Lucas Reuter (links) und Johannes Ernst, das neue Führungsduo der Ludwigsburger Schlossfestspiele Foto: Schlossfestspiele

Die Ludwigsburger Schlossfestspiele seien unterfinanziert, heißt es seit geraumer Zeit. Dennoch gibt es den Anspruch, ein hochklassiges Programm auf die Beine zu stellen. Wie schafft der neue Intendant Lucas Reuter diesen Spagat?

Die Ludwigsburger Schlossfestspiele haben weit über die Stadtgrenzen hinaus einen guten Ruf und einen hohen künstlerischen Anspruch – kein Wunder, sind sie doch zugleich Internationale Festspiele Baden-Württembergs. Ein Grund, warum nicht nur die Stadt Ludwigsburg das kulturelle Großereignis fördert, sondern auch das Land. Doch der Zuschuss ist seit 2012 nicht erhöht worden – trotz stark gestiegener Kosten. Wie schafft das neue Führungsteam aus dem Intendanten Lucas Reuter und dem kaufmännischen Leiter Johannes Ernst den Spagat?

Herr Reuter, die Stadt Ludwigsburg schreibt tiefrote Zahlen. Mussten Sie deshalb kürzlich darum bangen, dass der Zuschuss zu den Schlossfestspielen bei 800 000 Euro bleibt?

Lucas Reuter: Ich bin sehr glücklich, dass in der finanziell wirklich schwierigen Situation dieser Zuschuss seitens der Stadt Ludwigsburg ohne Kürzungen gehalten werden kann – wie übrigens alle städtischen Zuschüsse für die Kultur-Einrichtungen in Ludwigsburg. Der Zuschuss muss jährlich durch die Stadt Ludwigsburg beschlossen werden, ist allerdings seit 2012 nicht erhöht oder angepasst worden.

Und angesichts der Inflation ist ja ein gleichbleibender Zuschuss tatsächlich ein geringerer Zuschuss. In welchen Bereichen sind denn die Kosten bei den Schlossfestspielen gestiegen?

Lucas Reuter: Das sind ganz unterschiedliche Faktoren. Seit Corona sind die Kosten für Energie und Technik extrem gestiegen. Die Stromkosten beispielsweise für den Betrieb des Forums mit entsprechender Beleuchtungstechnik sind viel höher, als die meisten sich das vorstellen. Hinzu kommt: Wir mieten alle Räume und Spielstätten an. Neben den Mieten selbst sind alle Kosten in diesem Zusammenhang, von der Reinigung bis zum Sicherheitspersonal, höher geworden.

Johannes Ernst: Darüber hinaus sind die Auflagen und die damit verbundenen Kosten gestiegen.

Lucas Reuter: Beispielsweise braucht man bei den Open Airs viel mehr Sicherheitspersonal als noch vor zehn Jahren.

Dass der Zuschuss der Stadt in nächster Zeit steigt, ist wegen der leeren Kassen nicht zu erwarten. Könnte denn das Land vielleicht seinen Anteil erhöhen, das ja einen Zuschuss in derselben Höhe gibt?

Lucas Reuter: Nein. Dazu muss man wissen, dass das Land uns als Internationale Festspiele Baden-Württemberg schon mehr Förderung gewährt als anderen Festspielen im Land. Normalerweise übernimmt die Kommune zwei Drittel, das Land lediglich ein Drittel. Bei uns ist der Schlüssel 1:1. Dafür haben wir auch die Verpflichtung, den Status des Landesfestivals zu erhalten im Hinblick auf den künstlerischen Anspruch, die Strahlkraft und die Besucherresonanz. Wir sind sehr dankbar dafür, dass das Land Baden-Württemberg in seinem Doppelhaushalt 2025/26 diese 1:1-Förderung bestätigt hat.

Das heißt also, Ihnen bleibt gar nichts anderes übrig als zu sparen, wo auch immer es geht. Wie schafft man das, ohne dass die Qualität darunter leidet?

