Erwin Markowsky zeigt die Gefahren im Internet auf – und erklärt so anschaulich, dass geraden Schülerinnen und Schüler sich angesprochen fühlen. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Im Stuttgarter Hospitalhof hat der Profi-Hacker Erwin Markowsky Jugendlichen und Erwachsene mit Live-Hacking-Aktionen die Gefahren im Internet verdeutlicht.

„Oh mein Gott!“ Der Ausruf einer jungen Frau übertönt noch das laute Raunen, das bis auf den Hof des Hospitalhofs hinausschallt. Gerade hat Erwin Markowsky von einem seiner drei Rechner, die er im Paul-Lechler-Saal installiert hat, Alia eine SMS geschickt, ihr mitgeteilt, „Mittagessen fällt aus, gehe zu Claudia, wirst dort abgeholt“. Unterschrieben hat er aber mit „deine Mama“. Über deren Account hat der Profi-Hacker Alia auf eine falsche Fährte gelockt. „Und wenn da jemand schreibt, du wirst um 21 Uhr auf dem Parkplatz abgeholt? Man kann einer SMS nicht immer trauen.“ Schon gar nicht, wenn sich jemand als Sohn oder Enkel mit neuer Handynummer ausgibt, der scheinbar Geld braucht.

Die Hacker mit dem weißen Hut arbeiten im Auftrag von Firmen

„Mit solchen Tricks werden Millionen gemacht“, berichtet Markowsky, ein sogenannter „White-Hat-Hacker“. Die Hacker mit dem weißen Hut nutzen ihre Fähigkeiten im Auftrag von Unternehmen, um Sicherheitslücken in IT-Systemen ausfindig zu machen, so für mehr IT-Sicherheit zu sorgen, während Black-Hat-Hacker nichts Gutes im Schilde führen. Bereits zum fünften Mal war Markowsky in der Landeshauptstadt zu Gast, um per Live-Hacking über die Gefahren im Netz aufzuklären – eingeladen von der Initiative Sparda Surf Safe, die die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg vor zehn Jahren ins Leben gerufen hat. Insgesamt rund 3000 Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur zwölften Klasse erlebten, wie schnell man Opfer von Cyberkriminalität werden kann.

Internetverbote schaffen oft keine Abhilfe

Auch die Erwachsenen konnten sich kostenlos informieren . „Es ist genauso wichtig, die Eltern einzubeziehen“, sagt Markowsky. „Da gehe ich gezielt auf Bereiche ein, die für sie relevant sind.“ Etwa, warum Internetverbot keine wirksame Maßnahme ist. „Das ist kontraproduktiv. Lieber Vertrauen aufbauen, miteinander reden, etwa über Cybergrooming – und wie man sich schützen kann.“ Beim Cybergrooming sprechen Unbekannte Minderjährige im Internet an, um sexuelle Kontakte anzubahnen. „75 Prozent der Nutzenden haben das schon erlebt.“ Auch würden auf Schulhöfen schon unter Elfjährigen harte Pornos getauscht. „Ich frage die Eltern, wer soll Ihre Kinder aufklären, Google oder Sie?“, sagt Markowsky. Und wenn sie im Klassenchat gemobbt würden, kämen Sohn oder Tochter maximal einmal, um darüber zu reden. „Ist ein Bild mal im Netz, bleibt es da“, sagt der Profi-Hacker zu den Jugendlichen im Saal. Er erzählt, wie eine Bekannte ihn bat, ein Oben-Ohne-Bild, das ihre Tochter dem Freund schickte, aus dem Internet zu holen. „Die Frau ist jetzt über 30, das Bild ist noch da.“

Schüler schätzen „gute und lebensnahe“ Erläuterungen

Waren vom Bilderteilen früher mehr Mädels betroffen, seien es nun Jungs. „42 Prozent – doppelt so viele wie Mädchen!“, so Markowsky. Er weist darauf hin, dass es wichtig ist, Profile auf Sozialen Medien privat zu stellen und sich ein sicheres Passwort zuzulegen gegen „Brute Force Attacken“, also Versuchen dieses zu knacken. Wie leicht E-Mails manipuliert werden können oder die Webcam gekapert wird, zeigte Markowsky mit „Anna“, so der Chatname des Teenagers. Einfach auf was geklickt, was eine vermeintliche Vertrauensperson schickt – „schon bemächtigt sich ein Trojaner dem eigenen Rechner oder Mobilgerät.“ Wie letzteres über die Besitzenden Auskunft gibt, wenn nicht die richtigen Knöpfe, etwa W-Lan und Bluetooth, auf „Aus“ stehen, war auch auf der großen Leinwand zu sehen: eine lange Liste der Handys im Saal, zum Teil mit Nutzernamen und Log-in-Orten.

Das kennen Mario Silvestro und Esra Gülal. Sie waren mit ihrer sechsten Klasse der Jörg-Ratgeb-Schule Neugereut gekommen. „Medienbildung ist enorm wichtig, es gehört zum Alltag“, so Gülal. Und Silvestro ergänzte: „Ich war schon vor fünf Jahren bei Erwin Markowsky. Er erklärt die Dinge so gut und lebensnah – wenn man zehn Prozent davon nutzt, hilft das schon enorm.“