Es ist üblich, aber nicht rechtens – das Abstellen von motorisierten Zweirädern auf Gehwegen. Das gilt auch für die Roller von Sharing-Anbietern, betont die Stadtverwaltung. Foto: Elke Hauptmann

Anwohner ärgern sich über wild auf Gehwegen abgestellte Elektro-Motorroller von Sharing-Anbietern. Diese Praxis ist üblich, aber nicht rechtens.

Wangen - Gleich drei Elektro-Schwalben eines Sharing-Anbieters stehen hintereinander auf dem Gehweg in einer Wangener Seitenstraße. Und das schon seit längerem. Passanten ärgern sich über die Hindernisse auf dem Trottoir, Anwohner darüber, dass der Bürgersteig als Parkplatz missbraucht wird. Sie fragen genervt: Dürfen die Miet-Roller dort eigentlich stehen?

Die Antwort aus dem Stuttgarter Rathaus ist eindeutig: „Grundsätzlich ist das Parken von motorisierten Zweirädern auf Gehwegen nicht gestattet“, teilt Pressesprecher Niklas Junkermann mit. Das gelte nicht nur für privat zugelassene Motorroller. „Auch die E-Roller von Free-Floating-Flotten unterliegen den allgemeinen Parkregelungen.“ Beim Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart heißt es zur Erklärung: Die Straßenverkehrsordnung (StVO) mache beim Parken auf dem Gehweg keinen Unterschied zwischen einem Roller oder einem Auto. „Alle versicherungspflichtigen Zweiräder müssen auf der Straße parken.“ Es sei denn, der Bürgersteig ist speziell gekennzeichnet: Steht dort ein blaues Verkehrszeichen mit einem halb auf dem Gehweg stehenden PKW darauf, ist das Parken dort erlaubt.

Zugeparkte Geh- und Radwege seien auf jeden Fall im Fokus der Verkehrsüberwachung, heißt es im Rathaus. Mit Sanktionen müssen Falschparker also rechnen. Allerdings zeigen sich die Ordnungshüter in Stuttgart aufgrund des Parkplatzmangels in der Stadt durchaus kulant und drücken auch mal ein Auge zu, wenn die Miet-Motorroller niemanden stören – was man offiziell natürlich nicht zugeben will. Die Toleranz endet jedoch, wenn die Zweiräder „vogelwild“ abgestellt werden. „So werden Parkverstöße von Krafträdern auf den von Fußgängern oder gemeinsam mit Radfahrern genutzten Verkehrsflächen immer beanstandet, wenn durch den Parkverstoß die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wird oder eine maßgebliche Behinderung vorliegt, zum Beispiel bei unzureichender Rest-Gehwegbreite“, erläutert der Sprecher der Stadt.

Diese ist freilich nicht klar definiert. Grob gesagt bedeutet Rest-Gehwegbreite: Es muss so viel Platz bleiben, dass man mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl mühelos an den Zweirädern vorbeikommen kann. Andernfalls wird man zur Kasse gebeten: Aktuell wird das unerlaubte Parken auf dem Gehweg mit 20 Euro bestraft. In der Novelle der StVO vom 28. April 2020, die aufgrund eines Formfehlers derzeit nicht greift, sind mindestens 55 Euro vorgesehen. Werden andere Verkehrsteilnehmer dadurch behindert, sollen 70 Euro fällig werden, bei einer Gefährdung sogar 80 Euro – in beiden Fällen verbunden mit einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei. Wie viele „Knöllchen“ das Stuttgarter Ordnungsamt an uneinsichtige Zweiradfahrer verhängt hat, kann nicht beziffert werden. „Eine Differenzierung bei den Bußgeldern nach Fahrzeugarten findet nicht statt“, räumt Junkermann ein.

Die Fahrer von Miet-Motorrollern dürfen übrigens nicht darauf bauen, dass sie bei einem Verstoß ohne Strafzettel davon kommen. Werden sie nicht „auf frischer Tat ertappt“, geht der Kostenbescheid an den Fahrzeughalter – also an die beiden Verleihfirmen, die Carsharing-Elektroroller in Stuttgart vermieten: Die Stadtwerke Stuttgart bieten die blauen Stella-Roller an, die Firma Govecs weiße Zoom-Schwalben. Die Fahrzeugflotten umfassen jeweils 200 Fahrzeuge. „In der Regel können die Sharing-Anbieter den Fahrer identifizieren“, betont der Stadtsprecher.

Nach Einschätzung der Verwaltung gibt es „Hotspots“, an denen das Gehwegparken von E-Motorrollern verstärkt zu beobachten ist. Aber nicht überall ist es möglich, wie beispielsweise in der Theodor-Heuss-Straße, eigens ausgewiesene Parkflächen zu schaffen. Deshalb sei die Stadt mit den Sharing-Anbietern „im ständigen Austausch, um die Situation gerade auch mit Blick auf die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu optimieren“, so Junkermann.

Unbeeindruckt der Rechtslage verkündet Anbieter Stella auf seiner Homepage, dass die Fahrzeuge auf dem Gehweg abgestellt werden dürften. Allerdings sollten die Fahrer darauf achten, dass die Roller „beim Parken immer ein gutes Bild abgeben“, lautet der Appell. Ein abgestellter E-Roller sollte kein Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, „jeder andere Verkehrsteilnehmer soll die Straße oder den Gehweg weiterhin sicher und problemlos nutzen können“. Hingewiesen wird explizit auch darauf, nicht in Einfahrten, im Halteverbot oder im Hinterhof zu parken.

In Wangen hat die Kritik der Anwohner offenbar Wirkung gezeigt: Seit einer Woche stehen die drei Roller nicht mehr an einem Fleck. Zwei von ihnen sind jetzt an anderen Standorten im Umfeld zu finden.