Der 60-jährige Angeklagte, dem rund 160 Fälle von sexuellem Missbrauch vorgeworfen worden waren, ist in der Untersuchungshaft verstorben.
Eigentlich hätte der seit Ende Oktober laufende Prozess am Landgericht Stuttgart gegen einen 60-jährigen Mann aus Welzheim wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs seiner Nichte kurz vor Weihnachten oder spätestens Anfang Januar zu Ende gehen sollen. Doch zu einem Urteil wird es nicht mehr kommen. Volker Peterke, der Vorsitzende Richter der 5. Großen Strafkammer, hat am fünften Verhandlungstag den Prozessbeteiligten und der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass der Angeklagte in der Untersuchungshaft verstorben ist. Die Pressestelle des Landgerichts bestätigte dies in einer Pressemitteilung.
Emotionen kochen hoch
Die Emotionen waren in dem Prozess schon vorher hochgekocht: Bereits am zweiten Verhandlungstag, kurz bevor die mittlerweile 20-jährige Nichte unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen werden sollte, hatten Familienangehörige den Angeklagten im Gerichtssaal körperlich zu attackieren versucht. Ein Großaufgebot von Justizbeamten musste einschreiten.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem 60-Jährigen schweren sexuellen Missbrauch in rund 160 Fällen und Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. Er sollte die im Mai 2004 geborene Nichte zwischen 2011 und 2019 regelmäßig sexuell missbraucht haben, überwiegend als sie zwischen acht und 14 Jahre alt war. Laut Anklage hatte er das enge familiäre Vertrauensverhältnis zu dem Mädchen und dessen Eltern ausgenutzt. Die Nichte habe den Onkel „Opa“ genannt und mehrmals pro Woche in dessen Wohnung in Welzheim übernachtet. Dort, aber auch im Urlaub in der Türkei, soll es zu den sexuellen Übergriffen gekommen sein.
Nichte hat die Vorfälle geheimgehalten
Laut Anklage hatte der Angeklagte das Mädchen unter Druck gesetzt und ihr gedroht, sie werde die Familie zerstören, wenn sie jemand anderem davon erzähle. Die Nichte habe die Vorfälle daher lange geheimgehalten – auch, weil sie ein enges Verhältnis zur Frau des Angeklagten hatte.