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1861 wurde in Stuttgart der Verschönerungsverein gegründet. Er hat der Bevölkerung viele schöne Anlagen zur Erholung geschenkt. Den 160. Geburtstag feiert er mit einer Baumpflanzaktion vor dem Stadtarchiv.

Bad Cannstatt - Stuttgart im Jahr 1861: Die Stadt hat 61 000 Einwohner, sie hat wie das Königreich Württemberg die Hungerjahre zu Beginn des Jahrhunderts, den Vormärz und die Restauration hinter sich gelassen. Industrie, Handel und Dienstleistung blühen auf, eine gewisse innere Liberalisierung greift um sich. Turn- und Singbewegungen, wie auch allgemeine kulturelle Bestrebungen, sind im Wachsen und Werden und auch institutionell verfestigt.

Das äußere Bild der Stadt hält mit der inneren Verfassung des Gemeinwesens jedoch nicht Schritt: Die königlichen Schlossgartenanlagen waren zwar für die Bevölkerung nie ganz verschlossen, zu dieser Zeit aber eben nur sonntags unter Aufsicht livrierter Wächter betretbar. Ansonsten gab es keine öffentlichen Grünanlagen außer dem Trinkpavillon in der Bopseranlage. Das sollte sich am 15. Juli des Jahres ändern: Auf der Silberburg, einem beliebten Ausflugslokal, wurde der Verschönerungsverein Stuttgart gegründet – nur zwei Tage später trat ihm König Wilhelm I. bei. Unverzüglich begann eine Vereinskommission mit der Begehung der Markung der alten Residenzstadt und der Erstellung eines Planes zur Ausführung von Anlagen zur Aussicht und Erholung.

Um Attraktivität bemüht

Der Verein hatte in den ersten 40 Jahren seiner Existenz bis 1902 faktisch die Funktion des städtischen Gartenbauamtes. Er war in dieser Zeit für die Planung, Errichtung und Unterhaltung nahezu aller städtischer Grünanlagen zuständig, betrieb eigene Baumschulen, hatte einen fest angestellten Garteninspektor und zeitweise fast 40 Arbeiter. Auch so kuriose Dinge wie eine Eisbahn am Stöckach und zwei Rodelbahnen zählten im 19. Jahrhundert zu seinen Tätigkeitsgebieten. Nach der Gründung des städtischen Gartenbauamtes gab der Verein die Pflege ab, behielt aber sein Grundeigentum und schuf auch weiter neue Anlagen.

160 Jahre später befinden sich fast 40 Anlagen – Türme, Aussichtsplattformen, Brunnen, Denkmale und Grünflächen – im Besitz des rund 500 Mitglieder zählenden Vereins, der sich weiterhin um Stuttgarts Attraktivität bemüht. Man sehe sich „in der Rolle eines konstruktiv-kritischen Begleiters der verantwortlichen Planer und Gremien in Stadtverwaltung und Gemeinderat“, sagt der Vereinsvorsitzende Erhard Bruckmann. Und weil es Freude bereite, zur Verschönerung Stuttgarts beizutragen, beschenkt der Verein zu seinem runden Geburtstag die Stadt: Am Donnerstag, 1. April, um 14 Uhr findet eine Baumpflanzung auf dem Marga-von-Etzdorf-Platz vor dem Stadtarchiv in Bad Cannstatt statt – coronabedingt nicht wie ursprünglich geplant als großes Fest mit buntem Kulturprogramm, dafür aber als politische Kundgebung unter dem Motto „Klimawandel bleibt – mehr Bäume in die Stadt“.

Auf Klimawandel hinweisen

„Der Verschönerungsverein Stuttgart hat mit seinen zahlreichen Baumpflanzungen in den letzten 20 Jahren immer die Verbesserung der stadt-klimatischen Bedingungen im Auge gehabt. In der heutigen Zeit gewinnt dieses Thema eine globale Bedeutung. Unser Jubiläum ist für uns Anlass, auf diesen Umstand hinzuweisen und sogleich aktiv tätig zu werden“, erläutert Bruckmann. Er wird ebenso zu den Rednern gehören wie Stadtklimatologe Jürgen Baumüller, Bürgermeister Dirk Thürnau und Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler.

Der Ort für die Jubiläumsaktion wurde bewusst gewählt: Der Marga-von-Etzdorf-Platz wird der zentrale Quartiersplatz für das neue Wohngebiet Neckarpark und Verbindungsfläche zum Wohngebiet Veielbrunnen. Die Planung des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes sieht hier eine Bepflanzung mit 15 Bäumen vor, die die gesamte Bandbreite der im Neckarpark vorgesehenen Baumarten widerspiegeln wird: Silber-, Krim- und Kaiserlinde, Gleditsie, Hopfenbuche, Zitterpappel, Waldkiefer, Feldahorn, Ulme, Purpurerle, Felsenbirne und Japanischer Schnurbaum.