Trauer um die Opfer: Kiew erinnert an die Verteidiger des Asow-Stahlwerks. Foto: imago//Oleksii Chumachenko

Zehn Millionen Ukrainer sind ein Jahr nach dem russischen Angriff nach Schätzungen der Regierung an Körper und Seele verletzt. Ein Bericht aus einem Land, in dem nichts mehr so ist, wie es vor einem Jahr war.

Mit einem Mal war Ilia verschwunden. Dariia Tsykunova schildert die Trennung von ihrem Freund wortkarg, als seien ihre eigenen Gefühle unwichtig. Ilia gehörte zu den Verteidigern des Asow-Stahlwerks in Mariupol. In den Industriekomplex hatten sich die ukrainischen Verteidiger wie Ilia und Zivilisten aus Mariupol Mitte April zurückgezogen. Mehr als 3000 Menschen harrten bis zum 20. Mai in einem unterirdischen Labyrinth von Tunneln in der Dunkelheit aus. Die russische Armee hatte das Stahlwerk eingekesselt. Die Russen bombardierten es über Wochen pausenlos, bis der Widerstand brach. Dann verschleppten die Russen die Überlebenden auf ihr Staatsgebiet. Von vielen fehlt bis heute jedes Lebenszeichen.