Das Kriegerdenkmal auf dem Obertürkheimer Friedhof. Foto: Elke Hauptmann

Bezirksbeirat diskutiert kontrovers über eine Änderung der Inschrift des Kriegerdenkmals: Sollen aus Helden Opfer werden?

Obertürkheim - Als Achtjähriger habe er voller Begeisterung vor dem Kriegerdenkmal auf den Friedhof Obertürkheim gestanden, erzählt Christoph Hofrichter. „Der stolze Soldat mit seiner Waffe in der Hand und das Wort Helden fand ich toll.“ 1954 habe das dem Zeitgeist entsprochen, räumt er ein. Jahrzehnte später aber stößt sich der Bezirksbeirat der Linken an dem 1920 aufgestellten Denkmal. Vor allem am Wort Helden. „Das ist ein ganz furchtbarer Begriff und schlicht eine Lüge.“ Es werde dem Gedenken an die vielen Gefallenen nicht gerecht: Die Namen von 155 Männern aus Obertürkheim wurden auf den Seitenflächen und dem Sockel der Steinsäule eingemeißelt – „sie starben fürs Vaterland“, heißt es dort. „Sie waren aber keine Helden, sondern Opfer der politischen Verhältnisse“, meint Hofrichter und möchte „um der Wahrheit willen“ die Inschrift „Unseren Helden im Weltkrieg 1914-18“ entsprechend abändern.

Schriftzug nicht korrigieren

In der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirates wurde hitzig über die Form eines aus heutiger Sicht angemessenen Gedenkens diskutiert. Auch die Grünen und die SPD sprachen sich in dem interfraktionellen Antrag für eine Abänderung aus. „Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich das lese“, sagte Monika Geiger (Grüne). „Das kann man nicht so stehen lassen“, betonte Michael Jantzer (SPD). Ob eine „Korrektur“ möglich wäre, müsse die Denkmalschutzbehörde sagen, forderte er eine Prüfung: „Wir wollen wissen, ob sie das Mahnmal als historisch wertvoll einschätzt.“ In der Liste der geschützten Kulturdenkmale wird es jedenfalls nicht geführt – anders als das Kriegerdenkmal in Uhlbach. Doch den Schriftzug einfach von einem Steinmetz wegmeißeln und eine neue Inschrift „Unseren Opfern im Weltkrieg 1914-18“ eingravieren zu lassen, wie Hofrichter anregt, hält Elisabeth Remppis (Grüne) für geschichtsverfälschend. Besser fände sie, es würde eine zusätzliche Tafel angebracht, auf der über diese traurige Epoche der Geschichte informiert wird: Mehr als zwei Millionen deutsche Soldaten kamen auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges ums Leben. Ihr Tod wurde in den Folgejahren durch Konservative und Nationalsozialisten politisch vereinnahmt. „Das Kriegerdenkmal ist ein Dokument dieser Zeit.“

Heute denkt man anders

Für diese Idee zeigten sich die Freien Wähler durchaus aufgeschlossen. Es sei sicher kein Problem, eine Erläuterung hinzuzufügen, beispielsweise über einen QR-Code, wie ihn der Bürgerverein an historischen Gebäuden im Stadtbezirk angebracht habe, sagte Peter Aichinger. Denkmäler sollen ja zu einer Auseinandersetzung mit der Geschichte anregen, fügte sein Fraktionskollege Wolf Wölfel hinzu. Allerdings stellten sie ebenso wie Matthias Föll (CDU) und Walter Zinser (FDP) die Frage, ob eine Erläuterung wirklich notwendig sei. Die Menschen würden aufgeklärt genug sein, um das Denkmal zu verstehen. „Heute denkt man anders darüber als in früheren Jahrzehnten.“ Die Inschrift zu entfernen, kommt für sie jedenfalls nicht infrage. Und erst recht nicht der Ersatz durch ein neues Denkmal für die Gefallenen, wie es alternativ angeregt wurde.

Nach gut einstündiger, ergebnisloser Debatte zog Hofrichter den Gemeinschaftsantrag der drei Fraktionen schließlich zurück. Aber nur, um ihn mit neuer Formulierung in der nächsten Beiratssitzung wieder einzubringen, kündigte er an.