In einem Tunnel der Linie U9 in Berlin verwandelten Unbekannte einen Notausgang in ein Büro. (Symbolbild) Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Im Tunnel der U9 in Berlin steht plötzlich ein voll eingerichtetes Büro. „Hochgefährlich“ finden das die Berliner Verkehrsbetriebe. Hinter dem Streich steckt wohl Kritik an der Politik der CDU.

Berlin - Im Tunnel der Linie U9 der Berliner U-Bahn hat ein Mitarbeiter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Montag ein ungewöhnliches Bild vorgefunden. Unbekannte richteten in einem Notausgang ein komplettes Büro ein. Wer sich den Scherz erlaubt hat, ist noch nicht bekannt. Die BVG ist alles andere als erfreut.

Die Unbekannten strichen die grauen Betonwände weiß, verlegten blauen Teppich und stellten einen großen Schreibtisch mit zwei Arbeitsplätzen in den Notausgang. An die Wand wurde eine Karte von Berlin und ein Plakat gehängt, das den CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak zeigt. Darauf ist der Slogan „Gegen Mietendeckel klagen“ zu sehen, wobei das „Gegen“ durchgestrichen wurde. Auch für eine Zimmerpflanze, einen Drucker und eine Kaffeemaschine fanden die Unbekannten Platz.

Aktion war hochgefährlich

Die BVG wurde durch Medienanfragen auf das Büro aufmerksam, wie Pressesprecher Jannes Schwentu auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt. Offenbar habe jemand der Presse Fotos des unterirdischen Büros zugeschickt, am Montag überzeugten sich seine Kollegen dann selbst. Bei der BVG vermutet man, dass sich die Einrichtung noch nicht lange in dem U-Bahn-Tunnel befand.

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Für den Streich findet Schwentu keine positiven Worte. „Mit der Aktion haben sich diejenigen selbst in Gefahr gebracht und außerdem andere Fahrgäste gefährdet.“ Im Tunnel verlaufe Starkstrom, zudem sei jegliches, brennbares Material dort gefährlich. Außerdem verleite die Aktionen Nachahmer zu ähnlichen Taten, die möglicherweise nicht so glimpflich ausgehen. Der Großteil der Einrichtung sei bereits wieder entfernt worden, sagt der Pressesprecher.

Installation wohl Kritik an CDU-Politik

Vor vier Jahren wurde an derselben Stelle bereits eine ähnliche Aktion durchgeführt. Das Künstlerkollektiv „Rocco und seine Brüder“ richtete ein Wohnzimmer ein. „Besonders kreativ finden wir die Aktion deshalb nicht“, sagt Schwentu zum neuesten Streich. Der Verdacht liegt nahe, dass das Kollektiv auch diesmal hinter der Aktion steckt. Offiziell bestätigt wurde dies allerdings noch nicht. Die BVG werde in jedem Fall Anzeige gegen Unbekannt wegen Hausfriedensbruch erstatten, so Schwentu.

Auf ihrem Instagram-Kanal teilten „Rocco und seine Brüder“ Bilder des Büros und gaben Hinweise zur Motivation hinter der Installation. „Die Mieten in Berlin haben sich dramatisch erhöht. Sogar die CDU, die erbittert gegen den Mietendeckel kämpft, sind nun zum Opfer ihrer eigenen Politik geworden [...]. Die Entdeckung [...] im Tunnel der U9 ist daher keine Überraschung“, schreiben sie zu dem Posting. Dabei spielen sie auf den geplanten Umzug der CDU aus ihrer bisherigen Zentrale am Berliner Wittenbergplatz an, über den die Berliner Morgenpost berichtete. Die Partei müsse demnach den Standort aufgeben, weil die Miete zu hoch ist. Gleichzeitig steht die CDU dem Mietendeckel kritisch gegenüber.

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Laut eigenen Angaben sind die Mitglieder des Künstlerkollektivs seit 2000 fester Teil der Berliner Graffiti-Szene. Seit 2016 präsentieren sie sich offiziell unter dem Namen „Rocco und seine Brüder“ und erschaffen Installationen im öffentlichen Raum.