Als die Tiefgarage blockiert wurde, griff die Polizei ein: Demo anlässlich eines Autogipfels vor dem Porsche-Museum in Stuttgart Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Reine Schikane oder pure Notwendigkeit? An Straßenblockaden von Umweltaktivisten scheiden sich auch in Baden-Württemberg die Geister.

Stuttgart - Im Namen des Klimaschutzes sind dieses Jahr in Baden-Württemberg vermehrt Straßen blockiert worden. Wie das Innenministerium auf Anfrage der FDP im Landtag mitteilte, zählte die Polizei landesweit bis Ende Oktober 26 solcher Fälle, die meisten davon in Freiburg (8), Stuttgart (5) und Esslingen (4).

Vergleichszahlen aus dem Vorjahr gibt es nicht. Laut Innenministerium dürfte es 2018 allerdings deutlich weniger Blockaden gegeben haben. 17 Blockaden sind der Umweltschutzbewegung „Extinction Rebellion“ zuzuordnen, neun der Schülerprotestbewegung „Fridays for Future“, die an diesem Freitag wieder in 500 deutschen Städten demonstrieren will.

Der Verkehr hat nicht Vorrang

Die Dauer der Blockaden reichte von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Der längste Protest fand am 25. Oktober vor dem Porsche-Museum in Stuttgart anlässlich eines Auto-Gipfels statt (279 Minuten). Als Demonstranten dort die Ausfahrt der Tiefgarage blockierten, trug sie die Polizei weg. Auch in zwei weiteren Fällen wurde landesweit „unmittelbarer Zwang“ angewendet. Ansonsten endeten die Proteste friedlich, der Verkehr wurde umgeleitet. Wenn der Verkehr umgeleitet werden kann, ist nach der Rechtsauffassung des Innenministeriums ein härteres Vorgehen der Polizei gegenüber den Demonstranten nicht verhältnismäßig. Die FDP sieht das etwas anders.

Wie spontan darf es denn sein?

Die FDP sieht in den Blockaden Schikane und fordert vom Land klare, härtere Vorgaben an die Ordnungsämter. Dies lehnt das Innenministerium ab. Auch Spontan-Demos müssten geduldet werden. Die FDP zweifelt die Spontanität allerdings an. „Wenn sogenannte Umweltaktivisten landauf landab Straßenblockaden organisieren, ist das gezielt und von langer Hand geplant“, so die Landtagsabgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr.

Keine Bezahlung

Ein Sprecher von „Extinction Rebellion“ wies unterdessen Medienberichte zurück, wonach Aktivisten nicht nur in Großbritannien und den Niederlanden, sondern auch in Deutschland bis zu 450 Euro pro Woche an Aufwandsentschädigung bekommen können. „Es gibt sicher einen internationalen Topf, aber das wollen wir gar nicht. Das ist vielen von uns auch suspekt“, so der Sprecher. Innerhalb der Bewegung gebe es allerdings einen „Austauschkanal“. Dort können Aktivisten andere um finanzielle Unterstützung bitten. „Doch hat dies nichts mit einer Bezahlung zu tun“, so der Sprecher.

Das Ganze nenne sich „RebelSupply“ und laufe so ab: Bedürftige könnten dort eine Summe nennen, die sie benötigen. Eine Person, die andere gerne mit ihrem Geld unterstützen möchte, könne dann darauf reagieren. Weder für das Blockieren von Straßen oder für das Arbeiten in der Bewegung werde man aber bezahlt, so der Sprecher. „Wir stützen uns zu hundert Prozent auf ehrenamtliche Arbeit.“ Wie es mit der Bewegung in Deutschland weitergeht, soll laut dem Sprecher bei einem bundesweiten Treffen von Mitgliedern der verschiedenen Ortsgruppen Anfang Dezember besprochen werden.