Zyklus-Apps können praktisch sein, aber allzu viel sollte man von ihnen nicht erwarten. Foto: Adobe Stock/Alexander /Alexander

Jede Frau sollte ihren Zyklus kennen. Dabei helfen können spezielle Apps für das Smartphone. Der Markt dafür ist riesig, aber sind die digitalen Kalender-Varianten wirklich zuverlässig und was passiert mit all den intimen Daten? Unsere Redakteurin hat sich umgesehen.

Stuttgart - Frauen kennen das. Jeden Monat die gleiche Frage: Wann kommt meine Periode? Wer nicht hormonell verhütet und daher beinahe auf die Minute genau weiß, wann die Blutung einsetzt, der behilft sich gegen unschöne Überraschungen mit Kalendern – und das ist durchaus wichtig. So kann nicht nur der Beginn der Periode einigermaßen geplant werden, auch die Regelmäßigkeit oder eben Unregelmäßigkeiten werden damit festgehalten. Gynäkologen sind dankbar, wenn Frauen ihren Zyklus kennen, denn so können Störungen schneller und einfacher erkannt werden.

Einige Frauen machen sich einfach Notizen in ihrem Kalender, andere nutzen dafür Apps – und davon gibt es einige. Sie heißen Lady Cycle, Flo, Ovy oder Maya, tracken den Zyklus, die Menstruation oder den Eisprung. Manche fokussieren sich auf das reine Festhalten der Periode und des Zyklus, andere sollen bei der Familienplanung helfen. Aber wie genau sind die digitalen Kalender?

Zyklus-Apps als Verhütung?

Um eine Vorhersage der Periode abgeben zu können, müssen diese Apps zunächst mit allerlei Daten gefüttert werden. Zykluslänge, Art des Zervixschleims, Periodendauer oder Periodenstärke werden dabei ebenso abgefragt, wie der Lebensstil, Krankheiten oder Stimmungen. Bis man allerdings eine zuverlässige Vorhersage der Periode und einen Durchschnitt des Zyklus hat, dauert es etwa sechs Monate. Und selbst dann sind Apps nicht zu 100 Prozent genau.

Das bestätigt auch die Gynäkologin Jutta Böhmler-Hahn: „Solche Apps sind nette Gadgets. Sie geben allerdings immer nur den Durchschnitt aus den eingetragenen Werten an. Sie nehmen die angegebene oder durch die Zeit erlernte Zykluslänge und ziehen 14 Tage ab. Daraus ergibt sich die Range der fruchtbaren Tage und dadurch der mögliche Beginn der Periode.“

Aufgrund der Ungenauigkeit rate sie dringend davon ab, solche Apps als Verhütungsmittel zu verwenden. „Das kann man so lange versuchen, bis es schiefgeht.“ Und auch, um schwanger zu werden, seien reine Zyklus-Apps nicht genau genug. Ohne eine Temperaturmessung werde man die fruchtbaren Tage nicht einfach errechnen können.

Ausschlaggebend ist die sogenannte Basaltemperatur, also die Körpertemperatur direkt nach dem Aufwachen. Ein bis zwei Tage vor einem Eisprung sinkt sie ab und zeigt so das kurze Fruchtbarkeitsfenster auf. Messen kann man die Temperatur zwar mit einer App nicht, aber bei Lady Cycle oder Ovy kann diese beispielsweise täglich eingetragen und damit einfacher getrackt werden.

„Lust auf Sex“ – Apps mit intimen Details füttern?

Auch bei Stiftung Warentest fallen viele Zyklus-Apps durch, da sie den Zeitpunkt des Eisprungs und das Einsetzten der Periode rein mathematisch errechnen. Da Frauen aber keine Maschinen sind und der weibliche Zyklus von Monat zu Monat – auch bedingt durch Stress oder Erkrankungen – unterschiedlich sein kann, reicht die Berechnung mittels Algorithmen nicht aus. Besser schnitten im Test Apps ab, die auf den Methoden der natürlichen Familienplanung basieren. Das bedeutet aber auch: Zusätzlich die Basaltemperatur messen oder den Zervixschleim beobachten. Dazu gehören Lady Cycle oder MyNFP, die beide mit „gut“ bewertet wurden.

Keine Frage, Apps bieten zahlreiche praktische Möglichkeiten, um seinen Zyklus zu beobachten, seine Periode vorherzusagen oder den Kinderwunsch besser zu planen. Jedoch werden bei vielen Apps auch intime Details abgefragt, die nur indirekt etwas mit dem Zyklus oder der Periode zu tun haben. Diese reichen von körperlichen Beschwerden, depressiver Stimmung bis zu Information wie: Große Lust auf Sex oder Masturbation. Die Frage, ob man solche Details mit einer App teilen möchte, muss wohl jede Frau selbst entscheiden.

Wohin mit den Daten?

Einige Apps fragen laut Stiftung Warentest sogar nach den echten Namen oder übermitteln gleich die Geräteidentifikationsnummer des Smartphones – Werbekunden freut das sicherlich. Was genau mit den Daten passiert, wird meist nur schwammig in der Datenschutzerklärung erläutert. Ovy versichert, dass die personenbezogenen Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Bei der App Flo heißt es dazu: „Flo App sendet Ihre Daten an AppsFlyer, die diese analysieren […]“ Und weiter: „Zur gleichen Zeit sendet AppsFlyer Ihre Daten an einige seiner Partner […].“ Zu diesen Partnern gehören unter anderem Google Ads, Pinterest oder Facebook.

Wer seine Privatsphäre schützen möchte, sollte mit intimen Daten also vorsichtig sein oder wieder zum klassischen Kalender aus Papier greifen.

Unsere Kolumnenreihe „Lasst uns über ... reden“ über Liebe, Sex und Intimes – alle Folgen im Überblick