Endlich wieder Kultur. Die Festhalle Obertürkheim war beim Konzert der Sängervereinigung sehr gut besucht. Foto: Sängervereinigung Eintracht (z)

Es war das erste große Kulturereignis nach dem Lockdown. Das traditionelle Konzert der Sängervereinigung Eintracht Obertürkheim war ein Genuss für Sänger und Publikum – unter der 2-G-Regelung.

Obertürkheim - Der tosende Applaus und die stürmisch geforderten zwei Zugaben waren eine Wohltat – für beide Seiten. Nach zwei Jahren Zwangspause genossen nicht nur die stimmgewaltigen Mitglieder der Sängervereinigung Eintracht Obertürkheim sichtlich die Ovationen des Publikums. Sondern auch die Besucher freuten sich, endlich wieder Live-Kultur und somit ein Stück Normalität erleben zu können. Das Konzert in der Festhalle war mit rund 150 Zuschauern nahezu normal besucht. Möglich machte dies die Entscheidung der Vereinsführung auf das 2-G-Modell zu setzen – sprich nur geimpften oder genesenen Menschen war der Zutritt erlaubt. „Es war die einzig richtige Entscheidung“, ist Vorstand Gerald Müller mehr als zufrieden.

Das war im Vorfeld des Konzerts nicht absehbar. Die Hygiene- und Abstandsregelungen machten ein Vereinsleben nahezu unmöglich. Erst drei Tage vor dem eigentlichen Eintracht-Abend am 21. März 2020 musste aufgrund der Corona-Lage abgesagt werden. „Dabei waren bereits sämtliche Karten verkauft“, erinnert sich Müller. Teilweise wurde das Geld zurückerstattet, teilweise aber auch von den Käufern als Spende dem Chor überlassen. Eine willkommene Geldspritze in schweren Zeiten, in denen auch die Sängervereinigung auf staatliche Corona-Hilfe angewiesen war. Konzerte, ja noch nicht einmal Proben waren möglich. Dennoch hielten die meisten Sänger der Eintracht weiterhin die Treue.

Entscheidung für 2 G für Vereinsführung richtig

Erst nach den Sommerferien des Vorjahres kamen die ersten Ideen auf. „Zunächst dachten wir an Singstunden im Freien im Schulhof, später dann an die Kirche aufgrund des großen ausladenden Raumes“, sagt Müller. Gesagt, getan. „Immer mit dem Ziel, im Herbst diesen Jahres wieder ein Konzert zu geben.“ Allerdings gab es durchaus auch skeptische Stimmen. Galt es doch zunächst, beim Singen immer noch den Mindestabstand zu wahren. Ein großes Problem. Schließlich lebt ein Chor davon, gemeinsam zu agieren. Umso näher die Mitglieder aneinander stehen, umso mehr können sie auf den Nebenmann eingehen, entwickelt sich so die besondere Dynamik. Dennoch zeigte sich, dass die Sängervereinigung nicht nur ihr Niveau halten, sondern vielmehr sogar Fortschritte machen konnte. Dennoch fiel relativ früh – lange vor den nun eingetretenen Warn- und Alarmstufe – die Entscheidung für einen Eintracht-Abend unter 2-G-Regeln. „Auch um die Sänger und Besucher besser schützen zu können“, betont Müller.

Die anfängliche Nervosität, wie das Konzept wirklich angenommen werde, wich denn schnell dem Bewusstsein, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. „Für viele Besucher war gerade dies auch ein Grund zu kommen, weil sie sich dabei sicher fühlten“, hat Müller von etlichen Seiten erfahren. Den Mehraufwand – durch Anträge und Hygienekonzept sowie den strengen Einlasskontrollen – haben die Sänger gerne in Kauf genommen. Denn dieser hat sich gelohnt.

Anspruchsvolles Programm

Schließlich zeichnete sich ein sehr anspruchsvolles Konzert mit einem musikalisch breit angelegten, bunt beschwingten Programm ab. Dargeboten vom Männerchor in Kooperation mit den befreundeten und beliebten Opernstars von Vino e Opera, der Sopranistin Sieglinde Zehetbauer und dem Bariton Adam Kim, die den weiten Weg von Rosenheim und Linz nach Stuttgart nicht gescheut hatten. Durch das Programm führte wie in früheren Jahren – mit viel Esprit und Sachverstand – Sybille Schmid, am Klavier glänzte virtuos Magnus Lopez-Diaz und die souveräne Gesamt- und Chorleitung lag wie eh und je in den Händen des alles und alle inspirierenden Chorleiters David J. Schmid. Er wählte zur Einstimmung den bekannten Opernchor der Schmiedegesellen von Gustav Albert Lortzing, den der Chor unter seiner Führung situationsbedingt fast schon befreiend, konzentriert und homogen gestaltete. Ihm folgte in ähnlicher Stimmung die „Landerkennung“ aus der Oper „Olav Trygvason“ von Edvard Grieg, kombiniert mit einer ersten Soloeinlage von Adam Kim. Nach einem geografischen Abstecher in den Süden sowie dem Thema Zeit und Raum stieg man schließlich einfühlsam in die Thematik von Liebe, Traum und Unendlichkeit ein. Ein Thema, das der zweite Stargast Sieglinde Zehetbauer mit der ihr eigenen wunderschönen Sopranstimme und Leichtigkeit mit „In mir klingt ein Lied“ (Alois Melichar, nach einer Melodie von F. Chopin) in neuer Weise aufnahm und kokett mit „Kann denn Liebe Sünde sein“ (Lothar Brühne) krönte.

Nach der Pause richtete sich der Blick auf das Motto Wein und Gesang, offensichtlich eine Herzensangelegenheit des Männerchors, dessen Begeisterung und Sangesfreude in den italophilen Hits „Ticino e vino“ (J.B. Hilber) und dem „Chianti-Lied“ (Gerhard Winkler) ihren mitreißenden Ausdruck fand. Auch hier krönte Sieglinde Zehetbauer mit dem Schwipslied aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“ (Johann Strauß) klangvoll und spielerisch charmant die heitere Stimmung und fand viel Beifall für „Ich trink den Wein nicht gern allein“ (Ludwig Schmidseder). Kein Wunder, dass auch der wunderschöne musikalische Liebesschwur „A love until the end of time“ (Lee Holdridge) im grandiosen Duo der beiden Stars von Vino e Opera zum Glanzpunkt wurde.

Sänger haben Lunte gerochen

Den Schlusspunkt setzte dann wieder der Chor mit einer geschickt eingebauten und moderierten, lustigen Persiflage zur Sängerwerbung und mit drei musikalisch und rhythmisch exzellent vorgetragenen Klassikern: menschenverbindend „Über sieben Brücken“ (Karat/Peter Maffay), sozialkritisch „Ein ehrenwertes Haus“ (Udo Jürgens) und seelisch aufrüttelnd und grandios abschließend „Rock my soul“(Peter Brettner).

„Wir würden es wieder genau so machen“, gibt Müller die Richtung vor. Und im gleichen Atemzug bedauert der Vorsitzende, dass kein Obertürkheimer Weihnachtsmarkt stattfinden kann sowie vermutlich auch der traditionelle Auftritt in der Senioren-Wohnanlage Haus am Weinberg ausfällt. Die Sänger haben offensichtlich Lunte gerochen – nach einem Genuss für Sänger und Publikum.