Der Einsatz lauter Güterwaggons ist von Ende 2020 an verboten. Das gilt aber wohl nicht für alle Regionen in Deutschland. Foto: dpa/Rene Priebe

Lärmbelästigungen durch den Schienenverkehr sind oft ein Ärgernis. Das ist nun bald passé, denn der Einsatz lauter Güterwagen wird Ende 2020 in Deutschland verboten. Ein Allheilmittel ist es aber nicht.

Berlin - Es ist ein Meilenstein auf dem Weg zur leiseren Bahn. Mit dem Fahrplanwechsel Ende 2020 ist der Einsatz lauter Güterwagen in Deutschland verboten. Das entlastet flächendeckend geplagte Schienenanrainer von Bahnlärm. Ein Allheilmittel allerdings ist es nicht.

Für Experten steht fest: Es wird Regionen wie das enge Mittelrheintal geben, die wegen des Bahnverkehrs, der oft mitten durch die Orte führt, laut bleiben. Es kann sogar noch lauter werden. Denn die Bundesregierung hat das Ziel, die Fahrgastzahlen im Personenfernverkehr bis 2030 zu verdoppeln und auch den Güterverkehr auf der Schiene deutlich zu erhöhen.

Die Lärmbelastung sei „die ökologische Achillesferse der Bahn“, sagt René Weinandy, Fachgebietsleiter beim Umweltbundesamt (UBA). Im dicht besiedelten Deutschland seien weite Teile der Bevölkerung von Lärm betroffen, der die Gesundheit vieler Menschen beeinträchtige und ihre Lebensqualität mindere.

Schienenlärm macht krank

Jeder dritte Bundesbürger fühlt sich von Schienenlärm gestört. Besonders Güterzüge verursachen hohe und gefährliche Belastungen. Studien zeigen: Solcher Lärm macht krank und kann Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Depressionen auslösen. Betroffene fühlen sich oft hilflos, viele schließen sich Bürgerinitiativen an, die wie im Rheintal teils seit Jahrzehnten für besseren Lärmschutz kämpfen.

Durch den Druck musste die Politik handeln. Dirk Flege von der Allianz pro Schiene nennt einige Maßnahmen. So wurde 2015 der Schienenbonus abgeschafft, der lange Zeit höhere Lärmbelastungen erlaubte. Im Jahr darauf wurden die Grenzwerte für die Pflicht zur Lärmsanierung wie den Bau von Schallschutzwänden gesenkt, die Regierung hat eine weitere Absenkung ab 2022 beschlossen. Rund 90 Prozent der Güterwagen sind mit Flüsterbremsen aus Kunststoff statt Grauguss ausgerüstet.

Die Folgeschäden sind hoch

„Damit wird die Regierung ihr Ziel, den Schienenlärm bis Ende 2020 zu halbieren, wohl erreichen“, bilanziert Flege. Doch zum Jubel sieht der Geschäftsführer des Bündnisses keinen Grund. Denn anders als in der Schweiz, die beim Lärmschutz als großes Vorbild gilt, sei die Zahl der betroffenen Menschen nicht gesunken. Und weiterhin verursache Bahnlärm hohe Folgeschäden von 1,6 Milliarden Euro pro Jahr.

Ärgerlich: Der Bund stellt zwar dreistellige Millionensummen für Lärmsanierung bereit, doch allein in den letzten sechs Jahren hat die DB Netz AG 206 Millionen Euro nicht abgerufen. Von 2017 bis 2019 blieben 101 Millionen Euro ungenutzt liegen, die im Bundeshaushalt bereitstanden, wie Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann unlängst auf Anfrage der Grünen einräumte.

Ursache dafür war vor allem die schleppende Umsetzung der Planung und noch fehlende Genehmigungen. Oft dauert es drei Jahre und mehr, bis Arbeiten starten können. Künftig soll das von der Koalition vereinbarte Investitionsbeschleunigungsgesetz auch den schnelleren Bau von Lärmschutzwänden ermöglichen.

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