der vergangenen Woche auch ohne die Causa Löbel deutlich zurückgefallen. Nach dem ZDF-„Politbarometer“ vergrößerten die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ihren Vorsprung auf die CDU auf elf Punkte. Käme die Südwest-CDU wirklich nur auf 24 Prozent, wäre das ihr historisch schlechtestes Ergebnis in der Geschichte des Landes. In einer ARD-Umfrage lag die CDU acht Punkte hinter den Grünen. „Die CDU wird diesen Vorgang also nicht als Ausrede für ihr Wahlergebnis heranziehen können“, sagte Jung. Wenn Eisenmann das versuchen sollte, wäre das eine „ziemliche Milchmädchenrechnung, weil die CDU auch ohne die Affäre wirklich schlecht dasteht in der Wählergunst“, sagte Brettschneider.

DIE MASKENAFFÄRE GEHT WEITER

Trotz seines Rücktritts aus Bundestag und Partei steht Löbel zudem weiter unter politischem Druck. „Wenn Löbel noch einen Funken Restanstand hat, spendet er die 250 000 Euro für karikative Zwecke und streicht die nicht ein“, sagte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Das fordern auch CSU-Chef Markus Söder und Löbels baden-württembergischer Parteifreund, Agrarminister Peter Hauk. Zudem ist die Affäre längst nicht für alle aufgearbeitet. FDP-Chef Christian Lindner forderte am Montag die Einrichtung eines Sonderermittlers zur Aufklärung.

Die Unionsfraktion prüft indes weitere Fälle. Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) will nicht ausschließen, dass es noch mehr solcher Fälle in den eigenen Reihen gibt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte an, die Namen aller Bundestagsabgeordneten öffentlich zu machen, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten seien. „Wir wollen volle Transparenz in einem geordneten Verfahren ermöglichen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).

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Und dann gibt es noch die Personalie Nüßlein. Der 51-Jährige will sich zwar ebenfalls aus der Bundespolitik zurückziehen. Aber er hält weiter an seinem Mandat fest, obwohl Partei- und Fraktionsführung seinen Rückzug verlangen. Gift für die Wahlkämpfer im Südwesten. Immerhin ist er nach Angaben von CSU-Generalsekretär Markus Blume inzwischen aus der Partei ausgetreten.