Das unter der Flagge von Sierra Leone fahrende Frachtschiff Razoni verlässt mit 26.000 Tonnen ukrainischem Getreide an Bord den Hafen in der Region Odessa. Foto: dpa/Uncredited

Zeitweilig sah es so aus, als könne der mühsam in Istanbul ausgehandelte Deal zum Export von ukrainischem Getreide platzen. Nun verlässt das erste Schiff den Hafen von Odessa aufs Schwarze Meer.

Die Getreide-Blockade inmitten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat vorerst ein Ende: Erstmals seit Beginn des Krieges hat wieder ein Schiff mit Getreide den Hafen von Odessa verlassen. Das Frachtschiff „Razoni“ sei am Montagmorgen in Richtung Libanon aufgebrochen, meldete der Sender CNN Türk unter Berufung auf das türkische Verteidigungsministerium. Weitere Schiffen sollen folgen. Das mit Mais beladene Frachtschiff „Razoni“ fährt unter der Flagge des westafrikanischen Staates Sierra Leone.

Damit sollen Millionen Tonnen Getreide wieder für den Weltmarkt verfügbar werden. Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren der Welt. Für das Land geht es um Milliardeneinnahmen aus dem Verkauf unter anderem von Weizen und Mais.

Kurz zuvor hatte das türkische Ministerium erklärt, die Getreide-Lieferung erfolge im Rahmen des am 22. Juli geschlossenen Abkommens, weitere Exporte sollen folgen.

Die Kriegsgegner Ukraine und Russland hatten unter Vermittlung der Vereinten Nationen jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen in Istanbul unterzeichnet, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Von der Vorjahresernte warten ukrainischen Angaben zufolge noch über 20 Millionen Tonnen Getreide auf die Ausfuhr. Die Silos müssen wegen der neuen Ernte dringend freigemacht werden.

Die Nahrungsmittel aus der Ukraine werden auf dem Weltmarkt dringend benötigt

Der Hafenbetrieb war nach der russischen Invasion Ende Februar aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Moskau wurde eine Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren vorgeworfen. Russland sicherte in dem Abkommen nun zu, Schiffe über einen Seekorridor fahren zu lassen und diese sowie beteiligte Häfen nicht anzugreifen.

Die Exporte werden von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwacht, das mit Vertretern Russlands, der Ukraine, der Vereinten Nationen und der Türkei besetzt ist. Die durch Istanbul verlaufende Meerenge Bosporus ist der einzige Seeweg vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer. Die Türkei hat die Hoheit über den Bosporus.

Schiffe sollen bei der Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer inspiziert werden. So auf Verlangen Russland sichergestellt werden, dass die Schiffe keine Waffen oder Ähnliches an Bord haben. Russland befürchtet, dass die Ukraine aus dem Erlös des Getreideverkaufs Waffen beschafft.

Das Abkommen umfasst die ukrainischen Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschny (Piwdennyj). Nur einen Tag nach der Vereinbarung hatte Russland den Hafen von Odessa beschossen und damit zwischenzeitlich die Besorgnis ausgelöst, dass der Getreidedeal platzen könne.

Die Nahrungsmittel aus der Ukraine werden auf dem Weltmarkt - vor allem in Asien und Afrika - dringend benötigt. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten. Die UN und die Türkei hatten bei der Unterzeichnung des Abkommens mit Russland und der Ukraine von einem Zeichen der Hoffnung in Kriegszeiten gesprochen.