Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat am Donnerstag umfangreiche Hilfe der Bundeswehr in einem „Worst case“-Szenario angeboten. Foto: dpa/Michael Sohn

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) schwört die Soldaten auf den Kampf gegen „unsichtbaren Gegner“ ein – und bietet deren Dienste auch zum Erhalt der öffentlichen Ordnung an.

Berlin - Wie ernst die Lage ist, hat Kanzlerin Angela Merkel schon am Vorabend in ihrer Fernsehansprache betont. Die Nachricht am Morgen danach, dass auch die Bundeswehr bei der Bewältigung der Coronakrise eine noch größere Rolle zugewiesen bekommen könnte, erscheint da fast schon zwangsläufig. Jedenfalls hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in ihrem Tagesbefehl an die rund 180000 Soldaten der Truppe schon einmal deren mögliche Einsatzgebiete im Kampf „gegen einen unsichtbaren Gegner“ benannt: „Wir helfen bei der Gesundheitsversorgung und wenn nötig auch bei der Gewährleistung von Infrastruktur und Versorgung sowie der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung.“

Der Artikel 35 des Grundgesetzes ist die rechtliche Basis dafür. Der erste Absatz regelt, dass sich alle Behörden gegenseitig Amtshilfe leisten. Rund 50 Anträge sind bereits bei der Bundeswehr eingegangen, von denen bisher 13 entsprochen wurde, wie Kramp-Karrenbauer am Donnerstag in Berlin sagte. Dabei geht es etwa darum, über das Amt für Beschaffungswesen Atemschutzmasken und andere medizinische Güter zu besorgen. Soldaten sind aktuell auch im Einsatz bei der Versorgung von Lkw-Fahrern, die in einem 60 Kilometer langen Stau vor der polnischen Grenze in Sachsen feststecken.

Keine schwer bewaffneten Patrouillen

Die Ministerin machte deutlich, dass man sich auch auf ein „Wort case“-Szenario vorbereitet, in dem die „Durchhaltefähigkeit der zivilen Kräfte“ nicht mehr gegeben ist. Solche Einsätze zur Unterstützung der Polizei sind ebenfalls in Artikel 35 geregelt. Dies ist dann möglich, wenn zivile Kapazitäten nicht mehr zur Verfügung stehen – von einer solchen Situation, in der auch 75 000 Reservisten einsetzbar wären, will die Ministerin aber aktuell nichts wissen. „Von der Frage, ob die Bundeswehr in der gegenwärtigen Krise zur Gewährleistung der inneren Sicherheit eingesetzt werden muss, sind wir weit entfernt“, sagt auch Unionsfraktionsvize Thorsten Frei mit Blick auf zuletzt personell verstärkte Polizeikräfte.

Als Generalinspekteur der Bundeswehr stellte Eberhard Zorn zudem klar, dass es auch dann keine schwerbewaffneten Patrouillen in Innenstädten wie in Frankreich geben werde: „Dieses Bild sehe ich in Deutschland so nicht.“ Kramp-Karrenbauer nannte andere Beispiele für eine Unterstützung der Polizeiarbeit, etwa die Sicherung von Elektrizitäts- oder Wasserwerken, falls nicht mehr genug Personal für deren Schutz bereitstehen sollte.

Die Opposition stimmt trotz Kritik zu

Die medizinische Hilfe ist in den Oppositionsparteien unstrittig. „Die vielfältigen Fähigkeiten werden auch im weiteren Zeitverlauf noch sehr wichtig sein“, sagt Irene Mihalic (Grüne). Auch ihr FDP-Kollege Benjamin Strasser begrüßt die Entscheidung, sagt aber: „Sicherheit und Ordnung werden aus sehr guten Gründen von der Polizei und nicht vom Militär garantiert“, so der Abgeordnete. Das schüre nur Verunsicherung in der Bevölkerung.