Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller freut sich über die gute Auftragslage, sieht aber viele Unwägbarkeiten. Foto: Trumpf

Bei dem Ditzinger Maschinenbauer, der so viel Aufträge hat wie noch nie, zählt künftig nicht mehr die Anwesenheit am Arbeitsplatz. Wie das Bündnis für Arbeit 2025 aussieht.

Ditzingen - Trumpf gewährt seinen Mitarbeitern eine größere Flexibilität. Der Maschinenbauer verabschiedet sich von konkreten Prozent- oder Stundenvorgaben für mobiles Arbeiten. In der Vor-Corona-Zeit waren 20 Prozent der Arbeitszeit als mobiles Arbeiten möglich. Mit einem neuen Bündnis für Arbeit 2025 „gehen wir den Weg von einer Anwesenheitskultur hin zu einer Ergebniskultur“, sagte Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller bei der Jahrespressekonferenz.

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Die konkrete Ausgestaltung übernehmen die Führungskräfte mit ihren Teams, denn die Anforderungen seien unterschiedlich und variierten stark – im Reinraum in der Lasertechnik seien sie anders als bei vielen Bürotätigkeiten oder im Außendienst, so Leibinger-Kammüller. Auch die Arbeitszeitkonten werden flexibler. Überzeiten gehen jeweils zur Hälfte auf ein sogenanntes Konjunkturkonto – als Sicherheit für die Mitarbeiter bei konjunkturellen Schwankungen – und auf ein Mitarbeiterkonto, das der Beschäftigte als Freizeitausgleich nutzen oder sich auszahlen lassen kann.

Das Bündnis startet zum 1. Januar 2022 und gilt für die Standorte Ditzingen , Gerlingen (beide Kreis Ludwigsburg) und Hettingen (Kreis Sigmaringen) mit ihren rund 5100 Mitarbeitern, weitere werden folgen, darunter auch Freiburg und Schramberg (Kreis Rottweil), wo derzeit verhandelt wird. Auch gilt künftig für alle außertariflichen Mitarbeiter die Vertrauensarbeitszeit, wie sie bereits für Hauptabteilungsleiter und Geschäftsführer gelte.

Konjunkturkonto für den Krisenfall

Zudem verabschiedet sich Trumpf von den sogenannten Bündnisstunden – bislang arbeiten Tarifmitarbeiter 70 Stunden pro Jahr zur Beschäftigungssicherung, dieses Jahr werden sie auf 50 abgesenkt, bis 2024 auf null Stunden. Nach Auslaufen der vereinbarten Beschäftigungssicherung im Juli 2024 will sich Trumpf im Krisenfall mit dem Betriebsrat zusammensetzen und könnte dann unter anderem das neue Konjunkturkonto mit einbezahlten Überstunden nutzen und weitere Instrumente des Tarifvertrags.

Im vergangenen Geschäftsjahr 2020/2021, das am 30. Juni endete, steuerte Trumpf trotz Coronapandemie auf Erfolgskurs. Mit 3,9 Milliarden Euro (plus 19,7 Prozent) wies Trumpf den höchsten Auftragseingang in der fast hundertjährigen Unternehmensgeschichte aus. „Ob wir den hohen Auftragseingang von fast vier Milliarden Euro vollständig zu Umsatz machen können, hängt von der Situation bei Rohstoffen und Vorprodukten ab“, so die Trumpf-Chefin. Mit Blick auf Engpässe in den globalen Lieferketten bei Chips, die Inflation, Materialpreise und Transportkosten, sagte sie, „für allzu großen Optimismus ist es noch zu früh“. Die Coronapandemie und die Chipkrise würden täglich zeigen, „dass sich Dinge schlagartig ändern können“.

„Dinge können sich schlagartig ändern“

In den ersten drei Monaten des neuen Geschäftsjahres – also von Juli bis September – hielt die gute Entwicklung an. Der Auftragseingang stieg um 54 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro. Trumpf rechnet fürs gesamte Geschäftsjahr mit einem Umsatzplus im zweistelligen Prozentbereich und einer Rendite vergleichbar mit dem Niveau des Vorjahres.

Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter im Inland

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/21 legte Trumpf beim Umsatz um 0,5 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 19,5 Prozent auf 369,5 Millionen Euro. „Dank eines konsequenten Krisenmanagements ist Trumpf gut durch die Pandemie gekommen“, so Leibinger-Kammüller. Deutschland ist mit 579 Millionen Euro Umsatz immer noch der größte Einzelmarkt, gefolgt von China. Die Zahl der Mitarbeiter stieg weltweit um 3,1 Prozent auf knapp 14 800, davon arbeiten 7600 in Deutschland.