Die Sparpläne im Kreis Ludwigsburg treffen auch soziale Vereine. Das belastet den sozialen Frieden, fürchten Wohlfahrtsverbände – und könnte für den Kreis am Ende noch teurer werden.
Die Befürchtungen des Ludwigsburger Vereins Tragwerk haben sich bewahrheitet. Im großen Sparpaket des Landkreises, das vor wenigen Tagen beschlossen worden ist, sind auch viele Kürzungen im sozialen Bereich enthalten. 25 000 Euro erhielt der Verein, der sich für Inklusion und Teilhabe einsetzt, bisher jährlich vom Landkreis. Dieser Zuschuss soll laut Kreistagsbeschluss ab 2026 gestrichen werden. Immerhin: Die Förderung kann zumindest 2027 noch über die Breyerstiftung laufen.
Das Schicksal von Tragwerk ist nur eines von mehreren. Die Haushaltslage im Kreis Ludwigsburg ist wie in vielen Kommunen miserabel. Der Kreistag und die Verwaltung haben daher ein großes Maßnahmenpaket zusammengestellt, um den Haushalt wenigstens für 2026 auf sichere Füße zu stellen. In dem Paket sind zahlreiche Einsparungen aus allen möglichen Bereichen enthalten, auf die der Landkreis direkten Einfluss hat. Betroffen sind auch Zuschüsse für freie Träger und Projekte aus dem wohltätigen Bereich.
Beispiele sind die Sprachförderung des Kinderschutzbunds für Flüchtlingskinder, die Beratungsstelle der Diakonie und der Caritas für Menschen in Notlagen oder die Beratungsstelle von Pro Familie zu Schwangerschaft und Elternschaft, bei denen Zuschüsse in Höhe von je rund 7700 Euro wegfallen. Für die Fachstelle Essstörungen, betrieben von der Caritas, werden ganze 50 000 Euro gestrichen.
Für die Vereine ein herber Schlag, sagt Marc Dressel, Sprecher der Liga der freien Wohlfahrtspflege. Gleichzeitig zeigt er Verständnis für die Situation. Er weiß um die finanziell schlimme Lage im Kreis und sieht große Versäumnisse bei Land und Bund, die die Kommunen erst in diese prekäre Lage gebracht hätten, indem sie immer mehr Aufgaben nach „unten“ delegierten, ohne die nötige Finanzierung bereitzustellen.
Für die betroffenen Vereine macht es das nicht einfacher – noch weniger für die Menschen, die auf deren Angebote angewiesen sind. „Wir leben in einer Zeit, die durch ein unglaublich hohes Maß an Verunsicherung geprägt ist“, sagt Marc Dressel. „Wenn Menschen die Sorge haben, dass sie nicht mehr die Hilfe bekommen, die sie benötigen, wenn sie mal in eine Notlage geraten, dann stärkt das nicht gerade das Vertrauen in den Staat.“ Der soziale Frieden leide darunter.
„Wir setzen uns daher jetzt mit allem, was wir haben, dafür ein, dass die soziale Infrastruktur im Kern nicht beschnitten wird.“ Klar müsse aber allen sein, dass Streichungen bei freien sozialen Trägern sich deutlich bemerkbar machen werden. „Die Vereine können das nicht einfach ausgleichen, so funktioniert das leider nicht“, mahnt Marc Dressel. „Manche Angebote wie die Sprachförderung oder die Beratungsstelle für Essstörung werden schlicht wegfallen.“
Manche Zuschüsse werden noch einmal zur Diskussion gestellt
Große Hoffnung setzt er auf die kommenden Haushaltsgespräche. Denn einzelne Beratungsangebote, im Besonderen die Schuldnerberatung und die Suchthilfe, deren Förderung stark beschnitten werden sollte, werden nun doch noch einmal zur Diskussion gestellt. „Hier bin ich wirklich sehr dankbar für die Unterstützung, die wir von allen Kreistagsfraktionen erhalten haben. Wir haben da einen starken Rückhalt erfahren.“
Wie wichtig solche Angebote nicht nur für die Betroffenen sind, sei für Außenstehende oft gar nicht so ersichtlich. „Aber wenn ich im sozialen Bereich an einem kleinen Zahnrad drehe, hat das Auswirkungen auf viele andere Stellen.“
Ohne die Schuldnerberatung würden weniger Menschen den Weg zurück in ein geregeltes Leben schaffen – das wirke sich aus auf das Jobcenter, auf die Wohnungsnotfallhilfe, auf die Sozialämter. „Also auf alle angrenzenden Dienste, die ohnehin schon überlastet sind.“ Eine aktuelle Studie aus der Suchtberatung zeige ein ähnliches Ergebnis: „Ein investierter Euro in die Suchtberatung verhindert demnach 17 Euro Folgekosten für die Allgemeinheit. Und da sprechen wir noch gar nicht von den Einzelschicksalen.“
Tragwerk bangt um mehrere Projekte
Der Verein Tragwerk ist für die Lösung mit der Stiftung ebenfalls dankbar, sagt Vorstandsmitglied Silke Rapp. Schließlich fielen andere Zuschüsse teils ersatzlos weg. „Trotzdem ist das für uns ein Sterben auf Raten.“ Denn wie es nach 2027 weitergeht, ist ungewiss. Wichtige Aspekte der Inklusionsarbeit wie das beliebte Café L’ink, das unterschiedliche Menschen zusammenbringt und junge Menschen mit Behinderung unterstützt, stünden auf der Kippe.
Tragwerk hat sich vor 15 Jahren gegründet, um die Inklusion und Teilhabe in der Gesellschaft voranzubringen. „Es ist schade, dass die Inklusion an vielen Stellen auf der Streichliste steht“, findet Silke Rapp. „Denn das ist ein Menschenrecht und betrifft uns alle früher oder später – sei es mit einem dementen Vater oder mit einem Zwillingskinderwagen, spätestens, wenn wir selbst alt werden.“