Johannes Ernst: Die Einsparpotenziale sind marginal. Die Schlossfestspiele haben auch in der Vergangenheit nicht in Saus und Braus gelebt. Und wir haben eine seit Jahren eingespielte Maschinerie. Jede Anpassung erfordert eine Restrukturierung. Und auch wenn wir natürlich sehr froh über die 1:1-Förderung des Landes sind: Im Vergleich zu anderen großen Landesfestivals ist die institutionelle Förderung für die Schlossfestspiele deutlich geringer.

Aber wie schafft man dann den Spagat zwischen Anspruch und Kosten?

Lucas Reuter: Mit Koproduktionen und Kooperationen. Beispielsweise mit der Staatsoper Stuttgart, dem Freiburger Barockorchester, der Gaechinger Cantorey, dem Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz oder der ARD. Und so viel kann ich schon jetzt sagen: Das Kooperationsnetzwerk wird künftig noch dichter.

Die Klassik Open am Monrepos sind Teil des Programms. Foto: Werner Kuhnle

Wie schwer ist es, an Kooperationspartner zu kommen, wenn die vor allem helfen sollen, die Kosten zu senken?

Lucas Reuter: Da laufen wir offene Türen ein. Denn am Anfang steht immer die künstlerische Idee, nicht die Kosten.

Johannes Ernst: Es geht dabei darum, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Auch andere sind zunehmend auf Kooperationen angewiesen – wodurch neue spannende und großartige Formate und Partnerschaften entstehen.

Mal abseits der Zuschusshöhe: Wie sieht die Entwicklung bei den anderen Einnahmen aus? Denn der Wirtschaft, die als Förderer in Frage kommt, geht es ja auch nicht gut.

Lucas Reuter: Bei den Schlossfestspielen ist der Anteil an Karteneinnahmen relativ hoch mit einer Zielgröße von 1,3 bis rund 1,4 Millionen Euro. Ein essenzieller Teil sind neben den institutionellen Förderungen und den Karteneinnahmen die Zuwendungen von privaten Geldgebern.

Wie kann man private Geldgeber zu einer Unterstützung motivieren?

Johannes Ernst: Das Fundraising hat sich in meinen Augen in den letzten Jahren grundlegend verändert. Früher genügte womöglich ein einfaches Anklopfen, heute geht es vielmehr darum, zunehmend partnerschaftliche Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen aufzubauen. Ausgangspunkt ist und bleibt primär die künstlerische Vision und der damit verbundene Transfer.

Aber kann man überhaupt noch Ideen entwickeln, wenn man ständig an die Finanzierbarkeit denken muss?

Lucas Reuter: Wir lassen uns in der künstlerischen Fantasie und Freiheit nicht beschneiden und uns gedanklich nicht ins Bockshorn jagen. Natürlich braucht man die Bereitschaft, sich auch strukturell weiterzuentwickeln. Aber wir planen mit Volldampf die nächsten Festspielzeiten.

Das neue Führungsduo

Lucas Reuter
ist studierter Musik- und Theaterwissenschaftler. Der 41-Jährige leitet seit 2011 die Spielzeit im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg und ist seit 1. Oktober zudem Intendant der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Zuvor war er von 2009 bis 2011 als Dramaturg tätig und wirkte auch international für De Nederlandse Opera Amsterdam sowie die Nationaltheater in Mannheim und Weimar.

Johannes Ernst
hat Betriebswirtschaft mit Vertiefung in Kulturmanagement, Personal- und Change-Management studiert. Der 34-Jährige hat zuvor unter anderem im Festspielhaus Baden-Baden und bei Sony Classical International gearbeitet. Die Kultur ist ihm in die Wiege gelegt worden: Seine Eltern sind Orchestermusiker, und er selbst hat 17 Jahre lang im Chor collegium iuvenum in Stuttgart gesungen.