Russlands Präsident Wladimir Putin bespricht sich mit seinen Gefolgsleuten über die Lage in der Ukraine. Zur Kriegsführung gehört für den Kreml auch das gezielte Verbreiten von Lügen. Foto: AFP/ALEXEY NIKOLSKY

In Brüssel deckt ein spezielles Team russische Fake News im Internet auf. Deutschland ist besonders anfällig für Moskaus Propaganda.

Brüssel - Der Krieg in der Ukraine wird nicht nur mit schweren Waffen geführt. Inzwischen gehört die Desinformation und das Füttern der Bevölkerung mit Falschinformationen zum Standardprogramm der Konfliktparteien. Russland hat dieses System des gezielten Verbreitens von Lügen etwa bei er völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Krieg im Donbass geradezu perfektioniert. Auch aktuell versucht der Kreml, die öffentliche Meinung in seinem Sinne zu beeinflussen. In diesen Tagen beklagte etwa Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) eine zunehmende Verbreitung von falschen Fakten und Verschwörungsmythen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg in den sozialen Netzwerken. „Es geht darum, einen aggressiven, völkerrechtswidrigen Akt in irgendeiner Weise zu relativieren“, sagte Maier. Die Desinformationskampagne sei seit Wochen in vollem Gange.

Die EU im Informationskrieg

Die Europäische Union hat aus dem Informationskrieg der vergangenen Jahre seine Schlüsse gezogen und geht nun konsequent dagegen vor. Im Kampf gegen die aktuelle Propaganda des Kremls in Sachen Ukraine wird Brüssel aus diesem Grund die russischen Staatsmedien RT und Sputnik verbieten. Diese würden nicht länger in der Lage sein, Lügen zu verbreiten, um den Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine zu rechtfertigen und Spaltung in der EU zu säen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Kampf gegen die Lügen

Fast noch wichtiger ist allerdings der Kampf gegen die Lügen in den Sozialen Medien. Auf die massive russische Propaganda im Zuge des Einmarschs auf der Krim reagierte der Westen einst ziemlich hilflos. Aus diesem Grund wurde im März 2015 ein „Aktionsplan über strategische Kommunikation“ ausgearbeitet und ein Team aufgebaut, die solchen Aktionen in Zukunft begegnen sollten. Ein Teil davon ist die Kampagne „EU vs Disinformation”, mit ihr sollen aus Russland verbreitete Desinformationen aufgedeckt und aktiv widerlegt werden. Zur Arbeit des Teams gehört es, Mithilfe von Datenanalyse- und Medienüberwachungsdiensten in 15 Sprachen die im Internet kursierenden Lügen auszuspüren.

Die Ergebnisse werden regelmäßig in Artikeln und Analysen veröffentlicht. Inzwischen ist ein Schwerpunkt der Arbeit die Aufklärung über die Einmischung des Kremls bei demokratischen Wahlen. Dazu werden die Ergebnisse den Regierungen der Mitgliedstaaten vorgelegt, zudem bekommen Journalisten und Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu den Daten.

Lügen über die Ost-Erweiterung der Nato

Im Moment steht natürlich der Krieg in der Ukraine im Mittelpunkt der Arbeit von „EU vs Disinformation”. Dabei ist Deutschland ein bevorzugtes Ziel des Kremls, der mit seinen Propaganda-Erzählungen nach Ansicht der Historikerin und Russland-Expertin Susanne Spahn ein großes Publikum erreicht. Dazu zählt etwa das völlig falsche Narrativ, dass westliche Staaten durch ein Vorantreiben der Nato-Osterweiterung die russische Invasion geradezu provoziert hätten. Russische Desinformation ziele in Deutschland insbesondere auf das Schuldgefühl der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wenn vor ‚Russland-Bashing’ oder einem Dritten Weltkrieg gewarnt wird, werden die historisch begründeten Ängste und Schuldgefühle gezielt instrumentalisiert“, erklärt Susanne Spahn.

Die Ereignisse der vergangenen Woche seien „nach Drehbuch“ abgelaufen, folgerte sie. Die in diplomatischen Gesprächen gestellten Forderungen Russlands, etwa den Verzicht auf eine Osterweiterung der Nato, seien bewusst so formuliert worden, dass sie nicht erfüllt werden konnten. „Dass dann die Separatisten im Donbass den großen Bruder Russland um Hilfe bitten, ist ebenfalls eine alte Masche“, erklärte die Historikerin.