Rollendes Hotelzimmer: ein Luxusreisemobil auf der CMT Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Hersteller von Reisemobilen und Caravans zeigen auf der CMT ihre neuen Modelle. Der Boom beim Caravaning ist ungebrochen, nicht nur im Luxussegment. Aber zwei Dinge bereiten der Branche Sorgen – und das spüren auch die Kunden.

Reinhard Löhner besitzt ein prall gefülltes Auftragsbuch, um das ihn viele Unternehmen in Deutschland beneiden könnten: „Wir haben aktuell 32 Monate Lieferzeit“, erzählt der Geschäftsführer des Reisemobilherstellers Morelo, das seinen Sitz in der Nähe von Bamberg hat. Wenn sich Kunden für eines seiner Fahrzeuge der Luxusklasse entscheiden, müssen sie derzeit rund zwei Jahre und acht Monate warten, bis sie mit ihrem rollenden Hotelzimmer losfahren können.

Fahrzeuge wie der Morelo Empire Länger bieten knapp zwei Meter breite Doppelbetten, Haushaltsgeräte von Markenherstellern und integrierte Garagen für den Elektrokleinwagen der betuchten Kunden, der mit an den Urlaubsort gefahren wird. Zu Preisen, zu denen an manchen Orten Reihenhäuser angeboten werden: Das derzeit auf der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart ausgestellte Modell liegt laut Löhner bei einem Basispreis von rund 680 000 Euro, der mit einigen Extras auf bis zu 950 000 Euro steigen kann.

Das gut gefüllte Auftragsbuch bei Morelo steht exemplarisch für die Entwicklung auf dem Gesamtmarkt für Reisemobile und Caravans in Deutschland. „Wir hatten 2022 ein außergewöhnliches Jahr für unsere Branche, und zwar im guten wie im schlechten Sinn“, sagt Hermann Pfaff, der Präsident des Caravaning-Industrieverbands Deutschland (CIVD).

Zwei Zahlen verdeutlichen dies: Die Zahl der Neuzulassungen bei den Freizeitfahrzeugen sank in Deutschland auf knapp 91 000 Stück – dies entspricht einem Rückgang von 14,3 Prozent gegenüber 2021. Allerdings stieg der Umsatz der Branche im gleichen Zeitraum um einen halben Prozentpunkt auf 14 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Die Folgen für die Käuferinnen und Käufer sind offensichtlich. Wer bei einem Reisemobil oder Caravan zugriff, musste für das entsprechende Modell mehr auf den Tisch legen. Die Inflation wirkte sich spürbar auf die Preise am Markt aus.

Der wichtigste Grund für den deutlich zweistelligen Rückgang bei den Freizeitfahrzeugen: Lieferengpässe. „Wir haben unter fehlenden Materialien und Komponenten gelitten“, sagt Hermann Pfaff, „außerdem gab es einen akuten Mangel bei den Fahrzeugchassis.“ Beim Chassis handelt es sich um das Fahrgestell der Reisemobile – diese werden beispielsweise von Herstellern wie Mercedes geliefert. Gerade die Hersteller aus dem Oberklassesegment für Reisemobile spüren beim Einkauf von Chassis ihre Abhängigkeit von einigen wenigen Herstellern.

Die Wartezeiten für die Kunden sollen kürzer werden

So wirken sich die Folgen des Ukrainekriegs und der – inzwischen weitgehend beendeten – Coronabeschränkungen in China unmittelbar auf Umsatz und Gewinn in der Reisemobilbranche aus. „Eine so komplexe und herausfordernde Situation hat unsere Branche noch nie erlebt“, sagt Hermann Pfaff. Für 2023 rechnet er damit, dass sich die Liefersituation im Laufe des Jahres verbessern wird, mit positiven Folgen für die Kunden: „Die Wartezeiten für bestellte Fahrzeuge werden kürzer.“

Die Delle bei den Neuzulassungen trifft die Branche mitten in einem seit Jahren anhaltenden Boom – viele Unternehmen sind neu in den Markt eingestiegen, das Angebot und die Konkurrenz nehmen zu, was in gewöhnlichen Zeiten den Kaufinteressenten zugute kommt. Auf der CMT zeigen in diesem Jahr 181 Hersteller ihre Reisemobile oder Caravans.

Gefragt sind bei den Kundinnen und Kunden dabei nicht nur Luxusmobile – viele Familien und Jüngere sind während der Pandemie auf den Geschmack gekommen und wollen unabhängig mit dem eigenen Fahrzeug Urlaubsregionen entdecken. Unter „Vanlife“ ist der Trend zum nachhaltigen Tourismusvergnügen zusammengefasst. Die CMT widmet den günstigeren Modellen einen großen Bereich auf der Messe. Einstiegspreise bei neuen Kastenwagen beginnen bei etwa 40 000 Euro, bei Campingbussen liegen die günstigsten Modelle zwischen 50 000 und 60 000 Euro.

Die Branche bietet einen neuen Ausbildungsgang an

Die Branche sucht angesichts der weiter starken Nachfrage unterdessen händeringend nach Fachkräften. Der Mangel wirkt sich bereits jetzt aus – es fehlt in der Produktion, in den Werkstätten, aber auch im Handel an qualifiziertem Personal. Besserung soll die erste eigene Ausbildungsform der Caravanbranche bieten. Im August startet deshalb die Fachrichtung „Caravan- und Reisemobiltechnik“.

Die Lehrlinge sollen dabei über dreieinhalb Jahre hinweg Kenntnisse beispielsweise im Umgang mit Materialien wie Holz erlangen, die in Reisebussen eingebaut werden. Fertig ausgebildete Fachkräfte hätten aus Sicht des Verbands mit Blick auf den Boom der Branche hervorragende Perspektiven.