Das Programm ChatGPT kann Ausätze schreiben und Witze reißen. Damit wird für viele Menschen erst deutlich, was Künstliche Intelligenz heute schon leisten kann. Foto: dpa/Philipp Brandstädter

Die EU versucht, umfassende Regeln für den Einsatz Künstlicher Intelligenz festzulegen. Ziel ist es, dass KI-Systeme sicher sind und bei dessen Einsatz die Grundrechte eingehalten werden.

In Science-Fiction-Filmen sind die Rollen klar verteilt. Dort steht die künstliche Intelligenz meist auf der Seite des Bösen und arbeitet am Untergang der Menschheit. Abseits der Hollywood-Märchen ist die Realität allerdings wesentlich profaner und ärgert im Moment vor allem Lehrer. Deren Problem hat einen Namen: ChatGPT. Manche Schüler haben sehr schnell die überraschenden Fähigkeiten des KI-Bot für sich entdeckt. Mit der neuen Software lassen sich nicht nur launige Reden oder sogar Witze schreiben, sie verrichtet auch beim Verfassen von Schulaufsätzen zuverlässig ihre Dienste.

ChatGPT ist für die Schulen ein Problem

Die schnelle Verbreitung von Programmen wie ChatGPT stellt nicht nur die Schulen, sondern auch die EU vor neue Herausforderungen. Dort wird seit zwei Jahren an einer umfassenden Regelung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) gearbeitet. Ziel sei es, so heißt es aus Brüssel, globale Standards zu setzen. Je höher die potenziellen Gefahren einer Anwendung sind, desto höher sollen die Anforderungen sein, erklärt die EU-Kommission. Für Regelverstöße sind hohe Strafen vorgesehen. Die Behörde will vor allem die Grundlage dafür schaffen, dass Nutzer KI-Anwendungen vertrauen können. Dabei verfolge man den Ansatz, die Entwicklung aktiv zu unterstützen, betont ein Vertreter der EU-Kommission. Regulierung und Förderung seinen zwei Seiten derselben Medaille.

Doch die Mühlen in Brüssel mahlen unendlich langsam und es stellt sich die Frage, ob die EU-Gesetzgebung am Ende dem sprunghaften technischen Fortschritt gerecht werden kann. Das beschäftigt im Moment auch das EU-Parlament, das im Zuge der KI-Regelung noch um eine gemeinsame Position ringt. „Die Diskussion um Sprachmodelle wie ChatGPT zeigt, wie wichtig es ist, dass die Verordnung mit der schnellen Entwicklung der Technologie Schritt hält“, sagt Sergey Lagodinsky. Er sitzt für die Grünen im Europaparlamentarier und arbeitet dort im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten und Justiz. Die Abgeordneten betonen allerdings, dass natürlich nicht jede einzelne technische Entwicklung im Bereich KI reglementiert werden soll. Erklärtes Ziel ist es, den großen Rahmen vorzugeben, in dem die Technik am Ende eingesetzt werden darf.

Nicht jede Überraschung ist ein Risiko

Ein Ansatz zur Regulierung ist, die KI-Anwendungen in verschiedene Risiko-Kategorien einzuteilen. Aber schon das Beispiel ChatGPT zeigt, dass es noch sehr viel Diskussionsbedarf gibt. So plädiert der zuständige Industrie-Kommissar Thierry Breton dafür, KI-Anwendungen wie ChatGPT in einer „Hochrisiko-Kategorie“ zu führen. Er argumentiert, dass man damit Texte produzieren kann, die sich kaum mehr von menschlichen Äußerungen unterscheiden.

Das hält allerdings der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss für übertrieben. „Wir müssen sehen, dass wir nicht jede harmlose Anwendung, die die Bürger überrascht, in den Hochrisikobereich ziehen“, sagte er und appelliert, im Falle solcher Anwendungen schlicht dem gesunden Menschenverstand zu vertrauen.

Klare Grenzen für einige KI-Anwendungen

Klare Grenzen ziehen alle EU-Verantwortlichen allerdings beim Einsatz von KI im Bereich der sozialen Überwachung, wie sie inzwischen in einigen asiatischen Ländern üblich ist. „Ich fordere ein klares Verbot biometrischer Überwachung im öffentlichen Raum“, sagt die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn. Eine rote Linie sei auch das sogenannten „Predictive Policing“, also der Versuch, mittels Künstlicher Intelligenz Straftaten vorherzusagen.

Immer wieder betonen Politiker und Beamte in Brüssel, dass sie die KI nicht als Gefahr, sondern als Chance für Europa sehen. Durch die deutliche Positionierung in Sachen Bürgerrechte und klar formulierte Regeln könne die EU zu einem Vorbild werden. Daneben bleibe es aber wichtig, unterstreicht Svenja Hahn, „dass wir den innovativen Tech-Sektor in Europa und die breite Anwendung von KI in Industrie, Wissenschaft, Gesundheitswesen und vielen weiteren Sektoren beflügeln“.

Künstliche Intelligenz als Chance sehen

Auch die EU-Kommission wird nicht müde, auf die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz hinzuweisen, die schon jetzt zum Einsatz kommen und weit darüber hinausgehen, Playlisten von Musik-Streamingdiensten zu erstellen. Zum Beispiel können solche Programme Aufnahmen von Computer-Tomografen schneller und mit einer höheren Genauigkeit als Menschen auswerten. Auch Klimaschutzmodelle können mit viel größerer Präzision erstellt werden.

Auf jeden Fall wollen sich die Gesetzgeber in der EU nicht durch die rasante Entwicklung im KI-Bereich hetzen lassen. Man wolle einen dauerhaften Standard und keine Regelung, die dann jedes Jahr nachgeschärft werden müsse.