Was tun in so einer Situation? Ruhig bleiben und genießen, sagt die Fachfrau. Foto: Werner Kuhnle

Wenn in Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) Schäferlauf ist, heißt es früh aufstehen. Beim Leistungshüten zeigen Schäfer mit ihren Hunden, wie gut Teamarbeit funktioniert.

Ausschlafen in den Sommerferien? Nicht, wenn in Markgröningen Schäferlauf ist. Das Leistungshüten zum Auftakt am Freitag startet um kurz vor 8 Uhr – und nicht wenige aus nah und fern stehen zur frühen Stunde schon auf der Matte. Beziehungsweise auf den Wiesen und Wegen gegenüber der Markgröninger Klinik.

Das hat Tradition. Beim Markgröninger Schäferlauf 1937 fand das erste Preis- beziehungsweise Leistungshüten statt. Seit 1948 ist es der erste Programmpunkt des Schäferlaufs am Tag vor dem Hauptfesttag. Es gibt Kaffee und Kuchen, Schaffelle und Lammwurst. Sogar englisch sprechende Gäste sind diesmal unter den Schaulustigen, die zum Ort des Geschehens pilgern. Dort, mitten auf der Wiese, sind die Schafe und ihr Schäfer beziehungsweise ihre Schäferin die Hauptdarsteller der Veranstaltung.

Schäfer, Hütehund und Schafe müssen harmonieren

Viele Menschen kommen, um sich das Leistungshüten anzuschauen. Foto: Werner Kuhnle

Die Ausbildung zum Schäfer und zur Schäferin machen derzeit mehr Frauen als Männer, informiert Anette Wohlfarth vom Landesschafzuchtverband. Beim Leistungshüten in Markgröningen in diesem Jahr sind drei Schäfer und zwei Schäferinnen vertreten. Sie führen nacheinander mit ihrem Hütehund oder ihrem Hundepaar die Markgröninger Schafherde über das Gelände, eine Jury bewertet, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Schäfer, Hütehund und Schafen funktioniert.

Der Berufswettkampf der Schäfer wird sowohl auf regionaler als auch auf Landes- und Bundesebene nach einer einheitlichen Hüteordnung ausgetragen. Die Wettkampf-Stationen bilden in etwa den Tagesablauf eines Schäfers in Zeitraffer ab: Nach dem so genannten Auspferchen wird die Herde über Feldwege und freies Gelände zur Weide geführt, über eine Brücke geht es zu einer weiteren Weide, am Ende werden die Schafe wieder eingepfercht, also an einen bestimmten Platz zurückgebracht.

Dazwischen ist noch ein eher brenzliger Punkt zu absolvieren: Die Schafe müssen über die Straße geführt werden, dabei fährt ein Auto vorbei. Beim Leistungshüten geschieht das unter optimalen Umständen. Die Straße wird an diesem Vormittag bei jedem Durchgang von der Polizei gesperrt, im türkisblauen Auto, das die Herde passiert, sitzt eine städtische Mitarbeiterin, die die Situation kennt.

Im echten Leben eines Schäfers ist das anders. Da gibt es keine Sperrung, wenn eine Straße überquert werden muss. Zudem „stoßen wir aktuell auf sehr wenig Verständnis von anderen Verkehrsteilnehmern“, sagt Anette Wohlfarth. Deshalb ihr Appell: „Wenn eine Schafherde auf der Straße ist, bitte ruhig bleiben und einfach den Anblick genießen.“

Letzterer ist in der Tat eine Augenweide. 300 wollige Mitglieder zählt die Herde vom Markgröninger Stadtschäfer Edmund Wörner. Ihre Hauptaufgabe ist wie bei ihren Artgenossen die Landschaftspflege. Sie sorgen mit ihrer schonenden Mäh-Arbeit auf Wacholderheiden, Wiesen und Streuobst-Stücken für Artenvielfalt und verhindern Verbuschung.

Der Preis für die Wolle ist komplett im Keller

Für den Schäfer ist die Landschaftspflege die Haupt-Einnahmequelle. Deutlich weniger macht die Lammfleischproduktion aus und am allerwenigsten die Vermarktung der Wolle. Sie ist in Deutschland zum Nischenprodukt geworden, informiert Anette Wohlfarth. Der Preis für die Wolle sei seit Corona komplett im Keller. „Das ist sehr traurig, weil die Wolle so wertvoll ist.“

Derweil verfolgt das Publikum gespannt, was die Schafe, Hunde und Schäfer tun. Ebenso die Jury. Holger Banzhaf und Harald Höfel bewerten die jeweilige Teamarbeit. Am Ende hat der Schäfer Herbert Schaible aus Aidlingen die Nase vorn.