Weil er unter anderem einen Busfahrer in Esslingen verprügelt hat, steht ein Mann vor Gericht. Foto: SDMG//Kohls

Er attackiert Passanten, beleidigt Polizisten und verprügelt einen Busfahrer. Der Täter soll psychisch krank sein. Trotzdem kommt er nicht in eine Anstalt.

Stuttgart - Es war am Morgen des 20. Juli vorigen Jahres, als ein Bus am Esslinger Hauptbahnhof nur knapp an einem 25-jährigen Mann vorbeirauschte. Das sollte Folgen haben – für den Fußgänger und den Busfahrer. Der gewaltsame Konflikt und die anschließende Festnahme markieren den Endpunkt einer Nacht, die der psychiatrische Gutachter vor der 5. Strafkammer des Landgerichts eine ganz schlechte nennt.

Der Fall ist eigentlich eine Amtsgerichtssache. Vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung werden dem 25-Jährigen vorgeworfen. Doch weil die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Beschuldigte psychisch krank ist, hat sie den Antrag auf Unterbringung in der Psychiatrie gestellt. Und ein solcher muss von einer Großen Strafkammer bearbeitet werden.

Passanten ohne Grund getreten

Am Abend des 19. Juli war der Beschuldigte mit Freunden in Stuttgart unterwegs gewesen. Der unter Alkohol stehende Mann geriet mit den Kumpels in einen Streit, den ein völlig unbeteiligter Passant ausbaden musste. Diesem 30-Jährigen versetzte der Beschuldigte ohne Grund zwei Tritte in den Hintern. Die Polizei nahm den 25-Jährigen fest und erteilte ihm einen Platzverweis vom Hauptbahnhof bis zum Rotebühlplatz. Auf der Wache hatte der Mann die Beamtinnen und Beamten wüst beleidigt. Er bedachte sie einzeln mit einem Vulgärausdruck für das weibliche Genital.

Wieder auf freiem Fuß missachtete er den Platzverweis, Polizisten wurden auf ihn aufmerksam, worauf es erneute Beleidigungen hagelte und die zweite Festnahme erfolgte. Wieder kam der Mann auf freien Fuß und machte sich auf den Heimweg nach Esslingen. Dort folgte die dritte Festnahme.

Er trat gegen den zu nah vorbeifahrenden Bus. Danach prügelte er auf den Busfahrer ein, der eine Gehirnerschütterung erlitt.

Er glaubt, er werde abgehört

Der Mann leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Er glaubt, er werde von Magnetstrahlen beeinflusst, er werde abgehört und von außen gesteuert. Er befürchtet, gegen seinen Willen für einen Anschlag missbraucht werden zu können. Seiner Mutter gegenüber soll er angekündigt haben, sich einer islamistischen Terrororganisation anzuschließen.

Der Gutachter bestätigt die Krankheit, sagt aber auch, er erkenne keinen Zusammenhang mit den Taten. Also wird aus dem Beschuldigten ein Angeklagter, man geht vom Unterbringungs- ins Strafverfahren über. Und die Prozessbeteiligten einigen sich. Wenn der 25-Jährige ein Geständnis ablegt und sich regelmäßig ein Neuroleptikum in Form einer Depotspritze verabreichen lässt, sei eine Bewährung möglich.

So kommt es. Am Ende wird der Angeklagte, der von Verteidiger Andreas von Scholley vertreten wird, wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.