Giacomo Dalla Torre, der Großmeister des Malteserordens, ist in Rom gestorben Foto: dpa/Oliver Berg

Der uralte, katholische Ritter- und Hospitalorden der Malteser trauert um seinen Chef Giacomo Dalla Torre. Er hatte den Orden, der als staatliche Einheit gilt, nach einer Krise voller Intrigen wieder stabilisiert.

München - Rettungsdienst, Krankenhäuser und Pflegeheime, Hospizarbeit, Essen auf Rädern und vieles mehr: Mit seinen mehr als 50 000 Ehren- und seinen 35 000 Hauptamtlichen zählt der Malteser-Hilfsdienst in Deutschland zu den größten Sozial- und Gesundheitsverbänden. Bis heute ist er aber auch Teil des vor mehr als 900 Jahren gegründeten „Souveränen Ritter- und Hospitalordens vom Hl. Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta.“ Dieser bis heute von Vertretern uralter Adelsfamilien dominierte, katholische Malteser-Orden (die Johanniter sind die evangelischen Zwillingsbrüder), beklagt in diesen Tagen den Tod seines Großmeisters.

Gestorben nach kurzer, heftiger Krankheit ist am Ordenssitz in Rom der Literaturwissenschaftler und Kunstgeschichtler mit dem schönen italienischen Adelsnamen Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto (75), der den Orden seit genau zwei Jahren führte, und der ihn – auch auf Wunsch von Papst Franziskus – nach einer fast zerstörerischen Verfassungs- und Identitätskrise vor drei Jahren auf breiter Front reformieren sollte. „Fra‘ Giacomo“, der als ebenso liebenswürdig wie durchsetzungsstark galt, war der 80. Großmeister der Malteser; an diesem Dienstag wurde er – corona-bedingt – in recht kleinem Kreis in Rom beigesetzt.

Ein Staat, fast ohne Land

Da der Malteser-Orden ein eigenständiges völkerrechtliches Subjekt mit Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen ist, gilt der Großmeister – „Seine Hoheit, Eminenz und Prinz“ – als Staatsoberhaupt. An eigenem Territorium hat der Orden zwar nur zwei Paläste in Rom; er unterhält aber diplomatische Beziehungen zu 107 Staaten. Entwicklungsarbeit, soziale und medizinische Dienste leistet „Malteser International“ – mit stark steigender Tendenz – in mehr als zwanzig armen Ländern. Zum finanziellen Gesamthaushalt von 94,5 Millionen Euro (2018) steuert der deutsche Staat gut 64 Millionen Euro bei; weitere 14,7 Millionen kommen aus Spenden und eigenen Einnahmen.

Neuwahl dauert Zeit

Zweiter Mann im Malteser-Orden ist als Großkanzler, Außen- und Innenminister seit 2014 der Deutsche Albrecht von Boeselager (70), der schon seit 1989 als „Großhospitalier“ die humanitären Projekte leitete. Bis zur Neuwahl des Großmeisters, für die es corona-bedingt noch keinen Termin gibt, führt allerdings der portugiesische „Großkomtur“ den Orden. Der Großmeister selbst muss zu den zölibatär lebenden „Profess-Rittern“ der Malteser gehören, von denen es weltweit nur mehr etwa 70 gibt, meist recht betagte Männer. Zur Neuwahl berechtigt sind außer diesen auch die Leiter der nationalen Malteserverbände. Und anders als die Johanniter lassen die Malteser auch Frauen in ihren ordensritterlichen Reihen zu.