Die schönen Äpfel kommen in den Verkauf, die unansehnlichen werden oft weggeworfen. Das ist in der EU im Moment der Normalfall, soll sich in Zukunft aber ändern. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa/Stefan Sauer

Die Verschwendung von Lebensmitteln soll in Europa reduziert werden. Dazu will die EU die Regelungen lockern werden, welche Erzeugnisse verkauft werden dürfen.

Allein in Deutschland landen jedes Jahr rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel in der Mülltonne. Nach dem Willen der EU soll es mit dieser Verschwendung ein Ende haben. Damit weniger Essen verschwendet wird, sollen etwa die Regeln für unansehnliches Obst und Gemüse gelockert werden. So soll es in Zukunft den Landwirten erlaubt sein, Äpfel, Birnen, Tomaten oder auch Salatköpfe mit äußerlichen Mängeln direkt auf dem Hof zu verkaufen. Damit werde wegen der kurzen Lieferwege nicht nur das Klima geschont, das Obst und Gemüse könne zudem für die Kunden zu erschwinglichen Preisen abgegeben werden.

Der große Regulierungseifer der EU

Was sich wie eine Selbstverständlichkeit anhört, hat einst die EU durch ihren Regulierungseifer selbst verhindert. Die unzähligen Vermarktungsnormen sollten dazu dienen, die Qualität der Erzeugnisse zu wahren und auf diese Weise auch die Verbraucher zu schützen. Zudem wurde durch internationale Normen der Handel mit anderen Staaten erleichtert. Berühmtestes Beispiel dafür ist die legendäre Krümmungsnorm für Gemüsegurken.

Aus diesem Grund werden Tonnen von Gemüse schon auf dem Feld wieder untergepflügt. Dieser sogenannte Vor-Ernteverlust liegt laut Deutscher Umwelthilfe bei 16,5 Millionen Tonnen. Das sind mehr als 400 000 Lkw-Ladungen, die in keiner Statistik auftauchen, weil die Erzeugnisse nie auf den Markt kommen. Verantwortlich sei vor allem der Handel, glaubt die Organisation. Dessen hohe ästhetische Ansprüche an Obst oder Gemüse beförderten die Lebensmittelverschwendung bereits bei der Ernte. Aber auch das Kaufverhalten der Kunden sei problematisch, die eben nicht zur krummen Gurke oder zum leicht angeschlagenen Apfel greifen. Die Deutscher Umwelthilfe forderte die Bundesregierung zu Beginn dieses Jahres in einem Eckpunktepapier auf, Druck auf die zuständigen EU-Stellen zu machen, die Regelungen neu zu definieren.

Die Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt

Die Intervention scheint sich auszuzahlen, denn inzwischen hat sich in Brüssel die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich nicht nur die Erwartungen vieler Verbraucher verändert haben. Auch selbst betonen die EU-Verantwortlichen immer wieder die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit bei der Lebensmittelproduktion und beim Konsum.

Die EU sorgt sich allerdings nicht nur um die Nachhaltigkeit, sondern auch um das Wohl der Verbraucher. Die sollen in Zukunft besser darüber informiert werden, woher ein Produkt stammt. So sollen etwa auf Etiketten bestimmter Erzeugnisse wie Honig, Nüssen oder Trockenfrüchte alle Herkunftsländer aufgeführt werden. „Wir wollen die Transparenz verkaufter Produkte für Verbraucher verbessern“, sagte Agrarkommissar Janusz Wojciechowski.

Die Reform der „Frühstücksrichtlinie“

Bisher gilt für die Kennzeichnung: Wenn Honig aus der EU mit Importhonig etwa aus China vermengt wird, muss dies nur allgemein auf der Verpackung als „Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ angegeben sein. Theoretisch können kleine Mengen EU-Honig mit einem Großteil billiger Importe vermengt werden. Allerdings soll auch künftig nicht angegeben werden müssen, wie viel Honig aus welchem Land kommt. Der EU-Parlamentarier Markus Ferber unterstützt die Überarbeitung dieser sogenannten Frühstückrichtlinie. „Vor allem bei Honig herrscht bis heute ein Wirrwarr an Ursprungsbezeichnungen, die letztendlich den Ursprung derart verschleiern, dass für den Verbraucher ein Honig-Gepansche aus China kaum von europäischem Honig zu unterscheiden ist“, betont der CSU-Politiker.

Neu geregelt werden soll auch, dass auf Fruchtsäften in Zukunft der Hinweis „ohne zusätzlichen Zucker“ stehen darf. Anders als bei Nektar sei zusätzlicher Zucker ohnehin nicht erlaubt. Das sei den meisten Verbrauchern aber nicht bekannt, argumentiert die Kommission. Aus diesem Grund sei es sinnvoll, dies auf der Verpackung deutlich zu machen.

Marmelade darf nun Marmelade heißen

Im Sinne des Verbraucherschutzes ist auch der Vorschlag der Brüsseler Behörde, dass der Fruchtgehalt einer Konfitüre bald 450 Gramm pro Kilogramm enthalten soll – das wären 100 Gramm mehr als bisher. Für die Qualitätsklasse „Extra“ sind sogar 550 Gramm vorgesehen. „Durch die generelle Anhebung des Fruchtgehalts bekämen die Verbraucher künftig Erzeugnisse mit weniger freien Zuckern und mehr Früchten“, betont die Kommission in einer Mitteilung.

Und noch eine Regelung soll überarbeitet werden, die bisher von vielen EU-Bürgern schlicht ignoriert worden ist. Bisher durften lediglich Konfitüren aus Zitrusfrüchten als Marmelade bezeichnet werden. In Zukunft soll auch Erdbeermarmelade hochoffiziell als Erdbeermarmelade auf dem Frühstückstisch stehen.