Untertürkheimer Platz: die Polizei und KSC-Anhänger stehen sich gegenüber. Foto: Andreas Rosar

Die 591 festgesetzten Anhänger des KSC beschweren sich über den harten Kurs gegen sie. Doch die Polizei begründet ihr Vorgehen.

Stuttgart - Am Tag nach dem Derbysieg der Stuttgarter gegen die Karlsruher besteht viel Gesprächsbedarf. Und meist haben die Wortmeldungen, zumal jene aus Karlsruhe, einen unzufriedenen bis ziemlich saueren Unterton. Nämlich dann, wenn es um das Vorgehen der Stuttgarter Polizei geht, die am Sonntag klar durchgegriffen hat: Mehrere Hundert Anhänger des Karlsruher SC durften nicht, wie in vorbereitenden Gesprächen zur Sicherheitslage vereinbart, mit Bussen bis zum Stadion vorfahren. Und dann stoppte die Polizei auch noch knapp 600 Fans, durchsuchte sie, verhängte Platzverweise und behandelte sie erkennungsdienstlich. Erst nach Spielende seien diese Anhänger der Karlsruher wieder frei gewesen, einer habe während des Festsetzens sogar einen Kreislaufkollaps erlitten, teilen die „Supporters Karlsruhe“, der Dachverband der KSC-Fans, und die Fanhilfe Karlsruhe in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Doch nicht nur die vom polizeilichen Vorgehen unmittelbar betroffenen sind sauer. Auch Stuttgarter Fans sind stinkig. Die Polizei habe ihnen die „Derbystimmung“ verdorben, heißt es, trotz des Sieges: „Es herrscht große Freude über den souveränen Derby-Sieg und die wichtigen Punkte im Kampf um den Aufstieg. Von Teilen der Fanszene wird aber auch bedauert, dass es keinen Stimmungswettstreit zwischen VfB und KSC-Fans gab und darunter die Atmosphäre im Stadion gelitten hat“, so der VfB-Fanbeauftragte Christian Schmidt.

Polizei: Die rote Linie war klar benannt

Bei der Stuttgarter Polizei verteidigt man das Vorgehen. „Wir haben im Vorfeld ganz genau gesagt, wo die rote Linie ist, nämlich bei Gewalt gegen Menschen und Sachen“, sagt der Pressesprecher Stephan Widmann. An dieser Ansage habe man sich orientiert – und die Stuttgarter Fans hätten das auch akzeptiert. „Auch die Stuttgarter warfen Böller. Aber auf unsere Ansprache hin haben sie das gelassen – und durften daraufhin natürlich ins Stadion“, sagt Widmann.

Die Karlsruher Fans hätten sich nicht beruhigen lassen – zumindest diejenigen in ihren Reihen, denen das polizeiliche Einschreiten galt. Sie hätten nicht nur verbotene Pyrotechnik abgefackelt. „Diese warfen sie auch noch auf unsere Beamten“, sagt Widmann. Auch Warnbaken von einer Baustellenabsperrung seien auf Polizisten geflogen. Da habe die Einsatzleitung die Linie klar überschritten gesehen.

Zum Kritikpunkt, die Busse seien gestoppt worden, obwohl das bei mehreren Vorbesprechungen anders vereinbart gewesen sei, kontert die Polizei: Es habe sich am Sonntagvormittag eine neue Lage ergeben. Die Stuttgarter Sicherheitskräfte hatten Informationen erhalten, wonach Fans in den Bussen pyrotechnische Gegenstände und Vermummungsmaterial mitführen würden. „Deswegen haben wir den Plan geändert“, so Widmann. Die Busse mussten nun bis Untertürkheim fahren, die Fans von dort zum Stadion gehen – statt direkt davor auszusteigen. Damit wollte die Polizei offenbar erreichen, dass die Fans Abstand vom Stadion haben und man sie vorher noch kontrollieren konnte. Für die Fanvertretungen aus Baden stellt dieses Vorgehen den Sinn der vorherigen Besprechungen in Frage: „Es bedeutet für uns einen erheblichen Vertrauensverlust in Sicherheitsbesprechungen und für im Vorfeld getroffene Absprachen“, heißt es in deren Erklärung.

Die Polizei muss sich auch den Vorwurf anhören, unter den festgehaltenen 591 Personen seien unschuldige Familienväter, Frauen und Kinder gewesen. „Von Kindern wissen wir nichts, es kam auch niemand mit Kindern auf uns zu“, sagt Widmann. Eltern mit Kindern hätte man aus dem Pulk rausgelassen. Sieben Jugendliche seien unter den 591 Karlsruhern erfasst worden. Wer sich gemeldet hätte und glaubhaft versichern konnte, nicht auf Krawall aus zu sein – etwa weil er oder sie keine Karte für den Gästeblock hatte – durfte ebenfalls weiterziehen.